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Nach Anschlägen : Eskalation in Transnistrien unwahrscheinlich

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Nach Anschlägen nehmen die Spannungen in der von pro-russischen Separatisten kontrollierten Region Transnistrien zu. Außer Russland ist niemand an einer Eskalation interessiert.

Ein Blick auf das beschädigte Gebäude des Ministeriums für Staatssicherheit in Tiraspol.
Auf das Gebäude des Ministeriums für Staatssicherheit in Tiraspol wurde Anfang der Woche eine Rakete abgefeuert.
Quelle: dpa

Am 22. April 2022 erklärte der russische General Rustem Minnikajew, Russland beabsichtige, die gesamte ukrainische Schwarzmeerküste - einschließlich des Hafens von Odessa - einzunehmen. Russland wolle sich mit Transnistrien, einer von Russland unterstützten separatistischen Region in Moldau, verbinden, so Minnikajew. Dies löste Befürchtungen aus, dass Moskau versuchen könnte, den Krieg auf die Republik Moldau auszuweiten.

Angriffe mit unklarer Herkunft

Am 25. und 26. April kam es in Transnistrien zu einer Reihe von nicht zuordenbaren Angriffen. Eine Rakete wurde auf das Hauptquartier der Staatssicherheit in der Hauptstadt Tiraspol abgefeuert; ein alter Radiosender, der russische Propaganda in die Ukraine sendet, wurde bombardiert, und Berichten zufolge gab es einen weiteren Angriff auf den Flughafen von Tiraspol.

Außerdem fielen Schüsse in der Nähe von Kolbasna, einem kleinen Dorf in der Separatistenregion, in dem sich das größte Munitionsdepot der Region befindet, das noch aus der Sowjetzeit stammt. Es gab jedoch keine Verletzten. Die Separatistenführung ordnete die höchste Terrorwarnstufe an und machte die Ukraine für die Angriffe verantwortlich.

Ukrainische und russische Motivlage

Während sich das Land im Krieg mit Russland befindet, hat die Ukraine eindeutig kein Interesse daran, einen Konflikt in ihrem Hinterland zu provozieren, schon gar nicht gegen den befreundeten Nachbarn Moldau. Ein Angriff auf Transnistrien würde nicht nur die Kräfte spalten, sondern die Ukraine auch zum Aggressor machen und damit das internationale Ansehen Kiews grundlegend schädigen.

Karte von Transnistrien, Moldau und der Ukraine
Die abtrünngige Region Transnistrien liegt in Moldau, an der Grenze zur Ukraine.
Quelle: ZDF

Russland hingegen könnte aus einer Reihe von Gründen an einer Destabilisierung der Lage in Moldau interessiert sein. Vor allem könnte jede Instabilität die Ukraine dazu zwingen, ihre Streitkräfte zu teilen und Einheiten auch für den transnistrischen Abschnitt der moldauischen Grenze bereitzustellen, um Separatisten in Schach zu halten und Odessa zu schützen.

Entfremdungsversuch Russlands

Die Schuldzuweisung an die Ukraine ist auch ein Versuch Russlands, die Republik Moldau von der Ukraine zu entfremden. Außerdem könnte der Druck auf Moldau Russland helfen, die Einfuhr westlicher Waffenlieferungen in die Ukraine zu begrenzen.

Montage: Wladimir Putin und Wolodymyr Selenskyj vor einem Blick auf das zerstörte Mariupol

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Am 26. und 27. April startete Russland mehrere Raketenangriffe auf eine wichtige Brücke zwischen dem rumänischen Galați und Odessa. Galați ist einer der wichtigsten Zugangspunkte für westliche Hilfslieferungen in die Ukraine. Da die Brücke nun beschädigt ist, führt der einzige Weg von Galați in die Ukraine über Moldau. Russlands Kalkül könnte sein, durch eine Eskalation in Transnistrien die Republik Moldau zu zwingen, den Transit westlicher Lieferungen in die Ukraine zu unterbinden.

Kriegsgefahr ist gering

Trotz der Spannungen ist die Gefahr einer militärischen Eskalation aus einer Reihe von Gründen gering. In erster Linie ist niemand außer Russland daran interessiert, auch nicht die Separatisten. Trotz ihrer starken Abhängigkeit von Moskau wäre eine direkte Verwicklung in einen Krieg Russlands gegen die Ukraine für sie wahrscheinlich katastrophal.

Rein zahlenmäßig ist Transnistrien militärisch stärker als die Republik Moldau selbst. Zusätzlich zu den etwa 2.000 dort stationierten russischen Soldaten verfügt die separatistische Region selbst über ca. 7.000 bis 8.000 Soldaten und eine Reihe paramilitärischer Einheiten. Die Republik Moldau verfügt dagegen über insgesamt etwa 5.000 Soldaten, von denen ein Teil Wehrpflichtige sind. Auch bei der schweren Ausrüstung sind die Separatisten stärker, auch wenn der Ausbildungsstand und die Motivation der russischen und der separatistischen Kräfte eher niedrig sind.

Verstärkung von Russland nicht wahrscheinlich

Allerdings müssten die Separatisten allein kämpfen. Es ist kaum möglich, dass Russland nennenswerte Verstärkung dorthin schickt. Der Versuch einer Operation vom Wasser aus in der ukrainischen Region Budschak und eines Angriffs auf die Republik Moldau von dort aus ist unrealistisch, insbesondere in Anbetracht der ukrainischen Schiffsabwehrraketen.

Außerdem sind die Streitkräfte der Republik Moldau besser ausgebildet und bereits in Alarmbereitschaft. Zudem könnte die moldauische Regierung in einem Extremszenario Rumänien um militärische Unterstützung bitten. Hinzu kommt, dass das Militär der Separatisten im Falle einer regionalen Eskalation der viel größeren ukrainischen Armee nicht gewachsen wäre, selbst wenn deren größter Teil im Donbass festsitzt.

Auch die Geografie spricht nicht für eine Eskalation. Da die Separatistenregion zwischen der Ukraine und der Republik Moldau liegt, ist sie in Bezug auf den Handel vollständig von diesen beiden Ländern abhängig. So kommen etwa alle Energielieferungen aus der Ukraine.

Pro-russische Separatisten in Transnistrien bemühen sich um Neutralität

Insgesamt ist es unwahrscheinlich, dass die transnistrischen Separatisten in den laufenden Krieg hineingezogen werden wollen. Ganz im Gegenteil: In dem Bemühen, eine neutrale Haltung einzunehmen, haben die Separatisten nach dem 24. Februar 2022 sogar Tausende ukrainischer Flüchtlinge aufgenommen.

Daher ist es sehr wahrscheinlich, dass die Separatistenführung ungeachtet der jüngsten Angriffe versuchen wird, den Druck Russlands abzuschwächen und eine größere Eskalation zu verhindern, höchstwahrscheinlich in stiller Abstimmung mit der moldauischen und der ukrainischen Regierung.

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