Uniper-Chef Maubach verteidigt im ZDF die Gasumlage, schließt aber auch nicht aus, dass sie nochmals erhöht werden muss. Allerdings seien die Gasspeicher jetzt relativ gut gefüllt.
ZDF: Ihre Firma Uniper ist in aller Munde, sorgt für Krisensitzungen der Bundesregierung, weil sie aktuell Unsummen von Steuergeldern verbrennen. Können Sie denn noch ruhig schlafen angesichts der Situation?
Maubach: Wir wenden in der Tat viel Geld der Steuerzahler auf. Sie haben es angesprochen. Das ist so. Aber wir wenden das Geld auf, damit wir in dem Geschäft, in dem wir tätig sind, unsere Lieferketten aufrechterhalten können. Wir haben viele Stadtwerke als Kunden, viel Großkunden in der Industrie. Und damit die weiter mit Gas beliefert werden können, zu den Preisen und mit den Mengen, die sie bei uns geordert haben, müssen wir dieses Geld aufwenden.
ZDF: Das sind ja Summen, bei denen einem schwindlig wird. Also mir geht es auf jeden Fall so. Ich denke Ihnen geht es möglicherweise genau so. Damit man den Überblick nicht verliert. Versuchen wir doch mal ein Preisschild, vielleicht draufzumachen. Sie bekamen Mitte August fünf Milliarden vom Staat aus einer Kreditlinie. Zwei Wochen später waren die weg. Jetzt haben sie die Kreditlinie von neun Milliarden insgesamt ausgeschöpft und wollen weitere vier Milliarden neu dazu haben. Wie lange wird das denn reichen?
Maubach: Na, ich hoffe, dass uns das die Brücke baut in den nächsten Winter. In der Tat sind es astronomisch hohe Summen. Es ist allerdings auch so, dass wir an den Märkten Explosionen der Energiepreise erleben. Das ist eine große Belastung für unsere Industrie, aber am Ende auch eine große Belastung für unsere Kunden, für Industriekunden. Ich sage es schon, eben auch für alle anderen Kunden. Es kommt ja auch eine große Preiswelle auf uns zu. Insofern sind das Preiserhöhungen, die sich hier indirekt, wenn Sie so wollen, schon ankündigen.
ZDF: Herr Maubach, Sie sagen, das bringt Sie über den Winter - aber doch nur, wenn auch noch die Gas-Umlage dazukommt. Die soll aktuell etwa 34 Milliarden bringen, zwei Drittel davon allein an ihr Unternehmen. Aber angesichts der Situation, in der Sie im Moment Gelder verbrennen, ist doch jetzt bereits absehbar, dass auch diese Gas-Umlage noch einmal erhöht werden muss, oder?
Maubach:
[...] Das wird sich zeigen, ob sie wirklich erhöht werden muss. Es hängt ab von den Preisen an den Märkten, in dem Fall an den Gasmärkten. Das kann sein, wie gesagt, wenn diese sehr, sehr hohen Preisniveaus, die wir derzeit erleben, sich fortsetzen, gibt es eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass die Gasumlage erhöht werden muss. Aber es gibt auch gute Signale, was die Gasmärkte angeht, zum Beispiel die Tatsache, dass wir unsere Gasspeicher schon relativ gut gefüllt haben.
ZDF: Ihr Mutterkonzern ist ein finnischer Energiemulti, dessen Geschäft läuft noch mit Gewinn aktuell. Wie fühlt sich das an, wenn man von der Mutter alleingelassen wird?
Maubach: Nein, wir werden nicht von der Mutter alleingelassen. Unser Großaktionär, die finnische Fortum, hat uns über die Maßen finanziell unterstützt. Es ist nur jetzt so, dass deren finanzielle Möglichkeiten erschöpft sind. Und das ist der Grund, warum wir um Staatshilfe gebeten haben, im Sommer diesen Jahres.
ZDF: Na ja, alles, was man aus Helsinki hört, das ist so eine Art "Rette sich, wer kann"-Stimmung. Die wollen, zumindest hört man das, Uniper am besten los werden.
Maubach: Den Eindruck habe ich nicht. Ich glaube, wir arbeiten nach wie vor gut zusammen. In der Tat brauchen wir jetzt für das Rettungspaket bei Uniper nicht nur die Bundesregierung, wir brauchen auch Fortum. Fortum ist bei uns 80-prozentiger Aktionär. Ohne Zustimmung von Fortum wird es ein solches Rettungspaket nicht geben. Und alle drei Parteien arbeiten gut zusammen, um dieses Rettungspaket auf die Beine zu stellen.
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ZDF: Welche Zukunft hat Juniper jenseits der Staatshilfe noch?
Maubach: Die Tatsache, dass Gazprom die Verträge, die wir geschlossen haben, nicht einhält, bedeutet nicht, dass das Geschäftsmodell nicht funktioniert. Wir sind ja nicht nur mit Gazprom vertraglich verbunden. Wir haben auch viele andere Lieferverträge. Wir kaufen Gas in Aserbaidschan, kaufen Gas in den Niederlanden. Wir kaufen als größter Händler von verflüssigtem Erdgas in Deutschland weltweit verflüssigtes Erdgas ein, bringen es nach Europa auch in andere Teile der Welt.
Also dieses Geschäftsmodell, das funktioniert schon noch sehr gut. Es ist so, wie der Kanzler sagte, wir haben eine Zeitenwende durch den Ukraine Krieg. Und das bedeutet eben für uns auch eine Zeitenwende in den Lieferbeziehungen mit Gazprom. Gazprom hat seine Verträge mit uns gebrochen, und das bringt uns in diese schwierige Lage.
ZDF: Uniper ist mit Abstand der größte Abnehmer von russischem Gas gewesen. Sie hatten selbst indirekt einen Draht gehabt zum Gazprom-Chef. Haben Sie von dem eigentlich mal was gehört?
Maubach: Natürlich ist es so, dass wir als großer Kunde von Gazprom regelmäßigen Kontakt hatten, muss ich heute sagen, mit der Gazprom-Führung. Da geht es um Preisverhandlungen und wichtige Fragen der Verträge. Wir haben auch vor den Lieferkürzungen miteinander gesprochen. Seitdem muss ich sagen, gibt es Funkstille.
Deswegen müssen wir alle Möglichkeiten jetzt in Betracht ziehen und vorangehen, um zu unserem vertraglichen Recht zu kommen.
ZDF: Sie bekommen weniger Gas als zugesagt von Gazprom und müssen gleichzeitig an dieselbe Gazprom Mondpreise bezahlen. Was ist das für ein Gefühl?
Maubach: Das ist wahr. Das sind sehr, sehr hohe Preise. Sie haben sich in den letzten zwei Jahren verzwanzigfacht. Das ist ein irrer Preissprung, und es ist natürlich so, dass diese Verteuerung durch die Verknappung entstanden ist, durch die Verknappung von russischem Erdgas nach Deutschland.
Aber es ist ein Ergebnis des Krieges, den Russland begonnen hat, als Russland die Ukraine überfallen hat.
Das Interview führte heute journal-Moderator Christian Sievers.
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