Truss-Rücktritt: Wer tritt Nachfolge als Premierminister an?

    Nach Rücktritt von Liz Truss:Wer wird neuer britischer Premierminister?

    20.10.2022 | 20:49
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    Die Spekulationen über die Nachfolge der zurückgetretenen britischen Premierministerin Liz Truss sind im Gange - das sind die vier aussichtsreichsten Kandidaten.

    Boris Johnson am 10.11.2020 in London
    Boris Johnson hat wohl seinen Urlaub abgebrochen und befindet sich auf dem Weg nach London.
    Quelle: picture alliance / Photoshot

    Nach nur gut sechs Wochen im Amt ist die britische Premierministerin Liz Truss zurückgetreten. Bis Ende nächster Woche wollen die konservativen Tories einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin auserkoren haben. Die aussichtsreichsten Kandidaten sind alles alte Bekannte.

    Truss-Nachfolge: Schlägt jetzt die Stunde von Rishi Sunak?

    Bei der Mitgliederbefragung im Sommer zur Nachfolge des damals zurückgetretenen Premierministers Boris Johnson war der ehemalige Finanzminister Rishi Sunak gegen Truss deutlich unterlegen. Allerdings hatte er vor den Steuerplänen, die erst die Wirtschaft und dann Truss ins Schleudern brachten, wiederholt gewarnt. Mit dem Wissen, dass er Recht hatte, dürfte Sunak gestärkt in eine neue Bewerbung um das Amt des Parteichefs und damit auch Premierministers gehen.
    Laut einer aktuellen YouGov-Umfrage hat der 42-Jährige die besten Zustimmungswerte unter den möglichen Nachfolgern. Allerdings tragen ihm einige Mitglieder seine Rolle bei der Kabinetts-Revolte nach, die zum Sturz von Truss' Vorgänger Johnson geführt hatte. Zudem schadeten Fragen zu seinem beträchtlichen Privatvermögen und Steuertricks seiner Familie dem Ruf des ersten hinduistischen Finanzministers Großbritanniens.

    Wird Boris Johnson zum zweiten Mal Premierminister?

    Auch der erst im September abgetretene Premier Boris Johnson könnte der Umfrage zufolge wieder im Rennen sein: Ein Drittel der Befragten kann sich eine Rückkehr Johnsons ins Amt vorstellen. So wird nun - ermutigt durch mehrere Andeutungen von Johnson selbst - über ein mögliches Comeback des 58-Jährigen spekuliert. Allerdings denken nicht wenige, dass die von Skandalen geprägte dreijährige Amtszeit Johnsons noch nicht lange genug zurückliegt für eine erneute Kandidatur.
    Wie ZDF-Korrespondent Andreas Stamm aus London berichtet, habe Johnson seinen Urlaub abgebrochen und sei auf dem Weg zurück nach London. Johnson wolle demnach vielleicht mitmachen bei dieser Kandidatenkür.

    Und das könnte die Konservativen erneut vor große, große Probleme stellen. Denn einige Abgeordnete haben gesagt, wenn das passiert, dann werden sie zur Opposition überlaufen.

    Andreas Stamm, ZDF-London-Korrespondent

    Jeremy Hunt könnte Einheitskandidat sein

    Finanzminister Jeremy Hunt, der die Unterstützung des zentristischen Flügels der Partei genießt, könnte sich als kompetenter Einheitskandidat erweisen. Nach seinem Auftritt am Montag, bei dem der frühere Geschäftsmann das Steuerpaket von Truss fast vollständig gekippt hatte, wurde er von einigen schon als "De-facto"-Premier bezeichnet.
    Der 55-jährige frühere Außen- und Gesundheitsminister war nicht nur in diesem Jahr, sondern auch schon 2019 im Rennen um den Parteivorsitz unterlegen. Hunt, der fließend Japanisch spricht, gilt als besonders belastbar, jedoch wenig charismatisch.

    Penny Mordaunt, die Kompromisskandidatin?

    Penny Mordaunt, die am Montag im Auftrag von Truss Fragen der Opposition zu dem Steuer- und Wirtschaftsdebakel beantworten musste, gilt als gute Rednerin. 2019 wurde die Brexit-Befürworterin die erste britische Verteidigungsministerin. Einige sehen in der 49-jährigen Reservistin der Royal Navy eine mögliche Kompromisskandidatin für den Vorsitz der zerstrittenen Tories.

    Höchstens drei Kandidaten dürfen antreten

    Für die Nachfolge der scheidenden britischen Premierministerin Liz Truss können höchstens drei Kandidaten antreten. Die potentiellen Nachfolger müssen von mindestens 100 Abgeordneten unterstützt werden, erklärte der Tory-Abgeordnete Graham Brady die Nachfolgeregelung am Donnerstag vor der Presse. Die Nominierungen müssen bis Montagmittag erfolgen.
    Da es nur 357 konservative Abgeordnete gibt, können höchstens drei Kandidaten nominiert werden. Danach müssen sich die Angeordneten entweder auf zwei Kandidaten einigen, über die die 170.000 Parteimitglieder bis zum 28. Oktober in einer Online-Abstimmung entscheiden - oder sie bestimmen direkt einen Kandidaten, der in die Downing Street einzieht. "Wir haben die Messlatte hoch gelegt, aber es ist für jeden ernsthaften Kandidaten (...) machbar", erklärte Brady.
    Quelle: AFP, ZDF