Nun geht es diplomatisch Schlag auf Schlag: Die Nato befürchtet vorgetäuschte Angriffe, Biden eine baldige Invasion. Moskau weist Diplomaten aus und fordert US-Abzug aus Europa.
Die Nato beobachtet mit Beunruhigung Berichte über angebliche Angriffe gegen prorussische Separatisten in der Ostukraine. Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte nach Beratungen der Verteidigungsminister der Bündnisstaaten:
Man wisse nicht, was passiere, aber der russische Truppenaufmarsch im Grenzgebiet zur Ukraine sei der größte in Europa seit Jahrzehnten. Zugleich wisse man auch, dass es in der Ukraine viele russische Geheimdienstler gebe, die auch im Donbass aktiv seien. Und man habe Versuche gesehen, mit "Operationen unter falscher Flagge" einen Vorwand für eine Invasion der Ukraine zu schaffen
Blinken: Russland muss "Weg des Krieges verlassen"
US-Außenminister Antony Blinken rief Russland bei einer Rede im UN-Sicherheitsrat eindringlich auf, "den Weg des Krieges" zu verlassen und einen anderen Weg einschlagen, "solange dafür noch Zeit ist".
Blinken legte auch dar, wie Russland nach US-Einschätzung vorgehen würde. Moskau werde zunächst einen "Vorwand für einen Angriff" schaffen - eine Gewalttat, für die die Ukraine verantwortlich gemacht werde. Das könnte ein fingierter "terroristischer Bombenanschlag" in Russland, der Fund eines angeblichen Massengrabes in der Ukraine, ein vorgetäuschter Drohnenangriff auf Zivilisten oder "ein falscher oder sogar echter Angriff mit Chemiewaffen" sein.
Russische Medien hätten in den vergangenen Tagen bereits begonnen, entsprechende Falschnachrichten zu verbreiten.
In einem zweiten Schritt würde die russische Regierung "theatralisch zu Krisentreffen" zusammenkommen und erklären, Moskau müsse "russische Bürger oder ethnische Russen in der Ukraine verteidigen", sagte Blinken. Dann werde der russische Angriff starten.
Prorussische Separatisten werfen Ukraine Angriffe vor - und umgekehrt
Ostukrainische Separatisten hatten ukrainischen Regierungstruppen zuvor Verstöße gegen den geltenden Waffenstillstand vorgeworfen. Luhansker Rebellen teilten mit, vor allem in den Morgenstunden seien an mehreren Orten Dutzende Mörsergranaten abgefeuert worden.
Auch im Donezker Gebiet seien Stellungen der Aufständischen beschossen worden. Die Rebellen hätten das Feuer erwidert. Regierungsangaben zufolge sollen wiederum die Separatisten im Laufe des Tages mehr als 30 Mal gegen die Waffenruhe verstoßen haben.
Quelle: flightradar24.com
Biden befürchtet Einmarsch in Ukraine "in den nächsten paar Tagen"
US-Präsident Joe Biden befürchtet trotz aller Beteuerungen aus Moskau einen russischen Einmarsch in die Ukraine in den nächsten Tagen. Biden sagte, die Gefahr einer Invasion sei "sehr hoch", und nach seiner Einschätzung könne es "in den nächsten paar Tagen" dazu kommen. Auch Biden erwähnte, es gebe Grund zur Annahme, dass Moskau in Operationen unter falscher Flagge verwickelt sei.
Biden betonte zugleich, es gebe nach wie vor die Möglichkeit einer diplomatischen Lösung.
Moskau weist Vize-US-Botschafter aus Russland aus
Unterdessen wurde der stellvertretende US-Botschafter in Russland, Bart Gorman, aus dem Land ausgewiesen. Das Vorgehen Russlands sei grundlos, so das US-Außenministerium, "und wir betrachten dies als einen eskalierenden Schritt und erwägen unsere Reaktion".
Die US-Regierung forderte Russland auf, "die grundlose Ausweisung von US-Diplomaten und Mitarbeitern zu beenden". Es sei es wichtiger denn je, dass beide Länder über das notwendige diplomatische Personal verfügten, um die Kommunikation zwischen den Regierungen zu erleichtern.
London ist die Heimat großer Geldwerte von reichen Russen. Oft hinter Briefkastenfirmen versteckt. Das erschwert britische Sanktionen gegen Russland.
Russland fordert Abzug des US-Militärs aus weiten Teilen Europas
Außerdem forderte Moskau die USA zum Abzug ihrer Streitkräfte aus Zentral-, Ost- und Südosteuropa und aus dem Baltikum auf. So hieß es in einem Schreiben des russischen Außenministeriums:
Russland betonte außerdem, keinen Überfall auf die Ukraine zu planen. Bei dem Schreiben handelt es sich um die Antwort auf die schriftliche Reaktion der USA auf die von Russland geforderten Sicherheitsgarantien für Europa. Der Brief an die US-Seite beinhaltet auch das Angebot neuer Gespräche über Sicherheitsfragen in Europa.
Immer wieder ist es der russische Präsident Wladimir Putin, der sich getäuscht fühlt: Der Westen habe zugesichert, dass sich die NATO niemals nach Osten erweitere. Doch ist das richtig?
Zugleich verbat sich Moskau von Washington Einmischungen, wo Russland auf seinem Hoheitsgebiet Truppen stationieren dürfe. Die Bewegung russischer Streitkräfte, darunter auch entlang der ukrainischen Grenze, betreffe in keiner Weise die grundlegenden Interessen der Vereinigten Staaten.