Chef der US-Luftwaffe bei Bundeswehr: Visite mit Symbolkraft

    US-Luftwaffenchef bei Bundeswehr:Visite mit Symbolkraft

    Ines Trams
    von Ines Trams
    12.07.2022 | 07:18
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    Die Chefs der deutschen und US-Luftwaffe haben in Rostock eine engere Zusammenarbeit vereinbart. Es war eine Visite, die ein Signal aussenden sollte - an die Welt und an Putin.

    Charles Brown Jr. (M), Stabschef der US-Luftstreitkräfte, und Ingo Gerhartz (l), Generalleutnant der Luftwaffe, werden nach ihrer Ankunft am Flughafen Rostock-Laage begrüßt.
    Charles Brown Jr. (M) und Ingo Gerhartz (l) nach ihrer Ankunft in Rostock-Laage.
    Quelle: Monika Skolimowska/dpa

    Im grünen Overall klettert der Chef der US-Luftstreitkräfte aus dem Eurofighter. Es war sein erster Flug im Kampfflugzeug der Europäer. "Wie war’s?", wird General Charles Brown als Frage zugerufen. "Well," lacht der Amerikaner.

    Es ist nicht unsere F-16. Aber es ist gut, andere Maschinen zu fliegen. Denn ein paar Dinge sind anders. Und nur so kommen wir zueinander, können wir uns besser verstehen und besser kooperieren.

    Charles Brown, Chef der US-Luftstreitkräfte

    Darum ging’s bei diesem Besuch von Brown bei den Deutschen – Kooperation zu stärken, und vor allem die Botschaft nach draußen zu senden, an die Öffentlichkeit, die Welt und an Putin: Wir stehen zusammen. "Together we are stronger" - die Überschrift dieser Visite.

    General Brown fliegt im Eurofighter

    Gemeinsam mit dem Inspekteur der Luftwaffe, Generalleutnant Ingo Gerhartz besuchte Brown den Fliegerhorst Laage in Mecklenburg-Vorpommern das Taktische Luftwaffengeschwader 73 "Steinhoff", das in den Schutz der Nato-Ostflanke eingebunden ist - einer von vier Eurofighter-Standorten der Luftwaffe. Dort findet auch die Eurofighter-Ausbildung statt.
    US-General Brown (l.) besucht das Taktische Luftwaffengeschwader 73
    US-General Brown (l.) sitzt im Kampfflugzeug Eurofighter Typhoon und wird auf den Flug vorbereitet.
    Quelle: Monika Skolimowska/dpa

    Brown - selbst Kampfpilot - flog in einem zweisitzigen Eurofighter auf dem Trainingssitz in der zweiten Reihe mit. Gerhartz begleitete ihn in einer zweiten Maschine. Der Flug ein Symbol für den Zusammenhalt: Wir stocken gemeinsam auf. Wir sind bereit. Aber auch eine Botschaft der Amerikaner an Deutschland: Wir erwarten was von Euch auf dem Weg der von Kanzler Olaf Scholz proklamierten "Zeitenwende".

    "Zeitenwende" ist auch bei Brown angekommen

    Brown ist verantwortlich für Training, Ausbildung und Ausrüstung von rund 689.000 Soldaten, Zivilbeschäftigten und Reservisten der US-Luftwaffe. Er ist der erste Schwarze auf diesem Posten. Er ist sehr verbunden mit Deutschland - als Zwölfjähriger war er das erste Mal hier, als Sohn eines US-Soldaten, der in Deutschland stationiert war.
    Das Wort "Zeitenwende" ist auch bei Brown angekommen, er nennt es "turning point". Das Zwei-Prozent-Ziel, zu dem sich Deutschland nun definitiv verpflichtet hat, lobt er, auch die Waffenlieferungen an die Ukraine. Eine Enttäuschung darüber, dass die Deutschen zu zögerlich lieferten, ist ihm vor der Kamera nicht zu entlocken.
    Mecklenburg-Vorpommern, Laage: Das Kampfflugzeug Eurofighter Typhoon mit Charles Quinton Brown Jr., US-General und Stabschef der Luftstreitkräfte der Vereinigten Staaten
    Eurofighter Typhoon mit US-General Charles Brown an Bord startet vom Flughafen Rostock-Laage.
    Quelle: Monika Skolimowska/dpa

    USA erhoffen sich deutsche Führungsrolle

    Es ist in der gesamten mitreisenden Delegation aus dem Pentagon, dem US-Verteidigungsministerium spürbar: Die Amerikaner sind erleichtert, dass in Deutschland so etwas wie eine Zeitenwende eingeläutet wurde. Und sie hoffen, dass Deutschland eine Führungsrolle in Europa einnimmt.
    Es wird nicht offen ausgesprochen, doch der Anspruch ist da. "You can do it", heißt es aus der Delegation, typisch amerikanischer Optimismus, angelehnt an Barack Obamas Leitspruch "Yes, we can."

    US-General: Gespräche über Verstärkung der Ostflanke laufen

    US-Präsident Joe Biden hatte Ende Juni auf dem Nato-Gipfel in Madrid eine verstärkte Truppenpräsenz angekündigt - mit der Ostflanke der Nato als Schwerpunkt. Das Weiße Haus hatte dazu mitgeteilt, in Deutschland und Italien würden zusätzliche Kräfte zur Luftverteidigung stationiert, in die Bundesrepublik sollen demnach etwa 625 zusätzliche Soldaten entsandt werden.
    In Polen sollen "die ersten permanenten US-Truppen an der Ostflanke der Nato" stationiert werden - bislang sind sie dort auf Rotationsbasis. Brown sagte nur, über die genaue Struktur der verstärkten Truppenpräsenz liefen Gespräche mit den europäischen Verbündeten.
    Die Nato habe schnell zusammengefunden und nutze ihre Fähigkeiten. "All das Training diente dazu, für Momente wie diese bereit zu sein. Der Schlüsselpunkt ist die Verteidigung der Nato und des Nato-Gebietes."

    Mehr Zusammenarbeit der Luftstreitkräfte

    Brown und Gerhartz betonten, dass Deutschland und die USA die Zusammenarbeit ihrer Luftstreitkräfte als Antwort auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine ausbauen wollen.
    Die geplante Anschaffung des Tarnkappenjets F-35 mache Deutschland zum Mitglied in einem Club, der Dreh- und Angelpunkt für enge Beziehungen auf persönlicher und professioneller Ebene sei, so Brown. Gerhartz entgegnete:

    Die Luftstreitkräfte sehe ich in so einer Krise als so eine Art "First Responder".

    Ingo Gerhartz, Inspekteur der Luftwaffe

    Gerhartz verwies auf deutsche Schutzflüge im Osten und Südosten des Nato-Gebiets und auf die Stationierung des Flugabwehrsystems Patriot in der Slowakei.

    Beschaffung bei Bundeswehr soll schneller gehen

    Während die beiden Chefs der Luftstreitkräfte der USA und Deutschlands Kooperation und Zeitenwende feierten, platzte die Nachricht vom Brandbrief, den Finanzminister Christian Lindner an Verteidigungsministerin Christine Lambrecht und Kanzler Olaf Scholz geschickt hatte: Sie müssten dafür sorgen, dass das Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr zielgerecht ausgegeben werde, dass eine grundlegende Reform des Beschaffungswesens ein Versickern des Geldes verhindere.
    Brown schmunzelt in sich hinein, die Aufgabe von militärischen Führungspersönlichkeiten sei, die Politiker zu beraten, dass das Geld effizient eingesetzt werde. Dazu stünde er bereit, Deutschland auch darin zu unterstützen. Gerhartz versucht abzuwiegeln - das nun beschlossene Gesetz werde den Beschaffungsprozess der Bundeswehr beschleunigen.
    Es ist ein Tag in Rostock-Laage, der die deutsch-amerikanische Zusammenarbeit feiern soll, der Deutschland als Partner hervorheben will. Doch der Weg zur Zeitenwende ist noch weit.

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    Quelle: Mit Material von dpa