Der amerikanische Traum: nur noch eine Illusion? Die Gesellschaft gespalten, die Demokratie gefährdet: Wohin entwickeln sich die USA?
China und USA sind auf Konfrontationskurs. Die zwei größten Wirtschaftsmächte ringen um die Vorherrschaft. Wachsende Spannungen schüren Ängste vor einem neuen Konflikt.
Bei unseren Dreharbeiten für "Die Rivalen: China versus USA" haben uns viele Menschen, denen wir begegnet sind, beeindruckt. Ganz besonders aber David Bush und seine Frau Mesa mit ihrem achtjährigen Sohn Maxton, die im US-Bundesstaat Ohio an der Verwirklichung ihres amerikanischen Traums arbeiten.
"Jeder kann es schaffen" - gilt das noch in den USA?
Was David mir sagte, als wir über die harten Zeiten nach dem Verlust seines Jobs als Elektriker sprachen, ist hängengeblieben:
"Sie wollen nicht aufwachen müssen, um dann bei Wind und Wetter draußen 40 bis 60 Stunden pro Woche für Mindestlohn zu arbeiten, wenn man doch Hunderttausende Dollar bekommt, um Schönheitsprodukte auszuprobieren", sagt David. "Sie haben keine Wertschätzung für gutes Handwerk. Ich bin bis heute stolz auf alle Häuser, an denen ich mitgebaut habe, auf jedes einzelne von ihnen. Sowas gibt es heute kaum noch."
[Wie ist die Situation in China? ZDF-Korrespondent Ulf Röller über merkwürdige Interviews und schwieriger Berichterstattung in einem kommunistischen Einparteiensystem.]
- Wie frei kann man aus China noch berichten?
"China: Angriff auf die Freiheit!" Eine Dokumentation, die mich als westlicher Journalist an meine Grenzen bringt. Am Ende werden wir scheitern - und doch viel erreicht haben.
Jeder kann es schaffen, wenn man nur hart genug dafür arbeitet: Dieser amerikanische Traum gehört zum Gründungsmythos der Vereinigten Staaten. In der Unabhängigkeitserklärung heißt es: "Folgende Wahrheiten erachten wir als selbstverständlich: Dass alle Menschen gleich geschaffen sind. Dass sie von ihrem Schöpfer mit gewissen unveräußerlichen Rechten ausgestattet sind. Dass dazu Leben, Freiheit und das Streben nach Glück gehören."
Demokratie als erfolgreichste Herrschaftsform der Geschichte
Natürlich ist die amerikanische Demokratie weit entfernt davon, perfekt zu sein, aber bisher hat die Geschichte bewiesen, dass Demokratie die stärkste und erfolgreichste Herrschaftsform der Geschichte ist, eben weil sie den Menschen so viele Freiheiten lässt. In den USA gibt es - anders als in China - keinen großen Anführer, der den Menschen vorschreibt, wo es lang geht.
Es gibt auch keine Beschränkungen, wohin wir für unsere Filme reisen, mit wem wir sprechen wollen. Und wer im Interview Tacheles redet, muss sicher nicht fürchten, dafür im Gefängnis zu landen oder gar zu verschwinden.
Nachdem der Untergang der Stahl- und Automobilindustrie in Ohio viele Menschen den Job kostete, schafft die Energiewende jetzt Perspektiven.
Ohne diese Freiheit wäre Amerika nicht zur Weltmacht Nr. 1 geworden. Selbstbewusstsein und Mut waren immer die Grundlage dafür. Eine Menge davon haben wir bei unseren Reisen für diesen Film gesehen, weil an vielen Stellen im Land an einer besseren Zukunft mit gut bezahlten Jobs gearbeitet wird: bei der Lithium-Produktion in Nevada, bei den Werken für Batterien und Elektroautos in Ohio und den Milliardeninvestitionen für riesige Mikrochip-Fabriken in Arizona.
Angriff auf Amerikas Demokratie
Aber zwischen der Aufbruchstimmung haben wir bei unseren Gesprächen auch immer wieder Selbstzweifel, Verzagtheit und Angst herausgehört, basierend auf den Erfahrungen der letzten Jahrzehnte. Angst davor, dass die Demokratie doch nicht mehr in der Lage ist, Perspektiven für die Bevölkerung zu liefern. Misstrauen gegenüber der Politik und den Institutionen, die den Niedergang der Industriebasis zuließen und damit Millionen von Menschen den Boden unter den Füßen wegzogen.
- Vom netten, alten Herrn zurück zum Führerkult?
Ein Jahr ist der Sturm auf das US-Kapitol durch Anhänger des ehemaligen Präsidenten Donald Trump her. Doch der Angriff auf die Demokratie in den USA ist längst nicht vorbei.
Deshalb frisst sich autoritäres Gedankengut immer weiter in diese Gesellschaft hinein. So sehr, dass ein abgewählter Präsident nach einem erfolglosen Umsturzversuch weiter daran arbeitet, mit Hilfe willfähriger Anhänger die Demokratie zu zerstören. So sehr, dass in den Vereinigten Staaten von Amerika Wählerrechte eingeschränkt, Mechanismen zum Schutz der Wahlen abgeschliffen, Andersdenkende zu "Volksfeinden" erklärt und - in einigen Bezirken - Bücher auf Verbotslisten gesetzt werden. Sogar von Bücherverbrennungen ist die Rede.
Erziehung mit festem Glauben an Chancen
Umso dankbarer waren wir, auch mit Menschen zu reden, die trotz ihrer Zweifel die Zuversicht nicht verloren haben. Mesa und David Bush bringen ihrem Sohn Maxton bei, sein Bestes zu geben und bei einer Niederlage wieder aufzustehen, im festen Glauben, dass die Chancen für eines jeden in einem freien Land immer besser sind als in einem diktatorischen System. Dieser Unterschied könnte am Ende auch entscheidend sein für den Ausgang des Duells zwischen Amerika und China.