Der ukrainische Präsident erwartet einen russischen Sturm auf Kiew noch in der Nacht. Im UN-Sicherheitsrat scheitert eine Resolution. Die wichtigsten Entwicklungen in der Ukraine.
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Den aktuellen Stand über die Ereignisse am 26. Februar 2022 seit Mitternacht erfahren Sie hier:
- Entwicklungen im Kampf um Kiew am Samstag
Russland setzt die Angriffe auf die Ukraine unbeirrt fort. Westliche Staaten greifen nun zu härteren Sanktionen und schließen russische Banken aus dem Zahlungssystem Swift aus.
Das waren die Entwicklungen am Freitag:
Am Freitag, dem zweiten Tag nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine, hielten die Kämpfe an. Die russische Armee ist bis nach Kiew vorgerückt. Im Folgenden fassen wir für Sie die wichtigsten Entwicklungen zusammen - permanent aktualisiert. Weitere schnelle Updates zur Lage und Reaktionen finden Sie auch in unserem Liveblog zum Angriff auf die Ukraine.
Schüsse und Kämpfe am Stadtrand von Kiew
Vom Stadtrand der ukrainischen Hauptstadt werden Schüsse und Kämpfe gemeldet. Russische Truppen versuchten, das Heizkraftwerk Nr. 6 anzugreifen, teilte ein Amt für Behördenkommunikation mit. Die ukrainische Armee verteidige sich. Das Kraftwerk liegt im äußersten Nordosten der Millionenstadt auf dem rechten Ufer des Flusses Dnipro. Auch von anderen Stellen auf dem rechten Ufer gab es Berichte über Explosionen und Schüsse aus automatischen Waffen.
Vom Zentrum Kiews aus sei Artilleriebeschuss zu hören, berichtet eine Reuters-Reporterin. Die Einschläge befinden sich nach ihren Angaben in einiger Entfernung vom Zentrum. Unklar sei, in welche Richtung geschossen werde und was das Ziel der Einschläge sei.
Selenskyj ruft Bürger zum Widerstand auf
Präsident Wolodymyr Selenskyj warnte, dass russische Truppen in der Nacht einen Sturm auf die Hauptstadt versuchen wollten. Er rief die Bewohner auf, die Stadt zu verteidigen. Die russischen Truppen rücken vom Nordwesten und Nordosten auf Kiew vor. Heftige Kämpfe gab es den Angaben nach bei dem Ort Wassylkiw etwa 40 Kilometer südlich von Kiew. Dort gibt es einen Luftwaffenstützpunkt, den russische Truppen dem Anschein nach mit Fallschirmjägern erobern wollten.
"Der Feind wird alle seine Kräfte einsetzen, um unseren Widerstand zu brechen", sagte Selenskyj. "In dieser Nacht setzen sie zum Sturm auf Kiew an." Er rief alle Ukrainer auf, "den Feind wo auch immer möglich aufzuhalten". Die Bevölkerung sollte alle Markierungen entfernen, die Saboteure an Straßen und Häusern anbringen.
Resolution im UN-Sicherheitsrat scheitert
Eine gegen Russlands Einmarsch in die Ukraine gerichtete Resolution scheiterte am Freitagabend im UN-Sicherheitsrat. Moskau legte bei der Abstimmung im mächtigsten Gremium der Vereinten Nationen am Freitag in New York wie erwartet ein Veto ein - China und Indien enthielten sich.
Die Nato verlegt ihre schnelle Eingreiftruppe an die Ostflanke. Das kündigte Generalsekretär Jens Stoltenberg am Freitag an. Er sprach von mehreren Tausend Soldaten, die auf dem Land, auf der See und in der Luft im Einsatz sein sollten. Deutschland wird im Zuge dessen eine Kompanie in der Slowakei stationieren.
Am Freitag hatten russische Truppen den Fluss Dnipro in der Südukraine überschritten. Damit hätten sie nun Zugang zur strategisch wichtigen Stadt Cherson, teilte die Gebietsverwaltung am Freitag mit. Zudem steht Kiew im Zentrum der Angriffe.
Selenskyj könnte "Ziel Nr. 1" sein
Präsident Selenskyj erklärte, dass 137 ukrainische Soldaten und Zivilisten in der ersten Angriffswelle der russischen Truppen ums Leben gekommen seien. Weitere 316 seien verletzt worden.
Selenskyj hat zudem wirksame internationale Unterstützung gefordert, sowie Verteidigungshilfen und Sanktionen ins Spiel gebracht. Zudem müsse Russland an den Verhandlungstisch gebracht werden. Aus seiner Sicht brauche es eine "Anti-Kriegs-Koalition".
Er mutmaßte, dass der Angriff dazu dienen soll, ihn zu stürzen. "Nach unseren Informationen hat mich der Feind zum Ziel Nr. 1 erklärt, meine Familie zum Ziel Nr. 2", sagte er - eine Einschätzung, die die US-Regierung teilt.
Selenskyj appelliert an Europäer mit Kampferfahrung
Russland hat der Ukraine eigenen Angaben zufolge ein Angebot für Verhandlungen in der belarussischen Hauptstadt Minsk überreicht, wie Kreml-Sprecher Dmitri Peskow mitteilte. Er sprach von "Verhandlungen über einen neutralen Status der Ukraine". "Wir sind jederzeit zu Verhandlungen bereit, sobald die ukrainischen Streitkräfte auf unsere Aufforderung reagieren und ihre Waffen niederlegen", hieß es zudem vom russischen Außenminister Sergej Lawrow.
Selenskyj rief Europäer mit Kampferfahrung zudem dazu auf, sein Land bei der Abwehr des russischen Großangriffs zu unterstützen. "Wenn Sie über Kampferfahrung in Europa verfügen und sich nicht mit der Unentschlossenheit der Politiker abfinden wollen, können Sie in unser Land kommen und sich uns anschließen, um Europa zu verteidigen", erklärte er. Am späten Donnerstagabend hatte der Präsident eine allgemeine Mobilmachung angeordnet, die für 90 Tage gelten soll und die Einberufung von Wehrpflichtigen und Reservisten vorsieht.
Die USA und die EU verhängten gemeinsam mit ihren Verbündeten neue scharfe Sanktionen. Russland will mit entsprechenden Gegenmaßnahmen reagieren.
Was am zweiten Tag des russischen Angriffs bekannt ist
Die Lage in der Ukraine ist weiterhin unübersichtlich - es gibt unterschiedliche Meldungen von staatlichen und gesellschaftlichen Seiten sowie von Journalistinnen und Journalisten. Die wichtigsten Ereignisse:
- Nach Angaben des ukrainischen Verteidigungsministeriums sind russische Einheiten in die Hauptstadt Kiew vorgedrungen, Außenminister Dmytro Kuleba berichtete zudem von "schrecklichen russischen Raketenangriffen" auf die Millionenstadt.
- In Kiew kam es nach Angaben von Bürgermeister Vitali Klitschko in der Nähe eines Kraftwerks zu fünf Detonationen gekommen. Näheres sei ihm bisher nicht bekannt.
- Das ukrainische Verteidigungsministerium sprach von 30 zerstörten russischen Panzern, 130 Panzerfahrzeugen, sieben Flugzeugen und sechs Hubschraubern, mehr als 1.000 russische Soldaten sollen getötet worden sein - all diese Angaben lassen sich aber nur schwer überprüfen. Der britische Verteidigungsminister Ben Wallace sagte, die russischen Truppen hätten 450 Kräfte verloren.
- Russland hat nach eigenen Angaben 211 ukrainische Militärobjekte "außer Gefecht" gesetzt. Zudem seien sechs ukrainische Kampfflugzeuge, ein Hubschrauber sowie fünf Drohnen abgeschossen und 67 Panzer zerstört worden.
- Laut UN sind nach dem Einmarsch Russlands bereits mehr als 100.000 Menschen innerhalb der Ukraine auf der Flucht - es werden bis zu vier Millionen ukrainische Flüchtlinge erwartet.
Putin sehe keine andere Möglichkeit, als den militärischen Eingriff. Gerade die jüngere Bevölkerung Russlands sähe dies skeptisch, so Anna Feist, ZDF- Korrespondentin in Moskau.
So reagieren Deutschland und die Welt
- Der Europarat hat Russland wegen des Angriffs auf die Ukraine suspendiert.
- Die EU und die USA verhängen Sanktionen gegen Putin und Lawrow, ihre Vermögen sollen eingefroren werden.
- Polen, Tschechien und Bulgarien sperren Luftraum für russische Maschinen
- Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat an Wladimir Putin appelliert, den Angriff auf die Ukraine sofort zu beenden. "Stoppen Sie den Wahnsinn dieses Krieges. Jetzt!", sagte Steinmeier am Freitag.
- US-Verteidigungsminister Lloyd Austin hat der Ukraine die weitere Unterstützung seines Landes zugesichert.
- Auch der britische Premierminister Boris Johnson hat weitere Unterstützung in den kommenden Tagen zugesagt.
Liveblog- Aktuelles zum Krieg in der Ukraine
Russlands Angriff auf die Ukraine dauert an. Es gibt Sanktionen gegen Moskau, Waffen für Kiew. Aktuelle News und Hintergründe zum Krieg im Blog.