Obwohl sie eine Generalamnestie angekündigt hatten, sollen die Taliban mehr als 100 ehemalige Regierungsbeamte und Ortskräfte getötet haben. Das geht aus einem UN-Bericht hervor.
Die radikalislamischen Taliban haben einem UN-Bericht zufolge seit ihrer Machtübernahmen im vergangenen August mehr als hundert ehemalige Beamte, Regierungsmitarbeiter und Ortskräfte in Afghanistan getötet. Das melden mehrere Nachrichtenagenturen übereinstimmend.
"Trotz der Ankündigung einer Generalamnestie" für Mitarbeiter von Regierung und Streitkräften habe die UN "glaubwürdige Anschuldigungen über Tötungen" sowie "gewaltsames Verschwindenlassen" erhalten, hieß es in dem Bericht von UN-Generalsekretär António Guterres.
UN-Bericht: Auch IS-Mitglieder getötet
Bei mehr als zwei Dritteln dieser Tötungen handelte es sich dem Bericht zufolge um "außergerichtliche Tötungen, die von den De-facto-Behörden oder ihren Verbündeten begangen wurden". Darüber hinaus seien "Menschenrechtsverteidiger und Medienschaffende weiterhin Angriffen, Einschüchterungen, Schikanen, willkürlichen Verhaftungen, Misshandlungen und Tötungen ausgesetzt".
Seit Monaten werden Menschen aus Afghanistan evakuiert. Und immer noch gibt es zahlreiche, die um Hilfe rufen.
In dem Bericht wird auch auf das harte Vorgehen der Taliban gegen friedliche Proteste sowie auf den mangelnden Zugang von Frauen und Mädchen zu Arbeit und Bildung hingewiesen.
Außerdem gebe es glaubwürdige Vorwürfe, dass mindestens 50 mutmaßliche Mitglieder der Extremistengruppe Islamischer Staat ohne Verfahren hingerichtet worden seien, meldet die Nachrichtenagentur Reuters.
Guterres schlage dem Sicherheitsrat unter anderem vor, eine neue Stelle zur Überwachung der Menschenrechtslage einzurichten.
Afghanische Bevölkerung hungert
Seit ihrer Rückkehr an die Macht geben sich die radikalislamischen Taliban nach außen moderater als während ihrer ersten Herrschaft von 1996 bis 2001. Das Land steckt in einer schweren humanitären Krise. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung muss nach UN-Angaben diesen Winter hungern.
Ausländische Hilfsmittel, die rund 80 Prozent des afghanischen Staatshaushalts ausmachten, waren nach der Machtübernahme der Islamisten eingefroren worden. Der Westen knüpft die Freigabe von Finanzmitteln an die Achtung der Menschenrechte durch die international nicht anerkannte Taliban-Regierung in Kabul.