Wahlkampfmodus: Trump und sein Techtelmechtel mit QAnon

    USA im Wahlkampfmodus:Trump und sein Techtelmechtel mit QAnon

    Alexandra Hawlin
    von Alexandra Hawlin
    02.10.2022 | 08:32
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    Nähert sich Donald Trump immer weiter Verschwörungstheoretikern der QAnon-Bewegung an? Auf seiner jüngsten Kundgebung sind die Zeichen dafür zumindest kaum zu übersehen.

    Trump während einer Kundgebung in Warren, Michigan
    Ex-Präsident Donald Trump während der Kundgebung in Warren, im US-Bundesstaat Michigan.
    Quelle: reuters

    Wie nahe sich Donald J. Trump und QAnon mittlerweile stehen, zeigt sich an einem Samstagabend in Warren im US-Bundesstaat Michigan. Anhängerinnen und Anhänger der Verschwörungstheorie-Bewegung warten in den ersten Reihen direkt vor dem Rednerpult, von dem aus der ehemalige US-Präsident wenige Stunden später sprechen wird.
    Ganz vorn dabei ein Mann in grauem Pulli mit "God Bless America"-Glitzerschrift: QAnon-Influencer Michael Brian Protzman, der auf Plattformen wie Truth Social unter dem Namen "Negative48" unterwegs ist. Er gilt als antisemitisch und ist bekannt für seine wirren Vorhersagen, wie etwa die Auferstehung von John F. Kennedy, die bis heute allesamt noch nicht eingetroffen sind.

    QAnon-nahe Accounts auf Truth Social

    Trump teilt auf seiner Plattform Truth Social in letzter Zeit immer häufiger Posts von QAnon-nahen Accounts. Dass sich der Ex-Präsident auf die Verschwörungstheoretiker zubewegt, bekräftigt Protzman stolz. "Er hat erst letztens ein Video gepostet", erzählt er. "Haben Sie die vielen 'Qs' darin gesehen?!"

    Er ist definitiv auf dem Vormarsch, was QAnon angeht.

    Michael Brian Protzman, QAnon-Influencer

    "Trump wird mit QAnon nicht aufhören, es wird größer und größer", sagt Protzman weiter. Zur Erinnerung: QAnon ist die Bewegung, die als zentrale Verschwörungstheorie verbreitet, dass es eine satanische Elite gebe, die Kinder entführe und aus ihrem Blut einen Verjüngungssaft zubereite.

    Bizarre Szene auf Trump-Kundgebung

    Erst vor zwei Wochen teilte Trump auf Truth Social ein Meme, das eine Illustration von ihm mit einem "Q" am Revers zeigt und zwei QAnon-Slogans: "Der Sturm kommt" und "WWG1WGA" (Where we go one, we go all).
    Anhänger von Donald Trump zeigen auf einer Kundgebung des Ex-US-Präsidenten mit ausgestreckten Armen in den Himmel
    Anhänger von Donald Trump auf einer Kundgebung des Ex-US-Präsidenten in Youngstown. (Archivbild)
    Quelle: Reuters

    Ein paar Tage später spielte auf einer Kundgebung in Youngstown, im US-Bundesstaat Ohio, nach Trumps Rede eine Musik, die fast genauso wie ein QAnon-Lied klingt. Daraufhin begannen seine Anhängerinnen und Anhänger mit ausgestreckten Armen in den Himmel zu zeigen. Eine bizarre Szene, die viele Beobachter an den Hitlergruß erinnerte.

    Trump als Retter in QAnon-Bewegung

    Die direkte Anlehnung an diese Bewegung hat auch für Trump-Verhältnisse eine neue Qualität. Es mag mit seinen schlechten Umfragewerten zusammenhängen oder mit der Hoffnung, sich besser zu positionieren.
    "Für QAnon-Anhänger ist Trump bereits eine Schlüsselfigur und ich denke, dass er diese Rolle jetzt offenkundig übernimmt", erklärt Heidi Beirich, Mitgründerin des "Global Project Against Hate and Extremism" in einem Interview gegenüber dem Magazin Politico. Trump werde als derjenige betrachtet, der alle retten wird.

    Wir müssen erkennen, dass Trump eine Messias-Figur für QAnon ist.

    Heidi Beirich, Mitgründerin "Global Project Against Hate and Extremism"

    Trump hat die Prophezeiungen von QAnon nicht erfüllt, ging 2020 nicht als Sieger hervor, hat die US-Präsidentschaftswahl verloren. Und doch wird er weiterhin als der Retter gefeiert. Damit konfrontiert, antwortet Protzman mystisch: "Die Wahrheit über die Wahl 2020 wird herauskommen". Denn für seine Anhänger und für QAnon ist Trump kein Verlierer, sondern die Wahl "gestohlen".

    Trump-Anhänger tragen QAnon-Symbole

    Seit rund fünf Jahren breitet sich die QAnon-Bewegung, die in den USA ihren Ursprung hat, aus und findet weltweit Anhängerinnen und Anhänger. Als Initiator gilt eine Person mit dem Pseudonym "Q". Trump weiß, dass er eine Basis unter den Verschwörungsanhängern hat, und die scheint er jetzt zu nutzen. 
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    Wer sucht, entdeckt dieses "Q" auch bei der Kundgebung in Michigan unter einigen Trump-Unterstützern, mal dezenter, mal groß- und fettgedruckt auf dem T-Shirt. Unter den Trump-Anhängern, die wir am Samstag in Michigan fragen, antwortet rund die Hälfte, dass sie nicht viel zu QAnon weiß.
    Unterstützer wie Flo aus Ohio, die um die 50 Jahre alt ist und deren Tochter in der US-Navy dient, meint: "Niemand kennt 'Q' und woher das kommt, aber es ist sehr lehrreich". Nach QAnon gefragt, antwortet Rich, der vor der Kundgebung Trumps am Hotdog-Stand steht, nur vielsagend: "Ihr werdet es herausfinden" und Demi, die dahinter in der Schlange steht, gesteht ganz offen:

    Ich bin QAnon-Anhängerin und er ist zurück, Trump ist der Held.

    Demi, Teilnehmerin einer Trump-Kundgebung in Warren, Michigan

    Trotz Unterstützung Trumps schwächeln Kandidaten

    Eigentlich tourt Trump gerade durchs Land und nimmt an Kundgebungen teil, um Republikanische Kandidatinnen und Kandidaten zu unterstützen - wie etwa Tudor Dixon, die 45-jährige vierfache Mutter, die strikt gegen Abtreibung ist, auch nach Vergewaltigung oder Inzest und die amtierende Demokratische Gouverneurin, Gretchen Withmer, herausfordert. Für letztere haben sich sogar einige Republikaner ausgesprochen.
    Die Trump-Kandidatin liegt nach aktuellen Umfragen derzeit weit abgeschlagen zurück und auch Trump wird das Ruder für sie kaum noch herumreißen können. Darauf mag derzeit aber auch nicht sein Augenmerk liegen.

    Positionierung für Präsidentschaftswahl 2024

    Vielmehr scheint er sich für die Präsidentschaftswahl 2024 zu positionieren. Auf seiner Website wurden vergangene Woche etwa Links zu Artikeln geteilt, die günstige Umfragewerte in einem hypothetischen Duell gegen Biden anpreisen oder solche, die titeln: "Donald Trump ist mit einem Erdrutschsieg die Nummer 1 unter den Präsidenten-Golfern der Geschichte".
    Laut Umfragen befürwortet die Mehrheit der US-Amerikanerinnen und -Amerikaner Trump nicht. Rund die Hälfte der Republikanischen Wähler würden sich für den Präsidentschaftswahlkampf 2024 einen anderen Kandidaten als Trump wünschen.
    Daher muss er wohl zu ungewöhnlichen Mitteln greifen und eine neue Basis in Verschwörungsbewegungen wie QAnon suchen, die er in den Tiefen seiner Plattform Truth Social findet. Sie fühlen sich von ihm eingeladen und sind an diesem Samstagabend in Michigan zahlreich erschienen.

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