Joe Biden oder Donald Trump: Für nicht wenige Länder in Lateinamerika hat der Ausgang der Präsidentschaftswahl in den USA einen richtungsweisenden Charakter. Eine Übersicht.
Im November wird in den USA die Präsidentschaftswahl entschieden - schon jetzt während der Nominierungsparteitage ist das Interesse in Lateinamerika groß.
Für viele Länder aus der Region ist das Verhältnis zu den USA außenpolitisch sehr wichtig. Doch die Betrachtungsweise ist unterschiedlich. Während Brasiliens rechtspopulistische Regierung um Präsident Jair Bolsonaro auf eine Wiederwahl von Donald Trump hofft, setzen andere Politiker aus der Region auf Joe Biden.
Das Rennen um das Weiße Haus geht langsam los. 13 Indikatoren spielen eine Rolle. Wahlforscher erklären ihre Tipps.
So wie Kolumbiens linker Oppositionspolitiker und Ex-Präsidentschaftskandidat Gustavo Petro. Seine Rückendeckung für Biden diente sogar dazu, Biden in einem US-Wahlwerbespot als Freund linksradikaler Kräfte in Lateinamerika zu bezeichnen.
Der Ex-Guerillero fiel allerdings während seiner Amtszeit als Bürgermeister der Neun-Millionen-Metropole Bogota nicht als Linksextremer auf, sondern agierte eher als Pragmatiker.
Kolumbien und Brasilien: Verbündete der USA
Das rechtskonservativ regierte Kolumbien ist gemeinsam mit der aktuellen rechtspopulistischen Regierung in Brasilien einer der letzten engen Verbündeten der USA in Lateinamerika.
"Kolumbien und Brasilien müssten unter einer demokratischen US-Regierung befürchten, dass ihre Menschenrechts- und Umweltbilanzen wesentlich kritischer geprüft würden als unter Trump", sagt Jochen Kleinschmidt im Gespräch mit ZDFheute. Er ist Politikwissenschaftler an der "Universidad del Rosario" in der kolumbianischen Hauptstadt Bogota.
Trump würde Maduro eher nutzen
Dagegen wäre für die sozialistische Regierung in Venezuela eine Wiederwahl Trumps sogar von Vorteil, glaubt Kleinschmidt: "Der venezolanische Diktator Nicolas Maduro, der trotz der Drohungen Trumps weiterhin fest im Sattel zu sitzen scheint, könnte mit dem Republikaner einen wertvollen außenpolitischen Sparringspartner verlieren, dessen Verbalattacken ihm in den Augen der nach wie vor zahlenstarken lateinamerikanischen Linken ein gewisses Maß an Legitimität verleihen."
Brasilien: Am liebsten mit Trump
In Brasilien wird der Wahl mit besonders großer Spannung entgegengeblickt, gelten doch Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro und Donald Trump als politische Partner.
- US-Präsident geht auf Brasilien zu
Von Anfang an verfolgen Brasiliens Präsident Bolsonaro und seine Regierung eine proamerikanische Linie. Nun hebt US-Präsident Trump das Land auf eine neue diplomatische Stufe.
Sollte Biden gewinnen, würde dies zwar das Verhältnis der beiden Regierungen verändern, aber es würde zu keinem Bruch kommen, sagt die brasilianische Politikwissenschaftlerin Tainah Pereira (UniRio) aus Rio de Janeiro.
"Die USA wie China sind ein fundamentaler Partner in den außenpolitischen Beziehungen. Ich sehe deshalb nicht, dass es zu einem ideologischen Bruch kommt, wenn Biden an die Macht kommt. Auch auf der amerikanischen Seite ist der Pragmatismus groß. Brasilien bleibt für die USA ein Schlüsselland in der Koordination der Politik für Lateinamerika", sagt Pereira.
Kuba: Hoffen auf Joe Biden
Besonders gespannt blickt Kuba in Richtung Washington. Trumps Vorgänger Barack Obama hatte während seiner Amtszeit die Beziehungen zu Havanna verbessert und die Embargo-Politik gelockert, während Trump die Zügel wieder anzog.
Die kubanische Wirtschaft hatte bereits vor Corona erhebliche Probleme. Vor allem der Einbruch des Tourismus setzt der Wirtschaft zu. Unterdessen verschärft sich die Versorgungslage. In vielen Lebensmittelgeschäften gibt es kaum noch etwas zu kaufen.
Kubas Wirtschaft, die unter anderem auf den Tourismus aus den USA setzte, bräuchte dringend verbesserte Beziehungen zu den USA. Mit einem Präsidenten Biden könnte neue Bewegung in die festgefahrenen Gespräche zwischen den beiden ideologischen Gegenspielern kommen.