US-Operation aufgeflogen? T-90-Panzer an Tankstelle entdeckt

    Exklusiv

    US-Militäroperation aufgeflogen?:Russischer T-90-Panzer in den USA aufgetaucht

    Autorenfoto Nils Metzger
    von Nils Metzger
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    Ein Internetnutzer hat zufällig eine US-Militäroperation aufgedeckt: An einer Tankstelle in Louisiana entdeckte er einen geparkten russischen Kampfpanzer - erbeutet in der Ukraine.

    Russischer Panzer T90
    Diesen russischen T-90-Panzer entdeckte ein Internetnutzer zufällig an einer US-Tankstelle.
    Quelle: Reddit.com/Mutantlight

    Nach den Pentagon-Leaks der vergangenen Wochen scheint erneut ein sensibles US-Militärprojekt durch Fotos in einem Internetforum aufgeflogen zu sein. Ein Nutzer auf der Plattform Reddit veröffentlichte am Mittwoch und Donnerstag Fotos eines T-90A-Kampfpanzers, der scheinbar herrenlos auf einem Sattelschlepper an einer US-Tankstelle abgestellt ist.
    "T-90 an meiner lokalen Raststätte", betitelte der Nutzer namens "Mutantlight" seinen Beitrag und schrieb später dazu, er habe die Fotos bei "Peto’s Truckstop" nahe der kaum 500 Einwohner zählenden Ortschaft Roanoke im Bundesstaat Louisiana aufgenommen - auf Reddit stoßen die Fotos auf großes Interesse und verbreiten sich auch auf anderen Plattformen im Netz.

    Augenzeuge berichtet: So kamen die Fotos ins Netz

    Gegenüber ZDFheute berichtet "Mutantlight" von seinem Erlebnis: "Ich wollte eh zu Peto's, um Essen zu holen und der T-90 war zufällig dort, weil sein Lkw einen Getriebeschaden hatte", erzählt der Nutzer, der anonym bleiben möchte. "Es war keine Security und kein Fahrer da - und es ist wirklich seltsam, dass er so herrenlos rumstand."

    Ich habe sofort erkannt, dass [der Panzer] russisch war. Ich liebe Panzer, also musste ich ein paar Bilder machen.

    Reddit-Nutzer "Mutantlight"

    "Ich bin kein wirklicher Panzer-Experte, ich spiele nur War Thunder, lol", schreibt er. Im Militär-Videospiel War Thunder kommt neben vielen anderen Panzern der T-90 in verschiedenen Ausführungen vor. Berüchtigt ist das Spiel auch für sein Forum, wo bereits mehrfach geheime Rüstungsdokumente von enthusiastischen Spielern geleakt wurden, um in Diskussionen über das Spiel ihren Argumenten Nachdruck zu verleihen.

    Zeigen die Fotos wirklich einen T-90 in den USA?

    Der Panzer ist anhand seiner Panzerung klar als T-90A zu erkennen. Auf den Fotos sind auch die für die ukrainischen Streitkräfte typischen weißen Kreuz-Markierungen zu sehen. Da die Ukraine selbst vor Kriegsbeginn über keine eigenen T-90 verfügte, muss er von Russland erbeutet worden sein.
    Russischer Panzer T90
    Von der Ukraine-Front nach Louisiana: So war der T-90 an einer US-Tankstelle geparkt.
    Quelle: Reddit.com/Mutantlight

    Auch den Aufnahmeort kann man anhand der Fotos eindeutig verifizieren. Google-Maps-Aufnahmen von "Peto's Truckstop" zeigen die gleichen gelben Fahrbahn-Markierungen und Chevron-Zapfsäulen mit einem blau-grauen Dach wie auf den Reddit-Fotos.
    Auf einem Foto ist der Name und die Telefonnummer eines "East Texas Truck Centers" zu lesen, das rund 200 Kilometer entfernt an der gleichen "Interstate 10"-Schnellstraße eine Niederlassung betreibt. Auch ist im Hintergrund ein Lieferwagen mit einer Telefonnummer zu erkennen, dessen Vorwahl zur Stadt Baton Rouge in Louisiana passt.
    USA, Tankstelle, Google Maps
    Die Tankstelle "Peto's Truckstop" auf Google Street View.
    Quelle: Google Maps

    Auffällig ist, dass der Panzertransport mit einem zivilen Unternehmen erfolgt zu sein scheint. Militär sei laut dem Augenzeugen "Mutantlight" nicht zu sehen gewesen. Der Reddit-Nutzer konnte die Fotos nach eigenen Angaben ungestört aufnehmen und sogar auf den Panzer klettern.
    Ein Bundeswehr-Insider sagte ZDFheute, es sei nicht ungewöhnlich, dass solche Transporte durch zivile Dienstleister durchgeführt werden - und auch nicht, dass Militärgerät zeitweise einfach auf einem Rastplatz abgestellt werde. "Die Fahrer müssen ja auch Lenk- und Ruhezeiten einhalten." Auch in Deutschland wurden so schon experimentelle Panzer-Komponenten auf Rastplätzen gesichtet und abfotografiert.
    Prototyp einer Panzerwanne auf einem deutschen Parkplatz
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    Wo kommt der russische Panzer her?

    Wie andere Nationen auch haben die USA in der Vergangenheit immer wieder russisch-sowjetisches Militärgerät beschafft, um es auszuwerten. Für einen relativ modernen Panzer wie den T-90A ist das bislang nicht bekannt; er wird erst seit 1992 an die russischen Streitkräfte ausgeliefert. Es dürfte der erste T-90 auf US-Boden sein.
    Online lassen sich auch Hinweise auf die Herkunft des Panzers vor seiner Reise in die USA finden. Laut dem Oryx-Projekt, das seit Kriegsbeginn russische Verluste anhand von Bildern dokumentiert und verifiziert, hat die Ukraine bislang 12 Panzer vom Typ T-90A erbeuten können. An der Seite des Panzers ist eine weiße Markierung "H-2200" zu sehen, die einen Transport durch die russische Eisenbahn anzeigt. Bei der Ukraine-Invasion trugen zahlreiche russische Panzer diese Markierung.
    Russischer Panzer T90
    Von der Panzerung bis zur Bewaffnung: Jedes Bauteil wird vermutlich genau vom US-Militär studiert.
    Quelle: Reddit.com/Mutantlight

    Der Twitter-Nutzer "Naalsio", der am Oryx-Projekt mitwirkt, konnte den konkreten Panzer bestimmen, der nun in den USA aufgetaucht ist. Er sei im September 2022 von ukrainischen Truppen in der Provinz Charkiw erbeutet worden, nachdem er sich in einem Straßengraben festgefahren hatte.
    Sowohl von der Bergung des Panzers durch ukrainische Soldaten wie auch vom eigentlichen Festfahren der russischen Besatzung zuvor lassen sich im Netz Aufnahmen finden. Manche Markierungen wie das russische Z-Zeichen wurden nun entfernt, andere von den Ukrainern hinzugefügt.
    So fuhr sich der T-90A im Straßengraben fest
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    Was passiert jetzt mit dem Panzer?

    Laut der Militär-Fachpublikation Janes sind viele Details zum T-90, etwa die Dicke bestimmter Panzerungen und Fähigkeiten anderer Schutzsysteme westlichen Streitkräften bislang nur in Grundzügen bekannt. Das Fahrzeug ohne Zeitdruck bis auf die letzte Schraube testen zu können, ist eine seltene Gelegenheit für das US-Militär und kann auch bei der Weiterentwicklung von Waffensystemen langfristig helfen.
    Militärhistoriker Sönke Neitzel von der Universität Potsdam schätzt, dass die USA den Panzer genau unter die Lupe nehmen: "Bei dem T-90A ist jetzt natürlich die Besonderheit, dass es sich um ein Fahrzeug handelt, das es in den 'Beutebeständen' aus ehemaligen Warschauer-Pakt-Staaten noch nicht gegeben hat", sagt Neitzel ZDFheute.

    Sicherlich werden die Amerikaner sich jetzt mal anschauen, was das Auto so kann. Sie haben dann aber nicht den Einblick in die neueste Technologiestufe, sondern wahrscheinlich den Stand der 00er-Jahre.

    Militärhistoriker Sönke Neitzel, Universität Potsdam

    Auf den Reddit-Fotos ist deutlich zu erkennen, dass viele der einzelnen Elemente der Panzerung englische Beschriftungen erhalten haben. Das könnte bedeuten, dass diese Teile abmontiert werden sollen, oder bereits untersucht wurden. Das ist insbesondere der Fall bei der am Turm angebrachten russischen Reaktivpanzerung vom Typ Kontakt-5. Sie zu studieren, könnte ein Ziel der USA sein.
    Umgekehrt ist eine Sorge Neitzels jedoch, dass Russland aus eventuell erbeuteten westlichen Panzern deutlich mehr lernen könnte, als die USA mit einem T-90. "Man kann durchaus die Frage stellen, was die westlichen Waffenlieferungen für unseren technologischen Vorsprung bedeuteten, ob dadurch nicht auch Russland frei Haus mit Erkenntnissen über westliche Hochtechnologie versorgt wird."
    Ergänzung, 15. April: Das US-Fachportal "The Warzone" hat weitere Fotos des Panzers veröffentlicht, worauf ein am Rohr angebracher Versandzettel zu erkennen ist. Dem zufolge soll der T-90A an das Aberdeen Test Center der US-Armee im Bundesstaat Maryland geliefert werden. Verschifft wurde es den Versandinformationen zufolge von der polnischen Hafenstadt Gdynia aus nach Beaumont in Texas. Von dort bis zur Tankstelle in Roanoke sind es lediglich rund 120 Kilometer.
    Aktuelle Meldungen zu Russlands Angriff auf die Ukraine finden Sie jederzeit in unserem Liveblog:

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