Erstmals seit Beginn des russischen Angriffs hat ein Schiff mit Getreide einen ukrainischen Hafen verlassen. Das Frachtschiff "Razoni" sei am Morgen in Odessa ausgelaufen.
Eine erste Schiffsladung mit ukrainischem Getreide hat den Hafen von Odessa nach türkischen Angaben am Montagmorgen verlassen. Das Verteidigungsministerium in Ankara teilte mit, das Frachtschiff "Razoni" habe sich beladen mit Mais auf den Weg in den Libanon gemacht. Das Schiff fahre unter der Flagge von Sierra Leone.
Es hat nach Angaben der Vereinten Nationen mehr als 26.000 Tonnen Mais geladen. Die "Razoni" sollte am Dienstag in Istanbul eintreffen, wo die Ladung geprüft werden sollte. Von dort sollte das Schiff seine Fahrt in den Libanon fortsetzen.
Abkommen soll Ausfuhr von Getreide regeln
In der Mitteilung des Ministeriums hieß es, auch andere Schiffe würden die ukrainischen Häfen über die sicheren Korridore verlassen, wie es am 22. Juli in Istanbul vereinbart worden sei. Details zu ihrer Ladung und Route wurden nicht genannt.
Russland und die Ukraine unterzeichneten Abkommen mit der Türkei und den Vereinten Nationen, um die Ausfuhr von 22 Millionen Tonnen Getreide und anderen landwirtschaftlichen Erzeugnissen zu ermöglichen, die wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine in den Häfen am Schwarzen Meer nicht ausgeliefert werden konnten. Die Vereinbarungen erlauben den Export von Getreide und Düngemitteln.
Hafenbetrieb nach Kriegsbeginn eingestellt
Der Hafenbetrieb war nach der russischen Invasion Ende Februar aus Sicherheitsgründen eingestellt worden. Moskau wurde eine Blockade der ukrainischen Getreideausfuhren vorgeworfen. Russland sicherte in dem Abkommen nun zu, Schiffe über einen Seekorridor fahren zu lassen und diese sowie beteiligte Häfen nicht anzugreifen.
Das Abkommen umfasst die ukrainischen Häfen Odessa, Tschornomorsk und Juschny (Piwdennyj). Nur einen Tag nach der Vereinbarung hatte Russland den Hafen von Odessa beschossen und damit zwischenzeitlich die Besorgnis ausgelöst, dass der Getreide-Deal platzen könne.
Kontrollzentrum in Istanbul überwacht Ausfuhr
Die Exporte werden von einem Kontrollzentrum in Istanbul überwacht, das mit Vertretern Russlands, der Ukraine, der Vereinten Nationen und der Türkei besetzt ist. Die durch Istanbul verlaufende Meerenge Bosporus ist der einzige Seeweg vom Schwarzen Meer zum Mittelmeer.
Schiffe sollen bei der Ein- und Ausfahrt ins Schwarze Meer inspiziert werden. So soll auf Verlangen Russland sichergestellt werden, dass die Schiffe keine Waffen oder Ähnliches an Bord haben. Russland befürchtet, dass die Ukraine aus dem Erlös des Getreideverkaufs Waffen beschafft.
Kuleba: "Tag der Erleichterung für die Welt"
Der ukrainische Minister für Infrastruktur, Olexander Kubrakow, bestätigte das Auslaufen des Schiffes.
Aber auch die Ukraine profitiere, so Kubrakow: "Die Freigabe der Häfen wird der Wirtschaft Deviseneinnahmen in Höhe von mindestens einer Milliarde Dollar bescheren und dem Agrarsektor die Möglichkeit geben, für das nächste Jahr zu planen."
Der ukrainische Außenminister, Dmytro Kuleba, spricht in einem Tweet angesichts der Wiederaufnahme der Ausfuhr von Getreide aus der Ukraine von einem "Tag der Erleichterung für die Welt".
In Moskau bezeichnete Kreml-Sprecher Dmitri Peskow das Auslaufen des Schiffes als sehr positiv. Dieser Schritt werde dazu beitragen, die Effizienz der bei den Gesprächen in Istanbul vereinbarten Mechanismen auf die Probe zu stellen, sagte Peskow in Moskau.
Auch UN-Generalsekretär Antonio Guterres begrüßt den ersten ukrainischen Getreidetransport per Schiff seit Beginn des Krieges. Er hoffe, es würden weitere folgen, heißt es in einer Erklärung.
Ukraine einer der wichtigsten Getreide-Exporteure
Die Ukraine zählte vor dem russischen Angriffskrieg zu den wichtigsten Getreide-Exporteuren der Welt. Für sie geht es um Milliardeneinnahmen aus dem Verkauf unter anderem von Weizen und Mais. Die Nahrungsmittel aus der Ukraine werden auf dem Weltmarkt - vor allem in Asien und Afrika - dringend benötigt.
Die Vereinten Nationen warnten zuletzt schon vor der größten Hungersnot seit Jahrzehnten.
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