Deutschland sei "ein guter Verbündeter" erklärt Estlands Ministerpräsidentin Kallas im ZDF. Man dürfe im Konflikt mit Russland niemals "das große Bild aus den Augen verlieren".
In Berlin trafen sich heute die die Regierungschef*innen der drei baltischen EU-Staaten Estland, Litauen und Lettland mit Bundeskanzler Olaf Scholz. Sie forderten Unterstützung angesichts des russischen Truppenaufmarsches an der Grenze der Ukraine. Scholz sicherte ihnen Solidarität zu und forderte Russland wiederum zur Deeskalation auf.
Im ZDF heute journal schilderte die Ministerpräsidentin von Estland, Kaja Kallas, die Lage ihres Landes und was sie von Deutschland und der Nato erwartet.
Lesen Sie im Folgenden Auszüge aus dem Interview, das ganze Gespräch sehen Sie im Video.
Das sagte Kallas ...
... zum Gespräch mit Olaf Scholz:
"Deutschland ist ein guter Verbündeter. Und was wir heute gehört haben, ist, dass die Einheit der Nato dem Bundeskanzler sehr, sehr wichtig ist. Und das ist eine gute Botschaft, bevor er nach Moskau reist.
... zu Verhandlungen mit Russland und was man Putin überhaupt anbieten könne:
"Wir können ein Gespräch führen mit Russland, einen Dialog, aber wir sollten keinerlei Verhandlungen führen. Putin hat hier diese Militärpräsenz an der ukrainischen Grenze aufgebaut. Man kann ja keine Verhandlungen mit jemandem führen, der einem die Pistole auf die Brust setzt.
Wie die Manöver an der ukrainischen Grenze einzuschätzen sind:
Die Frage, was wir Russland anbieten sollen, ist schon eine Falle. Die Nato stellt ja keine Gefahr dar. Wir bauen keinen Druck auf, wir haben keine Waffen an die Grenze der russischen Grenze geschafft und bedrohen Russland nicht. Also, wenn man hier schon auf einen Diktator reagiert, der einem die Pistole auf die Brust setzt, dann würde man ja schon von vornherein einknicken und somit die Sicherheit Europas gefährden."
... zu der Möglichkeit, den Konflikt um die Ukraine friedlich zu lösen:
"Wir brauchen strategische Geduld mit Russland. Diese Strategie, diese Verhandlungstaktik Russlands erinnert mich an den ehemaligen Außenminister der Sowjetunion, der drei Dinge gesagt hat: 'Erstens, erst mal die maximale Forderungen stellen. Nicht einfach nur was fragen oder um etwas bitten, sondern einfach etwas fordern, was dir vorher nicht gehört hat. Zweitens, ein Ultimatum stellen und drittens, keinen Zentimeter nachgeben bei Verhandlungen. Denn es wird immer im Westen irgendwelche Leute geben, die dir was anbieten werden, was du vorher nicht hattest. Das heißt, nach diesen Gesprächen würdest du ein Drittel oder die Hälfte dessen haben, was du gefordert hast.' Das hat er damals gesagt, und das müssen wir bedenken.
... zur Lieferung alter Artilleriegeschütze aus DDR-Beständen an die Ukraine:
"Unsere Verteidigungsministerien sprechen darüber. Ich sage natürlich, dass Deutschland das Recht hat, zu entscheiden, wie Deutschland der Ukraine helfen möchte.
Wir in Estland haben beschlossen, dass wir die Ukraine mit allen Möglichkeiten, die wir haben, unterstützen möchten, auch mit Verteidigungswaffen. Aber Deutschland - oder auch jedwedes andere Land - hat das Recht, zu entscheiden, was das jeweilige Land machen möchte. Und Deutschland leistet sehr viel zur Unterstützung der Ukraine - finanziell und auch wirtschaftlich."
"Zur erbetenen Erlaubnis, die Artilleriegeschütze an die Ukraine weiterzugeben, hat Lettland noch keine offizielle Antwort von der Bundesrepublik erhalten".
Alles rund um den Ukraine-Russland-Konflikt finden Sie hier:
- Krieg in der Ukraine
Russland führt Krieg gegen die Ukraine. Es gibt westliche Sanktionen gegen Russland und in der Nato abgestimmte Waffenlieferungen an die Ukraine. Alle Nachri...
Korrektur: Fälschlicherweise haben wir Kaja Kallas zeitweise als Ministerpräsidentin Lettlands bezeichnet. Sie ist die Ministerpräsidentin von Estland.