Verfassungsschützer warnen vor steigender Gewaltbereitschaft von "Querdenkern". Jetzt fordert Nordrhein-Westfalens Innenminister Reul eine Reform des Landfriedensbruchsparagrafen.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat vor einer "Steigerung in der Bereitschaft zur Gewaltanwendung" bei der "Querdenken"-Bewegung gewarnt.
So besitzen laut Stellungnahme des Bundesamts vor allem Versammlungen mit vielen Teilnehmern "ein erhöhtes Eskalationspotenzial". Sie seien "von einer geringen Akzeptanz polizeilicher Maßnahmen und erheblichen Verstößen gegen geltende Hygiene- und Abstandsregeln" geprägt.
Neben teils massiven Attacken auf Polizeikräfte, habe es bei Ausschreitungen zuletzt auch verbale oder physische Angriffe auf Medienvertreter gegeben, so der Verfassungsschutz.
Zu beobachten sei auch, dass zu Demonstrationen mit hohen Teilnehmerzahlen rechtsextremistische Gruppen oder Parteien zur Teilnahme aufriefen. Einen prägenden Charakter habe dies aber nicht erreicht - zumindest noch nicht.
Versammlungen mit geringerer Teilnehmerzahl würden überwiegend friedlich verlaufen.
"Querdenker": Erhöhtes Eskalationspotenzial
Doch wer nimmt an den Veranstaltungen der "Querdenken"-Bewegung teil? Das Bundesamt verweist auf mehrere Akteure. Hierzu zählten auch "Extremisten, Reichsbürger, Selbstverwalter und weitere Personen mit verfassungsfeindlicher Einstellung."
- Wie "Querdenken" jetzt überwacht werden kann
Der erste "Querdenken"-Ableger wird vom Verfassungsschutz beobachtet. Ausgerechnet in Baden-Württemberg, dem Ausgangsort der Querdenken-Proteste.
Verfassungsschutz beobachtet "Querdenken 711"
Die Innenminister von Bund und Ländern wollen heute auf einer Konferenz in Berlin unter anderem über den Umgang mit den "Querdenkern" beraten.
In Baden-Württemberg wird der Landesverfassungsschutz künftig die Bewegung "Querdenken 711" beobachten, wie Innenminister Thomas Strobel (CDU) angekündigte hatte. Es gebe erste tatsächliche Anhaltspunkte für eine extremistische Bestrebung, sagte der Minister zur Begründung.
Reul: Reform von Landfriedensbruchparagrafen
Zugleich fordert NRW-Innenminister Herbert Reul mit Blick auf die "Querdenken"-Bewegung eine Reform des Paragrafen zum Landfriedensbruch. Der CDU-Politiker sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland:
Ähnliche Entwicklungen habe es im Hambacher Forst gegeben, wo sich auch gewalttätige Demonstranten unter Klimaprotestler gemischt hätten.
Reul kündigte auch an, genauer bei der Bewegung hinzuschauen. Möglicherweise sei die Gruppierung verharmlost worden, sagte der Minister im SWR.
Es gelte jetzt, exaktere Informationen über die Szene zu sammeln. Es müsse unterschieden werden zwischen denjenigen, die einen Angriff auf den Staat planten und denjenigen, die ein echtes Anliegen hätten.
Was soll die Reform des Landfriedensbruch-Paragraphen bewirken?
Deshalb sei er dafür, den Landfriedensbruch-Paragrafen neu zu fassen mit dem Ziel, dass die Polizei auch gegen jene Demonstranten vorgehen könne, die "Gewalttäter allein durch ihre physische Präsenz schützen".
Die Polizei habe nämlich immer das Problem, "in Demonstrationen die Guten von den Schlechten unterscheiden zu müssen".