Tories streiten über Comeback: Geht's nicht ohne Johnson?

    Tories streiten über Comeback:Geht's nicht ohne Boris Johnson?

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    Die britische Regierung versinkt im Chaos. In der Tory-Partei formiert sich nach dem Truss-Rücktritt ein Lager, das auf eine Rückkehr von Boris Johnson pocht.

    Archiv: Boris Johnson
    Boris Johnson: Kehrt er noch mal an die Spitze der Tory-Partei zurück?
    Quelle: Reuters

    Glaubt man seinem Vater, sitzt Boris Johnson über den Wolken in einem kurzfristig gebuchten Flieger aus der Karibik, als im politischen Herzen Londons nach dem Rücktritt der britischen Premierministerin Liz Truss sein Name schon wieder in aller Munde ist. Obwohl der berüchtigte Ex-Premier selbst noch kein einziges Wort in eine Kamera gesagt hat, hat sich in seiner Partei in Westminster am Freitag bereits ein nicht zu unterschätzendes "Bring-Back-Boris"-Lager entwickelt.
    Ihnen gegenüber stehen entsetzte Gegner dieser Idee, für die ein Comeback des Skandalpolitikers laut Berichten dem "Ende der konservativen Partei" gleichkäme. Johnsons Nachfolgerin Truss hatte am Donnerstag nach sechs beispiellos chaotischen Wochen im Amt ihren Rücktritt angekündigt und schickt sich damit an, die britische Premierministerin mit der kürzesten Amtszeit aller Zeiten zu werden.

    Sunak und Mordaunt könnten Truss als Premier folgen

    Ihr radikales Steuersenkungsprogramm hatte mangels solider Gegenfinanzierung die Finanzmärkte ins Chaos gestürzt. Als dann auch noch ihr Kabinett zusammenbrach und sich bei einer Abstimmung im Unterhaus tumultartige Szenen abspielten, war ihr Schicksal besiegelt. Nicht einmal zwei Monate nach der Kür von Truss stehen die regierenden Tories also erneut vor der Frage: Wer führt uns als nächstes an? 
    Als aussichtsreiche Kandidaten gelten der frühere Finanzminister Rishi Sunak sowie Penny Mordaunt, die Ministerin für Parlamentsfragen - bisher hat nur Mordaunt ihre Kandidatur erklärt.

    Labour fordert Neuwahlen

    Die Opposition fordert lautstark eine sofortige Neuwahl - doch die regierende Tory-Partei sitzt am längeren Hebel und kann den Zeitpunkt für die nächste Wahl - bis spätestens Anfang 2025 - relativ frei festlegen. Glaubt man aktuellen Umfragen, droht den Tories bei einer Neuwahl ein niederschmetterndes Ergebnis.
    In einer am Donnerstag durchgeführten Befragung des Marktforschungsinstituts PeoplePolling wollten nur noch 14 Prozent der Briten die Tories wählen, damit lag die Partei fast 40 Prozentpunkte hinter Labour.
    Truss-Nachfolge: "Sehr viel Spekulation"
    Es sei denkbar, dass Boris Johnson als Premier zurückkomme, und "vor Liz Truss dachte man, er wäre das Schlimmste was diesem Land (…) passieren hat können", so ZDF-Korrespondent Andreas Stamm.21.10.2022 | 3:58 min

    Boris Johnson als letzte Chance?

    Die einzige Chance, das Ruder herumzureißen und die Partei aus ihrer katastrophalen Lage zu befreien, sehen seine Anhänger in Boris Johnson. Dieser soll Berichten zufolge Interesse an einer Kandidatur haben und seinen Urlaub in der Karibik vorzeitig abgebrochen haben.
    Als begnadeter Wahlkämpfer holte der Ex-Premier 2019 seiner Partei eine überwältigende Mehrheit im Unterhaus. Mit seiner kumpelhaften Art und einem Schenkelklopfer an jeder Ecke konnte Johnson damals auch in Regionen und Schichten überzeugen, die nicht zur traditionellen Tory-Wählerschaft zählen.
    Ob diese Masche jedoch nach all seinen Skandalen und Fehlern noch zieht, ist umstritten. Wirtschaftsminister Jacob Rees-Mogg, der sich als erstes Kabinettsmitglied für eine Rückkehr Johnsons aussprach, flankierte seinen Unterstützer-Tweet mit dem Hashtag #BORISorBUST (zu Deutsch etwa: Boris oder kaputtgehen). Auch Verteidigungsminister Ben Wallace, der eine eigene Kandidatur am Freitag ausschloss, neigt dazu, Johnson zu unterstützen.

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    Die Tür zur Downing Street 10

    Operation "Stop Boris"

    Parallel läuft unter Hochdruck die Operation "Stop Boris". Der Tory-Abgeordnete Crispin Blunt sagte dem Sender Sky News, Johnson sei nicht der Typ, um das Image der Partei wiederherzustellen. Sein Parteikollege Roger Gale kündigte an, er werde aus der Partei austreten, wenn Johnson wieder in die Downing Street einziehe.
    Dem Portal "Politico" zufolge droht noch eine Reihe weiterer konservativer Abgeordneter, im Fall einer Ära Johnson 2.0 dem Premier die Gefolgschaft zu verweigern oder gar die Partei zu verlassen.

    Untersuchung zu "Partygate"-Affäre läuft noch

    Wer sich hinter Johnson stellt, geht ein enormes Risiko ein: Denn immer noch läuft eine Untersuchung im Parlament, die klären soll, ob Johnson im Zusammenhang mit der "Partygate"-Affäre über verbotene Lockdown-Feiern in der Downing Street das Parlament angelogen hat, was ein K.o.-Kriterium im Regierungsamt wäre.
    Bis die Untersuchung abgeschlossen ist, könnten Wochen oder gar Monate vergehen.
    Quelle: Larissa Schwedes, dpa

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