Ballon über USA: Was war Chinas Ziel?

    Interview

    Experte zu Spionage-Vorwurf:Ballon über USA: Was war Chinas Ziel?

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    Was könnte China mit dem Spionage-Ballon in den USA überwacht haben? Militärexperte Ralph Thiele hat einen klaren Verdacht - und erklärt, warum ein Ballon sich gerade dafür eignet.

    Erst war es ein Ballon - mutmaßlich aus China - dann folgten drei weitere Flugobjekte, alle abgeschossen über den USA. Die Vorfälle werfen viele Fragen auf. Steckt dahinter Spionage und wenn ja, wer will was ausspähen und warum ausgerechnet jetzt?
    Laut Oberst a.D. Ralph Thiele von der Politisch-militärischen Gesellschaft e.V. kam der Ballon-Überflug zu einem "goldenen Zeitpunkt für die Chinesen", denn: Zeitgleich zur Ballon-Sichtung hielten die USA eine groß angelegte Übung der weltweiten US-Militärkommandos ab, die Global Information Dominance Experiments.

    Militärkommunikation der USA als mögliches Spionageziel

    Bei dieser Militärübung gehe es laut Thiele um die Erprobung neuer Kommunikationsmöglichkeiten im militärischen Bereich - ein vermeintliches Ziel chinesischer Spionage. "Die Kunst in der Kriegsführung ist heute fast in Echtzeit zu wissen, wer was wann wo macht. Und derjenge der das besser kann, kann bessere und schnellere Entscheidungen treffen."
    Hier sieht Thiele ein Motiv für mögliche Spionage durch China. Man habe die Möglichkeit erkannt, "hineinzuschauen, was ist das eigentlich, wie kann man das erkennen, was für Technologien benutzen [die Amerikaner] dabei". Ebenfalls brisant, so Thiele: Im Zuge des Balloneinsatzes habe man "tatsächlich ein Loch im Luftschirm der Amerikaner entdeckt". Die Tatsache, dass ein Ballon dort zunächst ungehindert hat fliegen können, hätten die Amerikaner im Nachgang korrigieren müssen.

    Ballon als Spionagewerkzeug: Günstig, nah, steuerbar

    Warum China dabei ausgerechnet auf einen Ballon gesetzt haben soll, erklärt Thiele zum einen durch die große Menge an Technik, die ein solcher Ballon tragen könne - ein anderer Grund seien die vergleichbar geringen Kosten gegenüber einer Flugdrohne. Gegenüber Satelliten seien Ballons näher an den Spionagezielen dran und ließen sich zudem auch so steuern, dass sie länger an einer Stelle verweilen. Außerdem, so Thiele:

    Nach langsamen Dingen sucht man nicht.

    Ralph Thiele, Oberst a.D., Politisch-militärische Gesellschaft e.V

    Die Suche nach Objekten sei daraufhin innerhalb der USA angepasst worden, so Thiele. Man war vorher nicht auf Ballonspionage eingerichtet. Das ändere sich nun. Dies könnte ein Grund dafür sein, dass in Folge des Abschusses des mutmaßlichen Spionageballons aus China auch weitere Objekte identifiziert und abgeschossen wurden. Er gehe nicht davon aus, dass unter den anderen Flugobjekten chinesische Produkte seien: "Da oben fliegt viel herum, was da nicht hingehört", so Thiele.

    Chinas Spionageballon: Bewusste Provokation?

    Eine bewusste Provokation Chinas durch den Einsatz von Spionageballons sehe er nicht. China habe aus wirtschaftlichen Gründen zuletzt eher die Nähe Amerikas gesucht und ein Interesse daran gehabt, seine "Prosperität" global voranzutreiben. Auch die Tatsache, dass Peking sehr schnell nachdem der Ballon entdeckt wurde, um Entschuldigung bat, wertet Thiele als Indiz gegen eine gezielte Provokation.
    Wegen einer möglichen tieferen Verwerfung zwischen den beiden Mächten China und USA ist Thiele nicht besorgt.

    Ich sehe da keine große Krise.

    Ralph Thiele, Oberst a.D., Politisch-militärische Gesellschaft e.V

    Beide Nationen legten großen Wert darauf, ihre jeweilige wirtschaftliche Situation wegen der Corona-Pandemie und des Ukraine-Krieges "gehändelt zu bekommen". Eher habe es daher seitens der USA zuletzt die Absicht gegeben, China "stärker an den Tisch zu holen".
    Quelle: ZDF
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