Deutschland nahm Bidens Sieg bei der US-Präsidentschaftswahl mit Wohlwollen an. Polens und Ungarns Regierende hätten sich einen Trump-Sieg gewünscht - und wittern Betrug.
Für manch einen Offiziellen und Würdenträger im östlichen Europa war der Ausgang der Präsidentschaftswahl in den USA eine böse Überraschung. So etwa auch in Polen, dessen national-konservative Regierung auf gute Beziehungen zu Trumps Regierung setzte. "Es hat sich gelohnt, sich die Nacht um die Ohren zu schlagen und einen wunderschönen Morgen zu begrüßen", twitterte der Direktor des öffentlich-rechtlichen Fernsehens, Jacek Kurski, am frühen 4. November, in dem Glauben, Trump habe die Wahl für sich entschieden.
Trumps Sieg sei "gut für Polen und die Welt" und bedeute "Sicherheit und Aufhalten des Aufmarsches der linken Kulturrevolte", heißt es weiter im Tweet des Mannes, der eigentlich Berufspolitiker ist und seit 2016 überwachen soll, dass das Nachrichten-Programm auf Regierungslinie fährt.
Der staatliche Nachrichtensender "TVP Info" preschte ähnlich wie der slowenische Ministerpräsident Janez Jansa vor und verkündete: "Trump wird die Präsidentschaftswahl gewinnen." Seit Bidens Sieg feststeht, wiederholt "TVP Info" Trumps Rhetorik und deutet auf allen Kanälen Wahlbetrug an.
Auch Orban hielt Trump die Daumen
Ähnlich wie Regierungsmedien in Ungarn. "Große Anspannung in Amerika angesichts der vielen Hinweise auf Betrug", titelte das Nachrichtenportal Origo.hu, das den rechtsgerichteten Regierungschef Viktor Orban unterstützt.
Orban gratulierte Biden schließlich am Sonntag. Zuvor schien er den Vorwürfen aus dem Lager von Trump Glauben zu schenken. Auf die Frage nach seiner Einschätzung zu den Wahlbetrugs-Vorwürfen sagte Orban am Freitag im staatlichen Radio, die USA könnten "nicht mehr andere nach solch einer Wahl kritisieren". Orban unterstrich auch: "Ich stand immer an der Seite von Präsident Trump."
Trump bei Polens Nationalkonservativen beliebt
Und Polens Staatspräsident Andrzej Duda blieb bei seinen Glückwünschen ähnlich zurückhaltend wie Orban. Er gratulierte Biden lediglich zu seiner "erfolgreichen Präsidentschaftskampagne" und warte auf die Nominierung durch das Kollegium der Wahlleute, schrieb er auf Twitter.
Trump ist bei Polens Regierenden sehr beliebt - er besuchte das Land, lobte die Regierung unter anderem für die Erfüllung der Zwei-Prozent-Quote für Verteidigung. Vermittelte Polen ein Gefühl der Sicherheit, kündigte die Aufstockung der Präsenz des US-Militärs an.
Trump über Duda: "Mein Freund"
Deren Höhepunkt sollte das - von der polnischen Seite so genannte - "Fort Trump" sein. Duda war gern gesehener Gast im Weißen Haus. Im Juli 2020 gratulierte Trump Duda zu dessen Wiederwahl als Staatspräsident, indem er ihn als seinen Freund bezeichnete.
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Was Polen von den neuen US-Truppen erwartet
Schutz vor möglichen Bedrohungen und eine noch engere Bindung an die USA: Polen erhofft sich viel von den 1.000 neuen US-Soldaten, die ins Land verlegt werden sollen.
PiS sieht Biden als Gefahr
All das sieht Polens Regierung durch Bidens Wahl in Gefahr. Der Demokrat bemängelte die Rechtstaatlichkeit in Polen und kritisierte den Umgang mit sexuellen Minderheiten. "Der Sieg von Joe Biden könnte für PiS [Regierungspartei "Recht und Gerechtigkeit] einen Reset bedeuten", kommentierte die konservative Tageszeitung "Rzeczpospolita".
"Andrzej Duda, der in seinem Wahlkampf warnte, dass die LGBT-Ideologie schlimmer sei als der Bolschewismus, wird keinen leichten Anfang seiner Zusammenarbeit mit Biden haben."
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Wahlkampf gegen die "Regenbogenpest" in Polen
Während die Gleichberechtigung Homosexueller in weiten Teilen Europas voranschreitet, stagniert die Situation in Polen. Es ist eines der wichtigsten Themen des Wahlkampfs.
Bidens Sieg könnte aber auch auf die polnische Außenpolitik Auswirkungen haben:
Die polnische Regierung und Staatspräsident Andrzej Duda drückten bei der US-Wahl Donald Trump die Daumen.
Verbündeten im Ringen mit der EU verloren
In der EU selbst hofft man, den Höhenflug der Populisten und Nationalkonservativen durch Trumps Niederlage aufhalten zu können. Bidens Sieg sei "ein gutes Signal für alle Kräfte in der EU, die für Grundwerte und Rechtsstaatlichkeit stehen", sagte die Vizepräsidentin des Europaparlaments, Katarina Barley, den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) vom Dienstag. Trump habe mit seiner Unterstützung der rechtspopulistischen Regierungen versucht, die EU zu spalten.
"Joe Biden hingegen hat die antidemokratischen Entwicklungen in Polen und Ungarn bereits erfreulich klar kritisiert", sagte Barley weiter. "Auf Unterstützung aus Washington werden Orban und Co. künftig nicht mehr bauen können."
Mit Material von AFP und dpa