Die nationalistischen "Proud Boys" bestreiten, am Sturm auf das Kapitol beteiligt gewesen zu sein. Das ZDF-auslandsjournal zeichnet nach, wie sich der Protest im Netz formiert hat.
Die Beteiligung der nationalistischen Brüderschaft "Proud Boys" am Sturm auf das Kapitol ist noch immer umstritten. Im sozialen Netzwerk Parler hatten die Anführer ihre Organisation mit provokanten Posts auf die Proteste eingeschworen - und angewiesen, ohne die für sie typischen schwarz-gelben Outfits in D.C. zu erscheinen. Die Identifizierung im Nachhinein fällt also schwer.
Das ZDF-auslandsjournal hat mit ihnen gesprochen. Die Gruppe bestreitet, an den Ausschreitungen beteiligt gewesen zu sein. Matthew Walter, Chapter President aus Tennessee: "Ich glaube, an den Protesten waren einige zwielichtige Akteure beteiligt. Ich will nicht zu viel von dem erzählen, was ich weiß, aber ich glaube, da waren einige Typen, die die anderen Patrioten richtig angestachelt haben, Krawall zu machen."
Extremisten posten im Vorfeld Karten vom Inneren des Kapitols
"Das Besondere an den Proud Boys ist, dass sie offline - also in der realen Welt - aktiv sind, aber genau wissen, wie sie das für ihre Kommunikation online nutzen können", sagt Christopher Stewart vom Institute of Strategic Dialoge in London.
Dass gerade rechte Agitatoren seit einigen Monaten Stimmung gegen den Staat im Netz machen, weiß Sicherheitsexperte Emerson Brooking vom Atlantic Council: "Unser Institut hat die Online-Diskussionen schon Wochen vor dem 6. Januar verfolgt. Und es war klar, dass einige Extremist*innen gewalttätige Ausschreitungen planen. Sie sprachen über den 6. Januar als einen Tag der großen Abrechnung, haben sogar Karten gepostet, die das Innere des Kapitols zeigten."
Hackerin sicherte Postings des Sturms
Welche Rolle die "Proud Boys" und andere extremistische Gruppierungen bei der Erstürmung des Kapitols wirklich gespielt haben, das ermittelt gerade das FBI. Dabei könnten jetzt auch die Dateien einer Wiener Hackerin helfen: Denn viele Eindringlinge hatten die Fotos und Videos des Tags im Netz gepostet - besonders auf Parler kursierten unzählige Aufnahmen.
Hier sind auch die Proud Boys mit zahlreichen Mitgliedern vertreten. Aus Angst vor Strafverfolgung hatten die meisten User*innen ihre Posts aber schnell wieder gelöscht - doch jetzt hat eine Hackerin unter dem Usernamen @donk_enby 99 Prozent der am 6. Januar geposteten Webseiteninhalte auf Twitter geleakt und so den Strafverfolgungsbehörden zugänglich gemacht. Mittlweile ist Parler übrigens nicht mehr zu erreichen, weil Serverbetreiber Amazon den Vertrag gekündigt hat.
Auch wenn es noch einige Zeit dauern könnte, bis wirklich klar ist, wer hinter den Ausschreitungen steckt, steht doch schon jetzt eines fest: Vier Jahre unter Trump haben das Land nicht nur weiter auseinander gerissen - sondern auch extremistischen Gruppierungen wie den Proud Boys eine neue Bühne geboten - im Netz und auch ganz real.
Washington ist seit diesem 6. Januar nicht mehr dasselbe. Die Angst ist groß, dass dies erst der Anfang war, dass sich die Aggressionen über den Amtswechsel hinaus fortsetzen werden.
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- "Wir kommen zurück in großer Zahl"
Nach der Erstürmung des Kapitols wollen die radikalen Anhänger Donald Trumps nicht aufgeben. Militante Aktivisten rufen zu neuer Gewalt bei der Amtseinführung von Joe Biden auf.