Russische Truppen: Wie viele Soldaten sind bisher gestorben?

    FAQ

    BBC meldet 50.000 tote Russen:Wie viele Soldaten sind bisher gestorben?

    von Oliver Klein, Jan Schneider und Katja Belousova
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    Die Zahl der russischen Gefallenen in der Ukraine habe sicher die Marke von 50.000 überschritten, meldet die BBC. Wie haben die Journalisten gezählt, was sagen Geheimdienste?

    Russische Soldaten und Särge
    Russische Soldaten: Wie hoch die Zahl der Gefallenen ist, ist unklar (Archivbild)
    Quelle: Imago

    Seit Beginn des Kriegs in der Ukraine zählen Journalisten und Freiwillige die Gefallenen auf russischer Seite. Sie durchforsten Postings in Sozialen Medien und Todesanzeigen in Zeitungen, werten offizielle Berichte und Sterberegister aus, suchen nach frischen Gräbern auf Friedhöfen. So versuchen sie, sich ein eigenes Bild zu machen vom Sterben in der Ukraine - unabhängig von offiziellen Zahlen der Kriegsparteien oder von Geheimdienstberichten.
    Wie viele Soldatinnen und Soldaten dem Krieg tatsächlich auf beiden Seiten zum Opfer gefallen sind, ist schwer einzuschätzen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte Ende Februar, seit Beginn des russischen Angriffs vor zwei Jahren seien 31.000 ukrainische Soldaten getötet worden. Moskau veröffentlicht keine Zahlen mehr zu eigenen Gefallenen. Welche Zahlen sind inzwischen bekannt? Wie glaubwürdig sind sie, was sagen Geheimdienste? Fragen und Antworten:
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    Wie viele Todesopfer haben Journalisten gezählt?

    Inzwischen hat die Zahl der bestätigten getöteten Soldaten auf Seiten Russlands die Marke von 50.000 überschritten, wie die "BBC" aktuell berichtet. Die tatsächliche Zahl der russischen Todesfälle dürfte sogar noch höher liegen: Denn die BBC-Analyse berücksichtigt nicht die Todesfälle von Milizen in der Ostukraine.
    In einer großen Untersuchung schätzen die unabhängigen Medienportale "Medusa" und "Mediazona" im Februar die Zahl der getöteten russischen Soldaten bis Ende 2023 auf 75.000. Die Investigativjournalisten teilten mit, sie hätten ihre Ergebnisse etwa aus der Auswertung einer Datenbank für Erbangelegenheiten, aus dem Sterberegister und statistischen Angaben sowie aus Informationen von Hinterbliebenen ermittelt. Bei der Zahl handele es sich um "eine statistische Schätzung", hieß es. Der genaue Wert könne sich zwischen 66.000 und 88.000 Gefallenen bewegen.
    Für die Ukraine gehen die Analysten davon aus, dass die jüngsten Angaben des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj wohl überzogen seien. In einem Interview mit dem US-Sender "Fox News" hatte Selenskyj im Februar behauptet, das Verhältnis der getöteten russischen Soldaten zu getöteten ukrainischen Soldaten sei fünf zu eins. Die Investigativjournalisten gehen jedoch davon aus, dass auf einen gefallenen ukrainischen Soldaten höchstens zwei getötete russische Soldaten kommen.
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    Welche Einschätzungen gibt es von Geheimdiensten?

    Auf eine ähnliche Zahl wie die "BBC" kam bereits im Dezember das britische Verteidigungsministerium, das von etwa 70.000 Russen ausging, die im Angriffskrieg Moskaus bisher getötet wurden - 50.000 reguläre Soldaten sowie 20.000 Mitglieder der Privatarmee Wagner.
    Im März teilte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg mit, dass westliche Geheimdienste derzeit davon ausgehen, dass die Zahl der getöteten oder verwundeten russischen Soldaten inzwischen die Marke von 350.000 überschritten hat. Wie hoch der Anteil der Getöteten an dieser Zahl ist, sagte Stoltenberg nicht.
    US-Geheimdiensten legten im Dezember eine geheime Einschätzung der Lage dem Kongress vor. Demnach soll Russland 87 Prozent aller aktiven Bodentruppen verloren haben, die noch zu Beginn der Invasion in der Ukraine zur Verfügung standen. Zudem sollen knapp zwei Drittel der Panzer zerstört worden sein. Im Detail bedeutete das damals:
    • 315.000 der 360.000 Soldaten gefallen oder verletzt
    • 2.200 der 3.500 Panzer zerstört
    • 4.400 der 13.600 Schützenpanzer verloren
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    Sind diese Zahlen glaubwürdig?

    Der Militärexperte Oberst i.G. Wolfgang Richter vom Genfer Zentrum für Sicherheitspolitik analysiert ebenfalls seit Beginn der Invasion die Truppenstärke der russischen Angreifer. Bei der Ausgangstruppenstärke, die von den US-Geheimdiensten genannt wird, sind die Berechnungen noch sehr ähnlich, die Zahlen zu den Verlusten scheinen Richter jedoch etwas zu hoch gegriffen.

    In der Tendenz sind die Zahlen insofern zutreffend, als sie auf die ungefähre Größenordnung der Verluste hinweisen. Die konkrete Gesamtzahl dürfte aber eher zu hoch liegen. Wenn das stimmen würde, hätte Russland schon längst eine neue Mobilisierung einleiten müssen.

    Wolfgang Richter, Militärexperte

    Nach Richters Berechnungen - bezogen auf Dezember 2023 - belaufen sich die Verluste der russischen Armee auf etwa 250.000 Gefallene und Verletzte, davon über 150.000 irreversible Verluste (70.000 Gefallene und ebenso viele Schwerverwundete). Auch für die Ukraine kommt er auf über 120.000 irreversible Verluste. Für die Zahl der Gefallenen nimmt er 25 bis 30 Prozent der Gesamtverluste an.
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    Wieso nimmt Russland diese Verluste in Kauf?

    Gerade die letzten Monate waren extrem verlustreich für die russische Armee. Die USA gingen bereits im Dezember davon aus, dass allein der Kampf um Awdijiwka mehr als 13.000 russische Todesopfer forderte und 220 Kampffahrzeuge verloren gingen.
    Militärexperte Richter meint, Russland sei in der Kriegsführung geschickter geworden und glaube daran, durchzuhalten, militärisch, politisch und auch ökonomisch. Auch hoffe man im Kreml wohl auf einen für die eigenen Interessen positiven Ausgang der Wahlen in den USA.
    Dieser Artikel wurde bereits am 14. Dezember 2023 veröffentlicht und nun aktualisiert.
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    Quelle: mit Material von dpa und AFP
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