US-Wahlen: Ein Besuch bei den Oath Keepers in Arizona

    Ein Besuch bei den Oath Keepers:Von den Midterms direkt in einen Bürgerkrieg?

    Alexandra Hawlin
    von Alexandra Hawlin
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    Sie bereiten sich auf Katastrophen wie den Dritten Weltkrieg vor. Auch einen Bürgerkrieg nach den Midterms schließen sie nicht aus. Ein Besuch bei den Oath Keepers in Arizona.

    Sie nennen sich "Oath Keepers". Der Name der ultrarechten Gruppierung mag vielen erst seit dem Sturm auf das US-Kapitol bekannt sein. Denn sie waren damals unter den Angreifern. Der Gründer der Oath Keepers, Stewart Rhodes, steht deshalb gerade wegen "aufrührerischer Verschwörung" vor Gericht.
    Gruppierungen der Oath Keepers gibt es in vielen Orten der USA - eine, die sich seit dem 6. Januar von der nationalen Gruppe abgespalten hat, trifft sich an jedem zweiten Samstag im Yavapai County in Arizona.
    Von Phoenix geht es mit dem Auto zwei Stunden durch die Berge nach Chino Valley. Meilenweit nur riesige Saguaro-Kakteen, ein Wahrzeichen des Wilden Westens. Wie wild es bei den Oath Keepers wird?

    Oath Keepers ausgerüstet für den Ernstfall

    Ankunft am Treffpunkt: ein Gemeindezentrum der First Southern Baptist Church. Sie stehen am Parkplatz, weisen jeden Neuankömmling ein und sind einfach zu erkennen. Mitglieder der Oath Keepers tragen taktische Ausrüstung, Waffen und kommunizieren über Funk miteinander.
    Oath Keepers treffen sich in einer Kirche in Chino Valley, Arizona
    Oath Keepers treffen sich in einer Kirche in Chino Valley, Arizona
    Quelle: ZDF

    Jeff Burke führt das Sicherheitsteam der Oath Keepers an. Was er so bei sich trägt? Nacheinander holt er alles aus seinem Gürtel an der Hüfte: eine Waffe, Handschellen, Schlagstock, Pfefferspray, Erste-Hilfe-Set, Waffenmagazin, noch ein Waffenmagazin und noch ein Magazin für seine AR-15. Die liegt im Auto. Ob es Drohungen gegen sie gibt? Nein, meint Burke. Ob wir hier in Gefahr sind? Auch nein. Warum dann die ganze Ausrüstung?

    Die Ausrüstung ist zur Sicherheit und für den Fall, wenn die Gesellschaft außer Hand gerät.

    Jeff Burke, Sicherheitsteam der Oath Keepers

    Vorbereitung auf Untergangsszenarien in den USA

    Im Gemeindezentrum begrüßt ein Abbild Jesu mit Dornenkrone die Besucher von der Decke. In kleineren Räumen nebenan wird gezeigt, wie sie Blutungen stillen und ein Funkgerät bedienen können. Jeder, der interessiert ist, darf hierher kommen und mitmachen. Aber warum das Ganze?
    Der Chef der Oath Keepers stellt sich vor. "Wir wollen vorbereitet sein", sagt Jim Arroyo, ein kleinerer Mann mit weißem Bart. Er lächelt freundlich, während er über Weltuntergangsszenarien spricht. "Wir wollen für natur- und menschengemachte Katastrophen gewappnet sein: Wirtschaftskollaps, Cyber-Attacke, Bürgerkrieg oder ein Dritter Weltkrieg." Für wie realistisch er einen Bürgerkrieg in den USA hält? Für absolut realistisch, meint er. Denn:

    Dieses Land spaltet sich gerade so schlimm wie nie zuvor.

    Jim Arroyo, Anführer Oath Keepers in Yavapai County

    Ihr Eid auf die amerikanische Verfassung

    Die Oath Keepers sind eine Bürgerwehr. Was es bedeutet, ein Oath Keeper zu sein? "Es ist ganz einfach", erklärt Arroyo. "Als Oath Keepers schwören wir, die Verfassung gegen alle Feinde im In- und Ausland zu verteidigen."
    Viele von ihnen haben dies schon mit dem Amtseid geschworen. Denn ihre Mitglieder rekrutieren die Oath Keepers aus Militär, Polizei, Rettungsdienst oder Feuerwehr. "Unsere Organisation bringt alle zusammen, auch jene, die nicht in Uniform gedient haben, können eingeschworen werden", sagt Arroyo.
    Jeff Burke war 36 Jahre lang Ingenieur bei der Feuerwehr in Los Angeles, vorher Rettungssanitäter. Auch er hat einen Amtseid geleistet. "Das bedeutet, dass wir Befehle, Regeln und alles, was in der Verfassung verankert ist, wahren und beschützen", sagt er.
    Elmar Theveßen, Leiter des ZDF-Auslandstudios Washington
    Vor den Midterms seien die USA "tief gespalten" und "da ist ein Hass vorhanden", der von Kandidaten der republikanischen Partei bereitet worden sei und "fruchtbaren Boden für Gewalt" biete, so der Leiter des ZDF-Studios Washington, Elmar Theveßen.01.11.2022 | 5:17 min

    Oath Keepers distanzieren sich von Sturm auf Kapitol

    Von der Gewalt am 6. Januar 2021, angepeitscht durch Donald Trumps Lüge von der gestohlenen Wahl, distanzieren sie sich hier im Yavapai County. "Oath Keepers hätten nicht dabei sein sollen", sagt Arroyo. "Es hat der Organisation und dem Land nur enorme Schwierigkeiten eingebracht."
    Obwohl es keinerlei Beweise gibt, glaubt hier trotzdem niemand, dass die Präsidentschaftswahl 2020 rechtmäßig war. "Auf keinen Fall", sagt Arroyo. Der Regierung von US-Präsident Joe Biden, dem Justizministerium und Richtern wirft er Korruption vor. Das seien die Dinge, die zu politischen Unruhen und letztendlich zum Bürgerkrieg führen würden.
    Bei den Midterms wollen manche von ihnen bewaffnet vor Wahllokalen stehen - um aufzupassen, wie sie sagen. Doch mittlerweile sind Organisationen und Behörden darüber informiert worden und sind gegen bewaffnete Beobachter vor Wahlstationen bereits rechtlich vorgegangen. Ob sich die Oath Keepers davon abschrecken lassen werden, wird sich zeigen.

    Einschüchterung bei US-Midterms
    :Bewaffnet vor den Wahllokalen in Arizona

    Latinos in Arizona könnten bei den US-Midterms wahlentscheidend sein. Viele fürchten ihre Stimmen und setzen auf Einschüchterung - auch mit Waffen.
    von Alexandra Hawlin
    Die Oath Keepers in Arizona wollen bewaffnet vor den Wahllokalen "aufpassen" wie sie sagen.

    Unter Donald Trump als Präsident fühlten sie sich sicherer

    Auf die Frage, ob sie sich sicherer unter Präsident Donald Trump fühlten: Nicken im Sicherheitsteam. "Ich mochte Trump wirklich", sagt Oath Keeper Eric aus Mesa bei Phoenix. Früher hat er für die Ordnungskräfte gearbeitet, an der Grenze und bei Gefangenentransporten. Was bei den Midterms am 8. November passieren könnte?

    Natürlich habe ich Angst vor einem Bürgerkrieg.

    Eric, Sicherheitsteam der Oath Keepers

    "Die Menschen sollen zusammenstehen, egal welcher Hautfarbe sie sind, wir sind doch alle Amerikaner", sagt Eric und zeigt auf die amerikanische Fahne. "Solange sie an diese Flagge und an dieses Land glauben, kann alles wieder gut werden."
    Es scheint so, als hätten in diesem gespaltenen Land beide Seiten Angst vor diesen Wahlen. Angst vor dem, was kommt. Beide sehnen sich nach Sicherheit und Stabilität. Nur die Ansicht, wie man dahin und wieder zueinanderkommt, spaltet sie.