Neuer US-Kongress tagt: Zitterpartie im Repräsentantenhaus?

    Neuer US-Kongress tagt:Zitterpartie im Repräsentantenhaus?

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    Die erste Sitzung des US-Kongresses nach der Wahl ist eigentlich eine Angelegenheit mit vielen Förmlichkeiten. Im Repräsentantenhaus bahnt sich allerdings eine Zerreißprobe an.

    In Washington hat sich der neue US-Kongress konstituiert, damit haben die Republikaner die Kontrolle im Repräsentantenhaus übernommen. Im Repräsentantenhaus eröffnete ein Geistlicher die erste Sitzung mit einem Gebet. Im Anschluss begann ein dramatischer Wahlkrimi um den mächtigsten Posten im amerikanischen Parlament. Der Fraktionschef der Republikaner, Kevin McCarthy, will sich zum Vorsitzenden der Parlamentskammer wählen lassen.
    Seine Parteikollegin Elise Stefanik nominierte den 57-Jährigen. Er sei ein "erfahrener Abgeordneter, eine erfahrene Führungspersönlichkeit, ein Freund für so viele von uns, ein stolzer Konservativer mit einer unermüdlichen Arbeitsmoral", sagte sie.

    Notwendige Mehrheit für McCarthy unsicher

    McCarthy bekommt jedoch Gegenwind aus seiner eigenen Partei, weshalb seine Wahl angesichts der knappen Mehrheitsverhältnisse nicht sicher ist. Der Posten, den in den vergangenen Jahren die Demokratin Nancy Pelosi besetzte, steht in der staatlichen Rangfolge der USA an dritter Stelle nach dem Präsidenten und dessen Vize.
    In einer Fraktionssitzung hinter verschlossenen Türen gelang es McCarthy nicht, konservative Zweifler von sich zu überzeugen. Kritiker McCarthys warfen dessen Anhängern vor, diese hätten versucht, sie in der Sitzung niederzumachen. "Es gibt eine Person, die das alles hätte ändern können, sagte der Vorsitzende des rechten Freedom Caucus, Scott Perry. Die Gruppe erklärte, McCarthy sei auf ihr letztes Angebot nicht eingegangen.
    McCarthy kündigte an, sich notfalls mehreren Wahlgängen zu stellen. "Womöglich bekommen wir einen Kampf auf dem Parkett, aber es ist ein Kampf für die Versammlung und das Land", sagte er. Mehrere Wahlgänge könnte sich zu einem längeren Zwist auswachsen, der die Republikaner als zerstritten dastehen lassen würde. Aus den Reihen der Demokraten hieß es erwartungsfroh: "Lasst die Show beginnen!"

    Vorsitzenden-Wahl: Die Zahlen

    Bei der Kongresswahl Anfang November waren alle 435 Sitze im Repräsentantenhaus neu vergeben worden. Die Republikaner erreichten eine knappe Mehrheit von 222 Sitzen. 212 Sitze stellen die Demokraten. Ein Sitz ist noch offen, da ein Abgeordneter kurz nach der Wahl starb. Maximal 434 Stimmen sind also zu vergeben.
    Für die Vorsitzenden-Wahl ist im einfachsten Szenario eine Mehrheit von 218 Stimmen nötig - falls alle 434 neu gewählten Parlamentarier anwesend sind und einem Kandidaten ihre Stimme geben. Sollten sich einige von ihnen enthalten, wäre die nötige Mehrheit kleiner. Sollte McCarthy im ersten Wahlgang durchfallen und weitere Wahlgänge nötig sein, käme das einer kleinen Sensation gleich. Es wäre das erste Scheitern eines Kandidaten für den Vorsitz in der Kammer seit 1923. Üblicherweise ist die Wahl eine Formalie.

    Ohne geklärten Vorsitz geht nichts

    Nach wenigen formalen Schritten ist die Vorsitzenden-Wahl der erste große Tagesordnungspunkt der Sitzung. Bis der Vorsitz geklärt ist, geht gar nichts: Die Kongresskammer kann nicht ihre Arbeit aufnehmen, nicht mal die neuen Abgeordneten können vereidigt werden.
    Doch schon die Zitterpartie für McCarthy im Vorfeld sticht nun heraus und schwächt ihn, selbst wenn er am Ende erfolgreich sein sollte bei der Abstimmung. Aus McCarthys Umfeld hieß es laut dem Sender CNN, er werde nicht aufgeben und wolle im Zweifel auch mehrere Wahlgänge durchziehen. Das könnte sehr lange dauern. Jeder Wahlgang ist langwierig, weil alle Abgeordneten einzeln aufgerufen werden, um ihren Wunsch-Kandidaten zu benennen.

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    Kommentar

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