Joe Biden hat sich in seiner Rede kämpferisch gegeben - im Ringen um ein geeintes Amerika und gegenüber dem Aggressor Putin. Doch dies wird ihn nicht vor einer Niederlage bewahren.
Es ist noch ein ganzes Stück Arbeit, bis auf dem "Feld der Träume" zehntausend neue Jobs entstanden sind, bis die Menschen dort dank sicherer, gutbezahlter Arbeitsplätze ihre Träume verwirklichen können.
Aber vierhundert Hektar Land in Ohio, auf dem der US-Konzern Intel für zwanzig Milliarden Dollar Mikrochip-Fabriken baut, stehen für das Amerika, das Joe Biden seinen Mitbürgern vorschlug - ein starkes Amerika. Denn nur das könne die Herausforderungen der Zukunft bestehen.
Ringen um eigene Demokratie und gegen Autoritarismus
Der amerikanische Präsident hielt seine Rede für eine geteilte Nation, die in einem monumentalen Ringen um die eigene Demokratie und gegen den Autoritarismus steckt. Es war eine konstruktive Rede mit Angeboten zur Zusammenarbeit über die Parteigrenzen hinweg - von dringenden Investitionen in die Infrastruktur über den Wiederaufbau der industriellen Basis und der finanziellen und moralischen Unterstützung für die Polizei bis zur Sicherung der Grenzen.
Es war eine kluge Rede mit patriotischem, fast nationalistischem Pathos beim Versprechen, alles, was Amerika braucht, in Amerika herzustellen - "um Amerika wiederaufzubauen, kauft amerikanische Produkte, um amerikanische Arbeitsplätze zu sichern". Da skandierte der Saal "U-S-A, U-S-A, U-S-A".
In seiner ersten Rede zur Lage der Nation spricht US-Präsident Biden der Ukraine Solidarität zu und verkündet neue Sanktionen gegen Russland. Auch Thema: Corona und die Inflation.
"Putin traf auf eine Mauer der Stärke"
Es war auch eine kämpferische Rede mit klaren Ansagen an den Autoritarismus und an Russlands Aggressor Wladimir Putin. "Frieden wird immer über die Tyrannei triumphieren", rief Biden vom Podium und erntete stürmischen Beifall bei Politikern beider Parteien.
Standing Ovations, als er die ukrainische Botschafterin Oksana Markarova begrüßte, als er die Jagd auf den Reichtum der russischen Oligarchen, ihre Yachten, Jets und Luxusapartments und die Schließung des amerikanischen Luftraums für russische Airlines ankündigte und als er die stärksten Worte des Abends sprach:
[Updates zur Lage in der Ukraine und Reaktionen finden Sie in unserem Liveblog zum Angriff auf die Ukraine.[
Welche Wirkung können die internationalen Sanktionen auf die russischen Oligarchen und das System Putin haben? Fragen an den Putin-Gegner und einstigen Oligarchen Michail Chodorkowski.
Bidens Zustimmungswerte im Keller
Der US-Präsident hofft wohl, dass die Entschlossenheit der Ukrainer und die Geschlossenheit der Bündnispartner abfärben auf Amerika. Die politischen Lager in den USA sollen sehen, was möglich ist, wenn man Herausforderungen gemeinsam entgegentritt.
Aber obwohl die große Mehrheit der Amerikaner Bidens harte Linie gegen Russland für richtig hält, ist seine Zustimmungsrate im Land im Keller, 70 Prozent der Menschen glauben, das Land drifte in die falsche Richtung - trotz eines Wirtschaftswachstums von 5,7 Prozent, trotz 6,7 Millionen neuer Jobs in einem Jahr, trotz einer historisch niedrigen Arbeitslosenrate von vier Prozent.
Auf Demokraten wartet eine klare Niederlage
Überall im Land erleben wir auf unseren Reisen Aufbruchstimmung nach der Corona-Pandemie, überall investieren amerikanische Unternehmen Milliarden in neue Fabriken, auch Intel will nach 20 Milliarden Dollar in Ohio weitere 80 Milliarden in anderen Bundesstaaten ausgeben.
Aber die Inflation von 7,5 Prozent vernichtet Joe Bidens politisches Kapital und seine "Felder der Träume" werden wohl nicht schnell genug Wirklichkeit, um eine krachende Niederlage der Demokraten bei den Kongresswahlen im November zu verhindern.
Biden sprach wahre Worte, als er am Ende sagte:
Aber dann fügt er hinzu: "Und das werden wir als ein Volk, ein Amerika". Da ist der Wunsch der Vater des Gedankens.
Elmar Theveßen ist ZDF-Studioleiter in Washington.