Alle gegen alle: Die Spannungen in der Union nehmen zu. Und das vor den Augen der Öffentlichkeit. Selbst potentielle Koalitionspartner bekommen den Druck zu spüren.
Auch die Union hat nun die ersten Sondierungstermine mit FDP und Grünen. Ausgerechnet vor den Gesprächen mit dem "Wunschpartner" FDP steigen die internen Spannungen. In der CDU äußern Politiker Zweifel an der künftigen Rolle von Parteichef Armin Laschet - und mögliche Nachfolger geraten aneinander. Zudem gibt es fast täglich Nickeligkeiten mit der CSU in München.
"Die Parteiinternen Kritiker werden zahlreicher", sagte ZDF-Korrespondent Koll. Laschet werde sich so lange halten können, wie die CDU an der Jamaika-Option festhalte.
Viele Grüne und Liberale zweifeln inzwischen offen, ob Gespräche mit einer immer zerstrittener wirkenden Union noch Sinn haben. Dabei haben beide sogar ein Interesse daran, die Jamaika-Karte im Spiel zu halten.
Problem Laschet und die potentiellen Nachfolger
Doch Unions-Kanzlerkandidat Laschet war schon vor der Wahl umstritten - und nicht nur von dem, in der Kandidaten-Kür unterlegenen, CSU-Chef Markus Söder ständig infrage gestellt worden. Seit dem Wahlsonntag hat sich die interne und öffentliche Kritik an ihm noch verstärkt, obwohl die Parteigremien und die neue Bundestagsfraktion Laschet das Mandat für Jamaika-Sondierungen gaben.
Hinter den Kulissen gärt es weiter - und auch Unterstützer rücken von ihm ab. Dieser Trend verstärkt sich, je klarer scheint, dass die Union eher in die Opposition gehen dürfte. Mit dieser Option freunden sich etwa Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer oder Friedrich Merz mittlerweile öffentlich an. Das führt zu Absetzbewegungen gerade bei denen, die selbst auf Fraktions- oder Parteispitze schielen. Selbst Gesundheitsminister Jens Spahn, der Laschets Wahl zum Parteichef und Kanzlerkandidaten unterstützt hatte, rückt mit jedem Interview ein wenig stärker ab.
Zustimmung für Ampel wächst
Die Hoffnung jedenfalls, das Hochhalten der Jamaika-Option könne die Union stabilisieren, hat sich nicht erfüllt. Im Gegenteil: Im ZDF-Politbarometer wächst die Zustimmung der Deutschen für die SPD, Olaf Scholz und eine Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP noch weiter. Ein CDU-Bundesvorstandsmitglied räumt ein:
So gerieten auch Merz und CDU/CSU-Fraktionschef Ralph Brinkhaus aneinander. Die Folge: Die Sondierungen beginnen zwar mit Laschet. Aber dass er im Fall eines erfolgreichen Abschlusses noch Kanzler werden könnte, glauben immer weniger in der CDU. Im Laschet-Lager hofft man dagegen, dass sich die Debatte ändert, wenn es in den Ampel-Gesprächen erst einmal um Inhalte und Widersprüchlichkeiten der Positionen von SPD und FDP gehe.
Problem CSU
Dazu kommt, dass die CSU fast täglich Attacken auf Laschet und gegen Jamaika reitet - diese aber gleichzeitig dementiert. "Die Partei wirkt schizophren", heißt es aus der CDU. Einerseits beteuerten sowohl Parteichef Söder als auch CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, dass sie Jamaika wollten. "Jamaika hat eine Chance, Jamaika ist eine Chance", betonte auch CSU-Generalsekretär Markus Blume. Andererseits glauben dies der CSU immer weniger. So heißt es etwa:
Dass Söder selbst in letzter Minute als "Ersatzmann" für Laschet als Jamaika-Kanzler einspringen könnte, wird von CDU-Parlamentariern abgetan. Viele in der Bundestagsfraktion, so heißt es, würden auch ihn nach den letzten Monaten in der geheimen Wahl nicht wählen.
Vergrault die CSU noch die Königsmacher?
CSU-Generalsekretär Blume wiederum bringt mit einem Tweet den möglichen Koalitionspartner FDP gegen sich auf, als er twittert, die CSU hätte auch früher sondieren können. Daraufhin twittert die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann zurück:
Sowohl bei FDP und Grünen heißt es, dass man an der Verlässlichkeit der CSU als Partner zweifle. Anders als die CDU sind beide Parteien jahrzehntelange Dauersticheleien und Doppeldeutigkeiten aus München nicht gewohnt - und sie haben mit der SPD jetzt eine Alternative.
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