Bundesverfassungsgericht: Masern-Impfpflicht ist rechtens
Bundesverfassungsgericht urteilt:Masern-Impfpflicht ist rechtens
18.08.2022 | 11:02
|
Seit März 2020 gibt es in Deutschland eine Masern-Impfpflicht u. a. in Kitas und Schulen. Das Bundesverfassungsgericht hat nun die Klagen mehrerer Familien dagegen zurückgewiesen.
Ins Klassenzimmer, in die Kita oder zur Tagesmutter: Das geht seit März 2020 nur noch mit einem Nachweis über die Masern-Impfung. Wer seine Kinder trotzdem in die Schule schickt, muss mit saftigen Bußgeldern rechnen. Einige Eltern wollten die Masern-Impfpflicht gerichtlich kippen - und sind nun damit gescheitert: Das Bundesverfassungsgericht hat das Gesetz für rechtens erklärt. Die Entscheidung wurde am Donnerstag schriftlich mitgeteilt.
Impfpflicht trotz Eingriff in persönliche Rechte verhältnismäßig
Die Karlsruher Richter stellten fest, dass die Impfpflicht zwar einen Eingriff in das Elternrecht und das Recht der Kinder auf körperliche Unversehrtheit darstelle. Doch dienten die Vorschriften dem Schutz vulnerabler Gruppen, die sich nicht selbst gegen Masern impfen lassen könnten. Deshalb sei der Eingriff in die Grundrechte der Eltern und der Kinder verhältnismäßig. Geklagt hatten vier betroffene Familien mit kleinen Kindern.
Bereits vor zwei Jahren waren Eltern mit ihrem Eilantrag vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert, mit dem sie das Inkrafttreten der Impfpflicht bis zur endgültigen Entscheidung über ihre Verfassungsbeschwerde verhindern wollten.
Im Fokus stehen vor allem Gemeinschaftseinrichtungen wie Kitas, Schulen und auch Flüchtlingsunterkünfte. Umfasst sind auch die Beschäftigten, also zum Beispiel Lehrerinnen und Erzieher. Das Personal in Krankenhäusern oder Arztpraxen muss ebenfalls gegen die Masern geimpft oder immun sein.
Seit 1. März 2020 dürfen Kitas Kinder ab einem Jahr nur noch aufnehmen, wenn sie geimpft sind oder schon die Masern hatten. Bei Tagesmüttern gelten dieselben Regeln. Eltern bereits betreuter Kinder hatten bis 31. Juli 2022 Zeit, den Nachweis vorzulegen. Von der Schule wird wegen der Schulpflicht zwar kein Kind ausgeschlossen. Den Eltern drohen aber Bußgelder von bis zu 2.500 Euro. Eine Ausnahme von der Impfpflicht gilt für Menschen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können.
Experten warnen vor dem Trugschluss, die Masern seien nur eine harmlose Kinderkrankheit. Es kann zu Komplikationen kommen und das Immunsystem bleibt für längere Zeit geschwächt. Eine seltene Spätfolge ist eine Gehirnentzündung, die fast immer tödlich endet.
Vor allem nach der ersten der insgesamt zwei vorgeschriebenen Impfungen können Reaktionen wie Fieber und Kopfschmerzen auftreten. Manche Geimpfte bekommen auch Hautausschlag, die sogenannten Impfmasern. "Schwere unerwünschte Wirkungen der Impfung sind selten", heißt es auf dem Informationsportal des Bundes.
Ausgenommen sind alle, die vor 1971 geboren sind. Bei den Älteren geht man davon aus, dass sie höchstwahrscheinlich sowieso einmal die Masern hatten. Denn die Impfung wird in der Bundesrepublik erst seit 1974 empfohlen. In der DDR war sie seit 1970 für Kinder Pflicht.
Impfpflicht gegen Masern soll Schutz vor Virus verbessern
Die Impfpflicht gegen Masern in Gemeinschaftseinrichtungen wie Kitas und Schulen wurde zum März 2020 eingeführt, um den Schutz gegen die hochansteckende Virusinfektion zu verbessern. Kitas dürfen demnach Kinder ab einem Jahr nur noch aufnehmen, wenn sie geimpft sind oder schon die Masern hatten.
Von der Schule wird wegen der Schulpflicht zwar kein Kind ausgeschlossen, wenn es nicht geimpft ist. Den Eltern drohen aber Bußgelder von bis zu 2.500 Euro.
Experten gehen davon aus, dass das Masernvirus erst dann keine Chance mehr hat, wenn flächendeckend mindestens 95 Prozent der Bevölkerung geimpft sind. Das ist noch nicht erreicht.
Bundesgesundheitsminister begrüßt Entscheidung aus Karlsruhe
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) bezeichnete die Bestätigung der Masern-Impfpflicht als "gute Nachricht für Eltern und Kinder".
Eine Masernerkrankung ist lebensgefährlich - für die Erkrankten und ihr Umfeld.
Karl Lauterbach, Bundesgesundheitsminister
Es sei deshalb Aufgabe des Staates, Infektionen in Gemeinschaftseinrichtungen wie Kitas oder Schulen zu vermeiden.
Bis Sonntag hatten Eltern, Lehrer oder Erzieher Zeit, Masern-Impfnachweise nachzureichen. Von Montag an drohen Konsequenzen: Kinder könnten vom Kita-Besuch ausgeschlossen werden.