Während hierzulande Friseure geschlossen sind, können sich unsere Nachbarn wieder die Haare schneiden lassen. Österreich setzt auf Testen statt Shutdown. Funktioniert das?
Gut zwei Wochen nach der Öffnung aller Läden und vieler Dienstleistungsangebote sieht sich Österreich mit seiner umfassenden Teststrategie auf dem richtigen Weg.
Die Strategie: Massives Testen in den Schulen
Österreich sei weltweit eines der Länder mit den meisten Tests, sagte Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP):
Ziel sei es, durch so viele Tests wie möglich das Infektionsgeschehen unter Kontrolle zu halten oder zumindest ein Wachstum der Infektionszahlen bestmöglich abzufedern.
Denn: Durch intensives Testen können auch symptomfreie Infizierte identifiziert und in Quarantäne geschickt werden. Und: Infektionsketten lassen sich präziser nachverfolgen.
Antigentests und PCR-Tests stehen bereit
Nach Angaben des österreichischen Gesundheitsministerium stehen sowohl Antigentests als auch PCR-Tests zur Verfügung. Die Zahl der Antigenttests, die pro Woche zum Einsatz kommen können beläuft sich auf drei Millionen. Damit würde rechnerisch jeder dritte Österreicher einmal die Woche gecheckt, ob er mit dem Coronavirus infiziert ist.
Zum Vergleich: Zuletzt wurden österreichweit binnen 24 Stunden 200.000 Menschen auf das Coronavirus überprüft, 45.000 Tests davon waren PCR-Tests. Bezogen auf die Einwohnerzahl ist das deutlich mehr als in Deutschland, das erst zum 1. März seine Testangebote ausweiten will.
Sieben-Tage-Inzidenz in Österreich leicht gestiegen
Würde jeden Tag weiterhin eine ähnliche Anzahl an Menschen auf das Coronavirus getestet werden, läge der Bedarf an Corona-Tests bei 1,4 Millionen pro Woche. Einen weiteren Schub beim Überblick über das Infektionsgeschehen sollen zudem die kostenlosen Tests in den Betrieben bringen. Aktuell nähmen 1.000 Unternehmen mit 500.000 Mitarbeitern an der Aktion teil, hieß es.
Seit Lockerung des Shutdowns ist die Sieben-Tage-Inzidenz in Österreich von rund 100 auf etwa 115 gestiegen, die Lage in den Kliniken ist stabil.
Ein Ansteigen der Infektionszahlen ist laut Experten erwartbar und auch zunächst nicht alarmierend. Wichtig sei, dass der Anstieg in etwa zehn Tagen abflache oder idealerweise aufhöre. Dann zeige sich, ob die Strategie die Verbreitung stoppen könne, so der Simulationsforscher Niki Popper.
Corona-Notbremse bei exponentiellem Wachstum
Die Regierung schließt trotz der bisher eher ermutigenden Zwischenbilanz eine Notbremse nicht aus, falls es zu einem exponentiellen Wachstum bei den Neuinfektionen kommt. Für den Sommer bleibe man angesichts der steigenden Temperaturen und fortschreitenden Impfungen vorsichtig optimistisch.
Am 1. März will Österreich über die nächsten Schritte entscheiden. Dazu könnte die Öffnung der Hotels und der Gastronomie zählen, allerdings wohl nur für Gäste mit negativem Coronatest. Dieses Konzept hatte schon Anfang Februar funktioniert, als sich die Menschen unter anderem wegen der Zutrittstests beim Friseur massenweise testen ließen.
Ab März kommen die Wohnzimmer-Tests
Ab März sollen in den Apotheken - neben den dort vorgenommenen Antigentests - auch sogenannte Wohnzimmer-Tests gratis erhältlich sein, mit denen sich die Bürger zu Hause testen können. In diesem Fall dient der Check der persönlichen Information, aber reicht nicht aus, um körpernahe Dienstleister wie Friseure in Anspruch nehmen zu dürfen.