Die weitreichenden Befugnisse des bayerischen Verfassungsschutzes verstoßen teilweise gegen Grundrechte. Das hat das Bundesverfassungsgericht jetzt festgestellt.
Das Bundesverfassungsgericht hat die Erweiterung der Befugnisse des bayerischen Verfassungsschutzes für teils rechtswidrig erklärt. Kläger hatten kritisiert, dass einige Grundgesetze damit verletzt würden.
Die weitreichenden Befugnisse des bayerischen Verfassungsschutzes verstoßen teilweise gegen Grundrechte. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe beanstandete eine ganze Reihe von Vorschriften im Verfassungsschutzgesetz des Freistaats, das 2016 auf Bestreben der CSU grundlegend überarbeitet worden war.
Regeln zum Ausspähren und Abhören von Wohnungen betroffen
Betroffen sind unter anderem die Regelungen zum Ausspähen und Abhören von Wohnungen, zur Online-Durchsuchung und zur Handy-Ortung. Sie dürfen bis höchstens Ende Juli 2023 in eingeschränkter Form in Kraft bleiben. (Az. 1 BvR 1619/17)
Das Grundgesetz lasse dem Gesetzgeber "substanziellen Raum, den sicherheitspolitischen Herausforderungen auch im Bereich des Verfassungsschutzes Rechnung zu tragen", sagte Gerichtspräsident Stephan Harbarth bei der Urteilsverkündung. "Zugleich setzt die Verfassung hierbei gehaltvolle grundrechtliche Schranken."
Das bayrische Verfassungsschutzgesetz gibt dem dortigen Geheimdienst weitreichende Befugnisse. Heute hat das BVerfG entschieden, dass es teilweise gegen Grundrechte verstößt.
Welche Bedingung rechtfertigt den Einsatz?
Nach Karlsruhe zogen drei Mitglieder von Organisationen, die im Verfassungsschutzbericht des Freistaats erwähnt wurden. Sie halten es darum für möglich, dass sie selbst überwacht werden könnten. Die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) unterstützte ihre Verfassungsbeschwerden.
Richterin Gabriele Britz, die im Ersten Senat für das Verfahren als Berichterstatterin zuständig war, hatte in der Verhandlung Mitte Dezember gesagt, noch nie seien nachrichtendienstliche Befugnisse in einer solchen Breite angegriffen worden.
Dabei ging es jeweils nicht darum, ob das Instrument überhaupt eingesetzt werden darf, sondern um die Frage, unter welchen Bedingungen dieser Einsatz gerechtfertigt ist. Wie groß muss eine Bedrohung sein? Muss ein Richter seine Genehmigung erteilen? Braucht es eine unabhängige Kontrolle?
Gesetz schon bei Einführung umstritten
Die GFF hatte auf ein Grundsatzurteil gehofft, das deutlich über Bayern hinausreicht. Nach ihrer Einschätzung sind die Voraussetzungen für den Einsatz verdeckter Ermittler oder sogenannter V-Leute sowie für längere Observationen in anderen Landesgesetzen und im Bund vergleichbar niedrig. Auch die Regelungen zur Datenübermittlung seien in vielen Ländern ähnlich weit gefasst wie in Bayern.
Das Gesetz war schon bei seiner Einführung umstritten und allein mit den Stimmen der CSU im Münchner Landtag verabschiedet worden.
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hatte es bei der Verhandlung im Dezember unter anderem mit der Notwendigkeit von besserem Datenaustausch zwischen den Sicherheitsbehörden verteidigt, die Anschläge wie den auf den Weihnachtsmarkt auf dem Berliner Breitscheidplatz 2016 verhindern sollten. Aufgabe des Verfassungsschutzes ist es, im Inland Extremisten und Spione zu beobachten.