Die Nato erwartet einen "vollständigen Angriff" Russlands auf die Ukraine. Auch die deutsche Verteidigungsministerin glaubt, dass Moskau alle Vorbereitungen getroffen hat.
Die Nato erwartet eine umfassende Attacke der russischen Armee auf das Nachbarland Ukraine. Nach Einschätzung von Verteidigungsministerin Christine Lambrecht hat Russland alle Vorbereitungen getroffen, um angreifen zu können. Die SPD-Politikerin sagte im ZDF heute journal:
Stoltenberg: Es kommen neue Truppen dazu
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte in den ARD-"Tagesthemen":
Russland hat nach US-Angaben rund 150.000 Soldaten an der Grenze zusammengezogen. Moskau streitet Angriffspläne aber ab. Die Regierung dort betont, dass nach dem planmäßigen Ende einiger Manöver inzwischen Truppen zurückgezogen worden seien. Stoltenberg, zurzeit Gast der Münchner Sicherheitskonferenz, widersprach.
Nato hofft auf politische Lösung
Es gebe außerdem Anzeichen, dass Russland sich darauf vorbereite, einen Vorwand für einen Angriff zu schaffen. Stoltenberg betonte, die Nato halte trotz der drohenden Eskalation weiter an einer politischen Lösung fest. "Wir wollen Russland dazu bringen, den Kurs zu ändern und sich mit uns zusammenzusetzen."
Zu einer von Russland strikt abgelehnten Nato-Mitgliedschaft der Ukraine sagte Stoltenberg, diese sei möglich, aber letztlich die Entscheidung von 30 Alliierten. Es gehe momentan weniger um eine Nato-Mitgliedschaft, sondern darum, "ob wir akzeptieren, dass eine Großmacht wie Russland versucht, einem anderen Land zu diktieren, was es tun kann und nicht tun kann - mit Gewalt."
Lambrecht betont Zusammenhalt der Nato
Verteidigungsministerin Christine Lambrecht begrüßte im ZDF die Entscheidung der Nato, die Bereitschaftszeiten für mehrere Zehntausend Soldaten der Militärallianz drastisch zu verkürzen. Auf die Frage, ob denn auch ein russischer Angriff auf Nato-Mitglieder, etwa die baltischen Staaten oder Polen, zu befürchten sei, sagte die Ministerin: "Die Bedrohung ist sehr groß in dieser Region." Und die Nato-Verbündeten hätten ein Anrecht, "entsprechend gesichert zu sein". Sie fügte hinzu:
Als Demonstration der Stärke hatte Russland am Samstag atomwaffenfähige Raketen getestet.
- Wie die USA weiter Druck machen
Die US-Regierung warnt, Russland sei bereit für den Einmarsch in die Ukraine. Mit dem Nationalen Sicherheitsrat will US-Präsident Biden heute über die Krise beraten.
US-Kongressabgeordneter: Deutschland soll Waffen an Ukraine liefern
Angesichts der Zuspitzung forderte der US-Kongressabgeordnete Jim Banks Deutschland auf, die Gas-Pipeline Nord Stream 2 sofort zu stoppen und Waffen an die Ukraine zu liefern. Der oppositionelle Republikaner im US-Repräsentantenhaus sagte der Nachrichtenagentur dpa am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz:
Viele Amerikaner zweifelten Deutschlands Verlässlichkeit an, sagte Banks. Er forderte konkret, dass Deutschland die Waffen an die Ukraine liefert, die die Regierung in Kiew fordert. Die USA haben der Ukraine seit Jahren immer wieder schwere Waffen zur Verfügung gestellt. Deutschland schließt das kategorisch aus.
Blinken: Putin erreicht das Gegenteil des Gewollten
US-Außenminister Tony Blinken äußerte sich verständnislos über die Motive von Kremlchef Wladimir Putin. Alles, was Putin angeblich verhindern wollte, habe er beschleunigt, sagte Blinken der "Süddeutschen Zeitung". So habe sich etwa die Mehrheit der Ukrainer von Russland abgewendet und befürworte nun eine Nato-Mitgliedschaft.
Und auch die Stärkung der Nato sei allein Ergebnis der "aggressiven Maßnahmen" Russlands. Blinken warnte Moskau eindringlich vor einem Einmarsch in die Ukraine und kündigte für diesen Fall erneut "viele schwere Sanktionen" gegen Russland an.
Zugleich erneuerte er aber auch sein Verhandlungsangebot. Er werde sich, wenn Russland nicht vorher mit dem Krieg beginne, am Mittwoch mit Russlands Außenminister Sergej Lawrow in Europa treffen. Er gehe aber davon aus, dass Putin seine Entscheidung für einen Krieg schon getroffen habe.
Zukunft der EU Thema bei Münchner Sicherheitskonferenz
An diesem Sonntag, dem dritten und letzten Tag der Münchner Sicherheitskonferenz, steht die Zukunft der Europäischen Union im Fokus. Auf dem internationalen Expertentreffen wird dazu auch EU-Ratschef Charles Michel sprechen. Außerdem diskutiert Lambrecht mit Kollegen über Sicherheitspolitik und die "Sprache der Macht".
- Krieg in der Ukraine
Russland unter Wladimir Putin führt einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Es gibt Sanktionen gegen Moskau und Waffenlieferungen an Kiew. Aktuelle Nachrichte...