Warum fließt so wenig Gas durch Nord Stream 1? Ist die Turbine in Mülheim das Problem? Viele russische Antworten darauf sind vorgeschoben. Ein Einwand ist aber nicht ganz abwegig.
Nur 20 Prozent der möglichen Gasliefermenge fließen derzeit durch die Pipeline Nord Stream 1 von Russland nach Deutschland. Während die deutsche Seite überzeugt ist, dass dies eine politisch motivierte Drosselung ist, die die Bundesregierung unter Druck setzen soll, hat die russische Seite ihre eigene Erklärung: eine fehlende Gasturbine, die sich noch immer in Mülheim an der Ruhr befindet.
"Warum sie dort ist und nicht in Russland, verstehe ich nicht", fragt sich - ganz dem russischen Narrativ folgend - unter anderem Altkanzler Gerhard Schröder (SPD).
- Wie Schröder zum Sprachrohr des Kremls wird
Gerhard Schröder fragt sich, warum eine Gasturbine immer noch in Deutschland ist und sieht Nord Stream 2 als "einfachste Lösung". Was sagen Experten?
Die Antwort: Lieferung und Einbau der Turbine in Russland verzögern sich, weil Moskau immer wieder neue Argumente präsentiert, denen zufolge eine Einfuhr nicht möglich ist. ZDFheute hat sich die technischen und sanktionsrechtlichen Bedenken angeschaut.
Sind fehlerhafte Turbinen das Problem?
In einer Erklärung vom 29. Juli machte der stellvertretende Vorstandsvorsitzende von Gazprom, Witali Markelow, mehrere fehlerhafte Turbinen für die Gasdrosselung verantwortlich - und damit auch Siemens Energy.
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Sowohl Siemens Energy als auch Energie-Expert*innen halten die technischen Argumente für vorgeschoben.
Technische Mängel wohl vorgeschoben
Die Turbine mit der Nummer 074, die Markelow anspricht, muss tatsächlich gewartet werden, wie ZDFheute erfuhr. Aber: Für sie liegt in Russland bereits eine gewartete Ersatzturbine vor. Diese könnte man auch schon einbauen, bisher hat Gazprom das aber nicht getan. Alleine durch diesen Schritt könnte der Gasfluss durch Nord Stream 1 auf 40 Prozent erhöht werden.
Auch die von Markelow erwähnte Turbine 121 könnte ersetzt werden - und zwar durch diejenige in Mülheim. Der Austausch von Turbine Nr. 121 war für den September geplant, bislang weigert sich Russland aber, die entsprechenden Zolldokumente auszustellen. Bei den anderen Schäden, die Markelow anspricht, soll es sich, wie ZDFheute von deutscher Seite erfuhr, maximal nur um kleinere technische Probleme handeln, die den Betrieb von Nord Stream 1 nicht derart beeinträchtigen dürften.
Auch vor diesem Hintergrund dürften technische Gründe nicht primär dafür verantwortlich sein, dass Nord Stream 1 aktuell nur 20 Prozent der üblichen Gasliefermenge bereitstellt.
Welche sanktionsrechtlichen Bedenken hat Gazprom?
Warum aber weigert sich Gazprom bisher, die so dringend benötigte Turbine aus Mülheim nach Russland liefern zu lassen? Gazprom begründet das auch mit sanktionsrechtlichen Bedenken:
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Die Turbine wurde in Kanada gewartet, soll aber nicht direkt, sondern über den Umweg Deutschland nach Russland gelangen. Hintergrund dieses Zwischenstopps war wohl, dass man von deutscher Seite damit der kanadischen Regierung die Entscheidung für die Auslieferung der Turbine erleichtern wollte. Denn die Regierung in Ottawa hatte befürchtet, gegen die westlichen Russland-Sanktionen infolge des Angriffs auf die Ukraine zu verstoßen.
Wie die russische Zeitung "Kommersant" am Mittwoch berichtete, soll Gazprom von Siemens aber schon Dokumente bekommen haben, die der russische Monopolist als Garantie für zuverlässige Turbinen-Lieferungen angefordert hatte.
Sanktionsrechtliche Bedenken nicht abwegig
Anwalt und Sanktionsexperte Viktor Winkler gibt dabei aber zu bedenken: "Sanktionsrechtlich gibt es solche 'Garantien' gar nicht." Er bewertet die Bedenken Gazproms als politisch vorgeschoben. Die sanktionsrechtlichen Bedenken seien aber nicht ganz abwegig.
Er erklärt:
Winkler, selbst Rechtsanwalt, würde jedem Unternehmen raten, vorsichtig zu sein. Denn Gazprom läuft Gefahr, bei einem Sanktionsverstoß mit seinem internationalen Geschäft in Probleme zu geraten, und das betrifft die Manager auch ganz persönlich.
Winkler fordert die westlichen Staaten daher auf, sich mit Blick auf ihre Sanktionen - etwa im Energiesektor - besser abzustimmen. Dadurch würden "solche für den Westen unwürdigen rechtlichen Detail-Diskussionen endlich überflüssig".
Auch die sanktionsrechtlichen Bedenken der russischen Seite sind politisch motiviert - erscheinen mit Blick auf die juristische Lage aber nicht so abwegig wie die mutmaßlichen technischen Bedenken.
Mitarbeit: Oliver Klein
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