Wahlen in den USA: Was bei den Midterms auf dem Spiel steht

    FAQ

    Zwischenwahlen in den USA:Was bei den Midterms auf dem Spiel steht

    Alexandra Hawlin
    von Alexandra Hawlin
    |

    Für US-Präsident Joe Biden ist quasi Halbzeit. Worum es für ihn bei den Zwischenwahlen geht, welche möglichen Szenarien es gibt und wie Vorgänger Trump die Wahlen beeinflusst.

    Was wird bei den Zwischenwahlen in den USA entschieden?

    Die Zwischenwahlen in den USA finden in der Mitte zwischen den Präsidentschaftswahlen statt. Die bedeutendsten Entscheidungen fallen zu den beiden Kammern des US-Kongresses. Die Wählerinnen und Wähler entscheiden dabei, wer ihren Bundesstaat im US-Repräsentantenhaus und im Senat vertritt.
    Bei den Zwischenwahlen werden also alle 435 Mitglieder des Repräsentantenhauses neu gewählt. Sie bleiben zwei Jahre im Amt. Die Zahl der Abgeordneten für jeden Bundesstaat richtet sich nach der Bevölkerungszahl der Bundesstaaten. Im Senat entscheiden die Wähler über 35 der insgesamt 100 Sitze, zwei für jeden Bundesstaat. Senatoren werden für eine Amtszeit von sechs Jahren gewählt.

    Wer wird noch am 8. November gewählt?

    Es gibt Tausende weitere Abstimmungen. In 36 Staaten werden neue Gouverneurinnen und Gouverneure bestimmt. Es ist das mächtigste Amt in einem Bundesstaat, vergleichbar mit einem Ministerpräsidenten in Deutschland.
    In vielen Staaten werden zudem die eigenen Kongresse und einige andere Posten neu bestimmt wie Sheriffs und Schulbeiräte, die vor Ort auch jeweils großen Einfluss auf Strafverfolgung oder Unterrichtsstoff haben können.

    Welches sind die wichtigen Themen bei dieser Wahl?

    Für viele Wählerinnen und Wähler sind die Wirtschaft und die Inflation das zentrale Thema. Das kommt bisher eher den Republikanern zu Gute. Im Zuge der Corona-Pandemie und des Ukraine-Kriegs sind die Verbraucherpreise massiv angestiegen.
    Ein Thema, womit hingegen die Demokraten - vor allem im Sommer - punkten konnten, ist das Abtreibungsrecht. Der Supreme Court schaffte im Juni das seit fast 50 Jahren geltende landesweite Grundrecht auf Schwangerschaftsabbrüche ab und sorgte damit für große Empörung.
    Darüber hinaus hat Präsident Joe Biden die Wahlen auch zu einem Votum über die Demokratie gemacht. Biden bezeichnet seinen Vorgänger Donald Trump als Gefahr für die US-Demokratie.

    Was steht für die Demokraten und Präsident Biden auf dem Spiel?

    Derzeit besetzen die Demokraten im Senat 48 der 100 Sitze, zwei Unabhängige stimmen nahezu immer mit ihnen. Bei Gleichstand entscheidet die Vizepräsidentin, aktuell also die Demokratin Kamala Harris. Bei dieser Konstellation können es sich die Demokraten nicht leisten, auch nur einen Sitz an die Republikaner zu verlieren. Ziel der Demokraten ist es daher, den Senat knapp zu halten.
    Im Repräsentantenhaus haben die Republikaner deutlich bessere Chancen, ihren derzeitigen Rückstand von 212 zu 220 Abgeordneten zu ihren Gunsten zu drehen. Nach einem Zwischenhoch der Demokraten kurz nach der umstrittenen Anti-Abtreibungsentscheidung des Obersten Gerichtshofs haben die Konservativen inzwischen in Umfragen wieder deutlich bessere Karten.
    Zur Gesetzgebung braucht es in den USA sowohl Senat als auch Repräsentantenhaus. Den Gründervätern des Landes galt das als Garantie für Kompromisse und gemeinsame Entscheidungsfindung. Die Mehrheit im Senat ist trotzdem wichtig, denn er allein entscheidet über die Ernennung von Bundesrichtern und damit über weitere Kandidaten für den derzeit extrem konservativ besetzten Obersten Gerichtshof.
    Ein Verlust des Repräsentantenhauses oder des Senats an die Republikaner würde die Macht der Demokraten in den nächsten zwei Jahren der Amtszeit von Präsident Biden erheblich schwächen.
    USA Flagge
    Die USA stehen vor den Midterm Elections. Diese Parlamentswahlen sind entscheidend für Joe Bidens Einflussnahme auf zukünftige Gesetzesverabschiedungen.03.11.2022 | 28:20 min

    Was passiert, wenn die Republikaner die Mehrheit im Senat oder im Repräsentantenhaus gewinnen?

    Bei den Zwischenwahlen gewinnt fast immer die Partei Sitze im Kongress dazu, die nicht mehr an der Macht ist. Die Republikaner müssen insgesamt nur fünf (von 435) Sitzen im Repräsentantenhaus erringen, um die Mehrheit zu erlangen, und nur einen von 35 Sitzen im Senat.
    Drei Szenarien sind möglich:

    1. Die Republikaner gewinnen das US-Repräsentantenhaus, die Demokraten den Senat

    Wenn die Republikaner die Macht im Repräsentantenhaus gewinnen, dann werden sie voraussichtlich das tun, was sie bereits angekündigt haben. Der Untersuchungsausschuss zum 6. Januar 2021 und dem Sturm auf das Kapitol könnte eingestellt. Im Gegenteil haben Republikaner im Repräsentantenhaus darüber nachgedacht, wie sie ihrerseits Ermittlungen gegen die Ausschussmitglieder zum 6. Januar einleiten könnten. Auch ein Amtsenthebungsverfahren gegen Joe Biden sowie Untersuchungen gegen seinen Sohn Hunter Biden wegen Steuerbetrugs könnten die Republikaner einleiten. Dies haben einige Abgeordnete bereits angekündigt.
    Es gibt nicht viel, was die Demokraten im Senat gegen solche Ermittlungen tun können. Sie können jedoch Bidens Ernennung für Richter bestätigen. Denn für diese Aufgabe ist allein der Senat zuständig.

    2. Die Republikaner gewinnen beiden Kammern

    Präsident Joe Biden müsste damit rechnen, dass die Republikaner seine Vorhaben und Pläne für Ausgaben blockieren werden. Die Republikaner könnten im Repräsentantenhaus ein strengeres Gesetz zu Abtreibung verabschieden, das die Demokraten im Senat aber mit dem Filibuster (= die Taktik einer Minderheit, durch Dauerreden eine Entscheidung zu verhindern oder zu verzögern) stoppen könnten. Auch könnten die Republikaner Kürzungen bei Sozialleistungen oder der staatlichen Krankenversicherung "Medicare" vornehmen.

    3. Die Demokraten behalten die Mehrheit in beiden Kammern

    Dieses Szenario ist das unwahrscheinlichste, aber wenn es eintreten würde, hätten die Demokraten eine zweite Chance, einen nationalen Schutz für Abtreibung oder für die gleichgeschlechtliche Ehe durchzusetzen. Sie könnten auch mehr Klimapolitik verabschieden und das staatliche Sicherheitsnetz (Sozialleistungen, Krankenversicherung, etc.) ausbauen. Einen Filibuster im Senat könnten die Demokraten aber nur umgehen, wenn sie ihre Mehrheit um zwei Sitze ausbauen.

    Wie groß ist der Einfluss von Donald Trump auf diese Wahlen?

    Der Ex-Präsident steht zwar nicht zur Wahl, aber ist bei der konservativen Basis nach wie vor sehr populär und unterstützte bei den parteiinternen Vorwahlen der Republikaner viele ihm treu ergebene Kandidaten.
    "Mittlerweile gibt es einen Personenkult um Trump, man darf ihn nicht kritisieren", sagt der US-amerikanische Journalist und Autor David Corn gegenüber ZDFheute. "Selbst wenn er etwas Empörendes macht, wie vertrauliche Unterlagen zu stehlen und mit in sein Privathaus zu nehmen." Das Problem sei die republikanische Basis. "Die glaubt wirklich, dass die Wahl gestohlen wurde und dass Trump das Opfer ist", so Corn.
    Es sind Hunderte Kandidaten, die bei den Zwischenwahlen antreten und Trumps Lüge von der gestohlenen Wahl 2020 verbreiten. Die Demokraten bezeichnen die vielfach widerlegte Behauptung Trumps, er habe die Präsidentschaftswahl nur durch massiven Wahlbetrug verloren, als "Big Lie" (Große Lüge).
    Zur Wahl stehen auch viele sogenannte "Secretaries of State", zu deren Aufgabe oft die Wahlleitung gehört. Einige Republikaner, die dabei antreten, verbreiten die sogenannte "Big Lie" und wollen Gesetze etablieren, mit denen sich Wahlleitungen über die Auszählungsergebnisse hinwegsetzen könnten.
    So könnte der Ausgang der Kongresswahlen nicht nur darüber entscheiden, ob Trump bei der Präsidentschaftswahl 2024 erneut antritt, sondern auch, wer auf bundesstaatlicher Ebene für die Wahlleitung bei der kommenden Wahl verantwortlich ist.
    Alle Nachrichten, Hintergründe und Analysen zu den Midterms finden Sie hier im Liveblog:

    Zwischenwahlen in den USA
    :Aktuelle News zu den Midterms

    35 Sitze im Senat und die Zusammensetzung im Repräsentantenhaus sind bei den Midterms in den USA gewählt worden. Hier können Sie die Entwicklungen im Liveblog nachlesen.
    Das Kapitol in Washington, D.C.
    Liveblog
    Quelle: unter anderem mit Material von dpa

    Mehr zu den Midterms und den USA