Ausweis beantragen, Rentenbescheid bekommen: Künftig soll das einfacher gehen. Behörden dürfen Daten von Bürgern miteinander teilen. Doch das Vorhaben könnte vor Gericht scheitern.
Wer in Deutschland seinen Personalausweis beantragt, fühlt sich manchmal zurückversetzt in die Steinzeit. Persönliches Vorsprechen, Zettel mit Namen und Geburtsdatum ausfüllen. Behördengänge sind in Deutschland kaum digitalisiert. Und wer einmal dem Einwohnermeldeamt seine Daten übermittelt hat, fängt drei Wochen später bei der KFZ-Stelle oft wieder von vorne an.
Künftig soll das besser werden. Der Bundesrat hat am Freitag die sogenannte Bürger-Identifikationsnummer beschlossen - eine Art digitaler Fingerabdruck, mit dem sich Bürger den Behörden gegenüber identifizieren können. Dazu dient künftig die Steuer-ID. Wer zustimmt, kann seine Daten mit etwa 50 Datenbanken teilen: Melderegister, Führerscheinregister, Waffenregister. Einmal Daten hinterlegt, alle Behörden bekommen Zugriff.
Dokumente nur noch einmal bei Behörden einreichen?
"Die Pandemie hat gezeigt, wie dringend Deutschland die Digitalisierung der Verwaltung braucht", sagt Günter Krings (CDU), parlamentarischer Staatssekretär im Bundesinnenministerium. Mit der neuen Regelung, dem sogenannten Registermodernisierungsgesetz, soll auch vermieden werden, dass Bürger die gleichen Dokumente immer und immer wieder bei Behörden einreichen müssen - zum Beispiel die Geburtsurkunde. Einmal reicht künftig.
- Neue Bürger-Identifikationsnummer
Nach Angaben der großen Koalition sollen mit der neuen Bürger-Identifikationsnummer Verwaltungsvorgänge einfacher werden. Datenschützer und Opposition haben Bedenken.
Das klingt erst einmal gut, findet Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz. Die Digitalisierung der Verwaltung sei überfällig. "Aber ausgerechnet die Steuer-ID zu benutzen, um Daten von Bürgern zusammenzuführen, ist problematisch", sagt er ZDFheute. Künftig könnten alle Daten von Bürgern in einer Datenbank miteinander verbunden werden. Von Notz warnt:
Grüne prognostizieren Scheitern vor Gericht
Genau das hatten Union und SPD eigentlich ausgeschlossen. Mit ihrer Einführung im Jahr 2008 habe die Große Koalition versprochen, die Steuer-ID eben nicht als "übergreifendes Personenkennzeichen" zu benutzen, kritisiert der ehemalige Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar heute. Der Vorsitzende des Digitalausschusses des Bundestags, Manuel Höferlin (FDP), nennt das Vorhaben gar "verfassungsrechtlich hochbedenklich".
Konstantin von Notz hält es für denkbar, dass das Bundesverfassungsgericht die Regelung in zwei oder drei Jahren kippt. Das dürfte dann die digitale Verwaltung um Jahre zurückwerfen. Hätte dann also zu viel Datenschutz der Digitalisierung im Weg gestanden?
Diesen Einwand, den Kritiker auch während der Corona-Pandemie öft äußern, weist von Notz zurück. Es gebe schließlich Alternativen zur Steuer-ID, etwa eine individuell vergebene Identifikationsnummer. Außerdem gehe es bei Datenschutz um Privatsphäre und Menschenwürde. "Beides wird in Rechtsstaaten geschützt", sagt er.
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Die Große Koalition weiß, dass Deutschland hinterherhängt. Im Koalitionsvertrag wiederholt sich das Thema Digitalisierung. Von diesem bevorstehenden Wandel sind vor allem Verwaltung und Behörden betroffen.