Mit dem Fall des Vergewaltigungsopfers, das für die Abtreibung von Ohio nach Indiana reisen musste, befasst sich nun der Generalstaatsanwalt von Indiana. In der Kritik: Die Ärztin.
Die US-Behörden haben den aufsehenerregenden Fall eines jungen Vergewaltigungsopfers bestätigt - das zehnjährige Mädchen musste für eine Abtreibung in einen anderen Bundesstaat reisen.
Mit dem Schwangerschaftsabbruch beschäftigt sich nun der Generalstaatsanwalt des Bundesstaates. Der Republikaner Todd Rokita sagte dem TV-Sender Fox News, gegen die mutmaßlich beteiligte Ärztin werde ermittelt, weil sie die Abtreibung womöglich nicht gemeldet habe. In diesem Falle drohe ihr die Entziehung ihrer Lizenz.
Weißes Haus kritisiert Ermittlungen gegen Ärztin
In Indiana sind Abtreibungen dem Generalstaatsanwalt zufolge meldepflichtig. Die Ärztin wies den Vorwurf über ihren Anwalt zurück. Aus dem Weißen Haus hieß es zu den Ermittlungen:
Im Bundesstaat Ohio wurde am Mittwoch ein 27-Jähriger wegen der Vergewaltigung einer Minderjährigen unter 13 Jahren angeklagt. Bei einem Gerichtstermin bestätigte der Polizist Jeffrey Huhn laut der Zeitung "Columbus Dispatch", dass die vergewaltigte Zehnjährige Ende Juni im Staat Indiana eine Abtreibung vornehmen ließ.
Der Angeklagte habe die Vergewaltigung gestanden. Außerdem würden DNA-Proben des abgetriebenen Embryos untersucht, um die Täterschaft zu beweisen.
Der konservativ dominierte Oberste Gerichtshof der USA hat in einem historischen Urteil das 50 Jahre lang geltende Abtreibungsrecht gekippt. Die US-Bundesstaaten können Abtreibungen jetzt stark einschränken oder verbieten.
Abtreibungsverbot in Ohio nach Supreme-Court-Entscheidung
Der Fall hatte in den USA nach der Abschaffung des landesweiten Grundrechts auf Abtreibungen durch den Supreme Court für Empörung gesorgt. Ohio hatte sofort nach der Entscheidung des Obersten US-Gerichts vom 24. Juni Abtreibungen nach der sechsten Schwangerschaftswoche verboten. Das Vergewaltigungsopfer musste deswegen für die Abtreibung nach Indiana reisen.
Präsident Joe Biden sprach vergangene Woche über den Fall des Mädchens, als er Maßnahmen zum Schutz des Rechts auf Schwangerschaftsabbrüche vorstellte.
- Folgen des Abtreibungsurteils in den USA
Nach einem Urteil dürfen US-Bundesstaaten jetzt über das Recht auf Abtreibung entscheiden. Die fackeln nicht lange und führen strenge Regeln ein. Die Angst unter Frauen geht um.
Rechte Politiker und verschiedene Medien zogen aber in Zweifel, dass sich der Fall tatsächlich zugetragen habe - zumal es zunächst nur eine Quelle gab, die Abtreibungsärztin in Indiana.
So sagte der Generalstaatsanwalt von Ohio, Dave Yost, die Geschichte erscheine ihm wie eine "Erfindung". Das "Wall Street Journal" kritisierte Biden noch am Dienstag dafür, einer "unwahrscheinlichen Geschichte einer voreingenommenen Quelle" das "präsidentielle Bestätigungssiegel" verliehen zu haben.
Generalstaatsanwalt Yost dankte am Mittwoch der Polizei für die Festnahme "des Vergewaltigers, der ein zehn Jahre altes Opfer geschwängert hat". Er ging in seiner kurzen Stellungnahme aber mit keinem Wort darauf ein, dass das Mädchen tatsächlich für eine Abtreibung nach Indiana gereist war.
4. Juli: Nationalfeiertag in den USA. Doch das Land hat wenig Grund, zu feiern. Debatten über Waffenbesitz und Abtreibung zerreißen die US-amerikanische Gesellschaft. Der Graben zwischen Konservativen und Demokraten wird immer tiefer.
Supreme Court hob Grundrecht auf Abtreibung auf
Der Supreme Court hatte am 24. Juni das Grundsatzurteil "Roe v. Wade" aus dem Jahr 1973 aufgehoben, das ein landesweites Grundrecht auf Abtreibungen verankert hatte. Die Entscheidung sorgte für ein politisches Erdbeben und gilt als historische Zäsur.
Weil es kein Bundesgesetz zu Abtreibungen gibt, können Bundesstaaten jetzt Schwangerschaftsabbrüche weitgehend oder komplett verbieten. Zahlreiche konservativ regierte Bundesstaaten haben dies bereits getan. Das neue Gesetz in Ohio sieht Ausnahmen des Verbots einer Abtreibung nach sechs Wochen nur bei Gefahr für das Leben der Mutter vor, nicht aber in Fällen von Vergewaltigung und Inzest.