Eigentlich wollte er aufhören. Doch Nato-Generalsekretär zu sein, das sei jetzt "wichtiger und dringender", so Jens Stoltenberg. In dieser Krise wird er zum Gesicht des Westens.
Nach acht Jahren als Nato-Generalsekretär wollte Jens Stoltenberg zurück in sein Heimatland. Der neue Job als Gouverneur der norwegischen Zentralbank wartete schon auf ihn - doch dann brach Krieg in Europa aus.
Amtsverlängerung durch Krieg in der Ukraine
Wegen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine entschieden die Nato-Staats- und Regierungschefs, die Amtszeit des Generalsekretärs um ein Jahr zu verlängern. Und Stoltenberg stimmte zu:
In der "größten Sicherheitskrise seit einer Generation" müsse die Nato stark bleiben, schrieb Stoltenberg über seine Amtsverlängerung auf Twitter. Knapp einen Monat liegt diese Entscheidung zurück.
Stoltenberg wird zum Gesicht des Westens
Unterwegs mit dem Mann, der in dieser Krise vielleicht zum Gesicht des Westens geworden ist. Einer, der zwar keine großen Reden halten - dafür aber stets verlässlich dieselben Antworten geben kann. Egal, was auch immer gerade gefragt wird. Das alles untermauert von stets derselben schneidenden Handbewegung. Sie lästern in Brüssel längst über den Sprechautomaten Stoltenberg.
Vom Friedensdemonstranten zum Mann harter Töne
Formal hat ein Generalsekretär der Nato zwar keine Macht. Stoltenbergs Aufgabe ist es, Kompromisse zu schmieden - insgesamt 30 Regierungen hinter eine Position zu vereinen. Eine Fähigkeit, die ihm quer durch alle Lager in der Nato hoch angerechnet wird. Viele erinnern sich noch, wie Stoltenberg es schaffte, den Nato-kritischen US-Präsidenten Trump einzubinden - und von dem angedrohten Austritt aus der Nato abzuhalten.
In der Krise mit Russland setzt Stoltenberg eigene Akzente - und einen eigenen Ton. Einen härteren, als manchem lieb ist. Ausgerechnet er - der in den 70er-Jahren selbst gegen den Vietnam-Krieg demonstrierte. Und damals, man glaubt es kaum, für den Austritt Norwegens aus der Nato warb. Heute sagt Stoltenberg dazu:
Rückkehr der Angst - Nato, Russland und die Aufrüstung. Mit welcher Strategie lässt sich jetzt Frieden schaffen?
Stoltenberg über seine erste Begegnung mit Putin
Später trifft er als Ministerpräsident von Norwegen zum ersten Mal auf Wladimir Putin. Und schöpft, wie viele damals, Hoffnung. "Ich erinnere mich sehr gut an unser erstes Treffen, im Frühjahr 2001", erzählt der Nato-Generalsekretär.
Dass Stoltenberg - genau wie die Nato - heute so gefragt ist wie selten, dürfte er dem Gesprächspartner von damals verdanken.
Mögliche Nato-Eintritte von Schweden und Finnland
Am Mittag, Dienstreise durch Brüssel zum Europaparlament. Wo ihn unter anderem die Frage erwartet, wann die nächsten Länder der Nato beitreten könnten: Schweden und Finnland. Und wo Stoltenberg so klar antwortet wie bisher noch nicht:
Sein Traumjob als Notenbankchef Norwegens ist übrigens längst vergeben. Sein Job als Nato-Generalsekretär endet nun im Herbst 2023. Ob der Konflikt bis dahin auch vorbei ist? Stoltenberg wagt keine Prognose.
- Bleiben Sie auf Stand mit dem ZDFheute Update
Das Aktuellste zum Krieg in der Ukraine und weitere Nachrichten kompakt zusammengefasst als Newsletter - morgens und abends.