Der Besuch von Israels Minister Ben-Gvir am Tempelberg hat für neue Spannungen zwischen Israelis und Palästinensern gesorgt. Im UN-Sicherheitsrat kam es zum Schlagabtausch.
Der israelische UN-Botschafter hat eine Dringlichkeitssitzung des Sicherheitsrats zum Besuch eines Ministers seines Landes am Tempelberg als "erbärmlich" bezeichnet.
Der 13-minütige Aufenthalt des neuen israelischen Ministers für Nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, an der heiligen Stätte sei nicht gewaltsam gewesen, habe nicht gegen den Status quo verstoßen und sei das Recht des Ministers als Jude, sagte Israels UN-Botschafter Gilad Erdan, der den Tempelberg als Minister selbst einst besuchte.
Die Einberufung des Treffens des Sicherheitsrats am Donnerstag sei "eine Beleidigung unserer Intelligenz" und "pathetisch". Das Gremium solle lieber zum Krieg in der Ukraine tagen oder zur Tötung von Demonstranten im Iran, empfahl er.
Sicherheitsrat besorgt
Vertreter der Palästinenser und ihre Unterstützer kritisierten Israel dagegen scharf dafür, den Besuch des ultranationalistischen Ministers an dem Ort als Trivialität darzustellen. Alle 15 Mitglieder des Sicherheitsrats drückten angesichts des Ministerbesuches und dessen möglicher Folgen ihre Sorge aus. Die Palästinenser hatten davor gewarnt, das Ereignis könne zu einem erneuten tödlichen Aufstand führen.
Der palästinensische UN-Botschafter Rijad Mansur sagte, Ben-Gvir, ein Siedler im Westjordanland, habe die Stätte nur besucht, um "seine extremistischen Ansichten zu verfolgen und den historischen Status quo zu beenden", unter dem es Juden seit der Einnahme des Gebiets im Sechstagekrieg 1967 gestattet ist, den Ort zu besuchen, aber nicht, dort zu beten.
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Erdan: Status quo nicht verletzt
Mansur drohte, wenn der Sicherheitsrat und die internationale Gemeinschaft den "extremistischen Minister eines extremistischen Staats" nicht daran hinderten, sein Vorhaben umzusetzen, Juden an dem von Muslimen als Al-Haram al-Scharif bezeichneten Ort beten zu lassen, und "das Völkerrecht und den historischen Status quo" nicht wahrten, "wird unser palästinensisches Volk es tun".
Erdan erklärte, Israel habe den Status quo weder verletzt noch beabsichtige es, dies zu tun.
"Dies ist purer Antisemitismus", so der Botschafter weiter.
Mansur sagte dem Sicherheitsrat, den Palästinensern gehe die Geduld aus. Israels Beharrlichkeit werde nicht zu ihrer Aufgabe, sondern zum Aufstand führen
Spannungen nach Tempelberg-Besuch von Ben-Gvir
Ben-Gvir hatte den Tempelberg bei seinem Besuch am Dienstag als "wichtigsten Ort für das jüdische Volk" beschrieben und "rassistische Diskriminierung" mit Blick auf Besuche von Juden dort beklagt.
Vor dem Hintergrund des Felsendoms sagte er in eine TV-Kamera, Besuche würden andauern. In der Vergangenheit hat sich der Minister nach UN-Angaben bei der Sitzung für Veränderungen des Status quo am Tempelberg eingesetzt.
Einberufen worden war das Treffen im Sicherheitsrat auf Betreiben der Palästinenser, der Vereinigten Arabischen Emirate, Chinas, Frankreichs und Maltas. Alle Mitglieder des Sicherheitsrats sprachen sich bei der Sitzung für einen Beibehalt der bestehenden Regelungen am Tempelberg aus.
US-Botschafter: Unterstützung für "historischen Status quo'"
Der stellvertretende US-Botschafter bei den Vereinten Nationen, Robert Wood, unterstrich die entschiedene Unterstützung von US-Präsident Joe Biden für "den historischen Status quo'".
Wood sagte, die USA, die Israels engster Verbündeter sind, hätten den Ruf des Blocks von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu nach einer Bewahrung des Status quo zur Kenntnis genommen. "Wir erwarten, dass die Regierung Israels dieser Verpflichtung nachkommt." Auch die Möglichkeit einer Zweistaatenlösung in dem Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern müsse gewahrt werden.
- Ben Gvirs Provokation auf dem Tempelberg
Ben Gvirs Provokation auf dem Tempelberg dürfte nicht die letzte gewesen sein. Dass Netanjahu den als rechtsextrem Verurteilten zum Minister gemacht hat, stößt auf breite Kritik.