Sollte der Staat Uniper quasi übernehmen, könnte die Gasumlage kippen. Und die Senkung der Mehrwertsteuer auf Energie gleich mit? Die Koalition ringt um die Folgen.
Viermal fällt in dem kurzen Gespräch mit Journalisten der eine Satz, nur wenig variiert: "Die Schlussfolgerungen werden wir in den nächsten Tagen ziehen." Oder: "Entsprechende Schlussfolgerungen innerhalb der Koalition" würden jetzt bald getroffen. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich will vor der Sitzung seiner Bundestagsfraktion am Nachmittag offensichtlich eine Botschaft loswerden: Das mit der Gasumlage, das sehen wir noch.
Staat könnte Anteile an Uniper "signifikant" erhöhen
Knapp zwei Stunden später gab der Gaskonzern Uniper bekannt, was seit fast einer Woche als Gerücht umher wabert und vermutlich schon bald offiziell werden könnte: Das Düsseldorfer Unternehmen und der Bund verhandeln über eine "signifikante Mehrheitsbeteiligung" des Staates, wie es in der Ad-hoc-Mitteilung von Uniper heißt.
Signifikant könnte heißen: Uniper wird quasi-verstaatlicht, indem der Bund das Konzern-Kapital mit acht Milliarden Euro aufstockt und den vom finnischen Mutterkonzern Fortum gehaltenen Anteil von 78 Prozent kaufen könnte.
In der Folge könnte das bedeuten: Die Gasumlage von 2,4 Cent pro Kilowattstunde, die eigentlich schon ab Oktober die Gaspreise immens in die Höhe schraubt, könnte gestrichen werden. Denn rechtlich wäre es problematisch, dass ein Staatskonzern durch eine Umlage mitfinanziert wird.
Was auch sein könnte: Die Gasumlage wird durch ein anderes finanzpolitisches Instrument ersetzt, denn Uniper ist nicht der einzige Gaskonzern, der Hilfe braucht. Auch VNG Leipzig musste schon gestützt werden.
So oder so: Um die Gasumlage ist ein kräftiges Durcheinander entstanden. Und dass Energieversorger sie in ihren neuen, hohen Abschlagsrechnungen von den Verbraucherinnen und Verbrauchern schon verlangen, ist nicht rechtens.
Grüne: Trittbrettfahrer-Problem gelöst
Die Gasumlage befinden sich momentan offiziell auf Wiedervorlage im Bundeswirtschaftsministerium. Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) wollte durch sie den Gasmarkt stabilisieren: Weil Uniper kein billiges Gas mehr aus Russland, sondern teureres auf dem Weltmarkt einkaufen muss, sollten die Preise durch eine solidarische Umlage von allen Endverbrauchern gestützt werden und so die kommunalen Stadtwerke retten.
Habecks Ministerium arbeitet immer noch an dem Problem, dass auch Unternehmen, die in anderen Energiesparten Gewinn machen, von der Gasumlage profitieren könnten. Grünen-Fraktionschef Katharina Dröge sagte am Dienstag: Habeck habe mit der EU eine Lösung gefunden, Profiteure auszuschalten. Offiziell ist das noch nicht. Fraglich ist, ob an der Novelle der Gasumlage überhaupt noch ernsthaft gearbeitet wird.
Ministerium sieht "abzeichnenden Stabilisierungsbedarf"
Medieninformationen zufolge gibt es von Habeck selbst Zweifel, ob finanzverfassungsrechtlich die Gasumlage überhaupt auf den Weg gebracht werden kann. Prüfen muss das aber das Bundesfinanzministerium, also Minister Christian Lindner (FDP). Sollte Uniper verstaatlicht werden, dann steht ohnehin die ganze Gasumlage vor dem Aus.
Das Ministerium drückt das etwas kryptischer aus: "Natürlich muss man auch im Blick behalten, wie sich der sich abzeichnende Stabilisierungsbedarf von systemrelevanten Unternehmen auf dem Gasmarkt auswirkt, welche Fragen er aufwirft und welche Antworten nötig sind."
Grünen-Fraktionschefin Dröge bleibt auch lieber vage: "Sollte sich die Rechtsnatur der Unternehmen ändern, die von der Gasumlage profitieren, dann ist es natürlich so, dass man auch die Rechtsnatur der Umlage noch einmal bewerten muss."
FDP glaubt sich fein raus
Viele Fans in der Bundesregierung hat die Gasumlage ohnehin nicht. SPD-Fraktionschef Mützenich sprach heute auch von Experten, die man am Freitag noch einmal hören wolle - "eigene" und "seine", also die von Habeck. Gegen Verstaatlichung habe man, so Mützenich, ohnehin nichts: "Wenn jetzt andere auch zu dieser Überzeugung kommen sollten, dass dies der richtige Weg ist, werden wir dies unterstützen."
Ob mit der Gasumlage auch die Absenkung der Mehrwertsteuer auf sieben Prozent kippt? Auch das werde beraten, sagt Mützenich.
Die FDP glaubt sich indes fein raus. "Die Gasumlage war nicht unser Vorschlag", betonte FDP-Fraktionschef Christian Dürr. Man brauche eine "Gasumlage, die so gemacht ist, dass sie die Preise senkt und vernünftig funktioniert". Die "technische Umsetzung", so Dürr, sei Habecks Aufgabe. Die finanzielle die der FDP. Da Lindner in dieser Woche den Gesetzentwurf zur Senkung der Mehrwertsteuer auf sieben Prozent in den Bundestag einbringe, hätten laut Dürr die Liberalen ihren Teil folglich erledigt.
Vielleicht ist die Sache aber auch schon früher erledigt. Wenn vielleicht schon morgen Habeck die Uniper-Entscheidung mitteilt. Und wenn nicht: Dann will die Union noch einmal im Bundestag eine Mehrheit für ihren Antrag auf eine sofortige Abschaffung der Gasumlage bekommen. Wie die AfD auch. Und wie vorher schon einmal die Linke. Alle ohne Erfolg übrigens.
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