Trumps Ankündigung, die Antifa als Terrororganisation einzustufen, ist absurd, sagen Experten. Die Antifa ist keine eigene Organisation - und zusätzlich gibt es rechtliche Hürden.
Das Urteil von Professor Simon Wendt zu Trumps Vorstoß, die Antifa in den USA als Terrororganisation einzustufen, ist vernichtend: "Lächerlich", sagt der Experte vom Institute of English and American Studies der Frankfurter Universität im Gespräch mit ZDFheute. "Die Antifa ist keine einheitliche Gruppe, sie hat keine Struktur, keine Führer. Sie zu verbieten ist einfach nicht möglich."
Zum gleichen Schluss kommen auch die Faktenchecker vom Annenberg Public Policy Center (APPC) der Universität von Pennsylvania: Die Antifa sei keine Organisation, vielmehr ein Oberbegriff für linksextreme, militante, antifaschistische Gruppen.
Wer ist die Antifa?
Quelle: Privat
Trump macht linksradikale Gruppen, namentlich die Antifa, für Ausschreitungen bei Protesten der vergangenen Tage verantwortlich. "Die Antifa ist ein loser Verbund von Aktivistinnen und Aktivisten die ein gemeinsames Ziel haben: Rechtsextreme in die Schranken zu weisen - auch mit Gewalt", so Wendt. Die Aktivisten würden sich nicht auf öffentlichen Facebook-Seiten tummeln, sondern ausschließlich über verschlüsselte Messaging-Apps kommunizieren.
"Deshalb ist es auch so schwer, einzuschätzen, wie viele es sind: Schätzungen reichen von einigen Hundert bis mehrere Tausend. Es könnte unter Umständen Hunderte von Gruppen geben - wobei eine Gruppe auch mal nur aus zwei bis drei Leuten bestehen kann", erklärt Wendt.
Wie Trump ein Antifa-Verbot durchzusetzen gedenkt, ließ er offen. Die Internetseite des APPC, factcheck.org, zitiert den amerikanischen Terrorismusexperten James J.F. Forest:
Auch der wissenschaftlichen Dienst des Bundestags stellt fest, dass keine Fälle aus dem Ausland bekannt seien, in denen Antifa-Gruppierungen als kriminelle oder terroristische Vereinigung eingestuft wurden.
US-Präsident Donald Trump hat angekündigt, das Militär gegen Demonstranten einsetzen zu wollen, sollten die Proteste anhalten. Zur Lage in den USA ZDF-Korrespondent Elmar Theveßen.
Dabei trat bis ins Jahr 2016 die Antifa in den USA kaum in Erscheinung. Erst mit der Wahl Trumps hätten solche Gruppen größeren Zulauf bekommen, so die Beobachtung von Wendt. Auch linke Gewalttaten hätten unter Trump zugenommen, würden aber laut Wendt nach wie vor von der Anzahl rechtsextremer Gewalttaten in den Schatten gestellt.
Rechtliche Hürden für Trumps Vorstoß
Doch nicht nur die praktische Umsetzung lässt Trumps Ankündigung fragwürdig erscheinen, es gibt auch rechtliche Bedenken: Die von Trump erwähnte Terrorliste ist laut dem US-Bundesgesetz ausschließlich für ausländische Gruppen gedacht. Eine entsprechende Regelung für inländische Terrororganisationen gibt es in den USA bisher nicht.
Präsident Trump versuche von der schlechten Wirtschaftslage in den USA "abzulenken", so Constanze Stelzenmüller vom Brookings Institute. Denn: "Seine Umfragewerte sinken."
Amerika-Experte Simon Wendt glaubt daher nicht, dass Trumps Ankündigung tatsächlich umgesetzt wird. Sie sei ein reines Wahlkampf-Manöver: "Das ist ein 'Trump-Code' - ein Code an seine Stammwähler", so Wendt. Dieser Code werde auch von den Rechten bis Rechtsextremen der Alt-Right-Bewegung verstanden, die Trump dadurch als einen der Ihren wahrnehmen würden: "Das Label 'Terrorismus' ist eine rhetorische Strategie von Trump, der weiß, welches Begriffe er verwenden muss, um Angst zu schüren."