Rechtsextremismus wird zunehmend zur Gefahr in Deutschland. Bundesinnenminister Seehofer stellte in Berlin den Bericht des Bundesverfassungsschutzes für 2019 vor.
Hetzen, verletzten, töten: Immer mehr Extremisten werden in Deutschland zu Tätern. Die meisten kommen aus dem ganz rechten Lager. Das und mehr offenbart der Verfassungsschutzbericht 2019.
Am Donnerstag stellte Bundesinnenminister Horst Seehofer gemeinsam mit Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang den Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2019 vor.
Besonderes Augenmerk - vor allem von BfV-Präsident Haldenwang - lag dabei auf dem Bereich Rechtsextremismus. Die Vertreter der Neuen Rechten seien "die Superspreader von Hass und Gewalt", so Haldenwang. Er verwies dabei explizit auf Organisationen wie die Identitäre Bewegung und den offiziell inzwischen aufgelösten rechtsextremen "Flügel" in der AfD.
AfD-"Flügel" und die Jugendorganisation Junge Alternative (JA) werden vom BfV als Verdachtsfälle im Bericht aufgeführt. Die Zahl der Rechtsextremen steigt um rund 8.000 Personen auf 32.080 - darunter fallen auch die schätzungsweise 7.000 Anhänger des AfD-Flügels. Unter den Rechtsextremisten insgesamt stuft der Verfassungsschutz 13.000 als gewaltbereit ein - 300 mehr als ein Jahr zuvor.
Die Zahl der Rechtsextremisten in Deutschland steigt laut Verfassungsschutzbericht an. "Der Rechtsextremismus wird insbesondere aus dem Bereich der 'Neuen Rechten' angestachelt", so Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang.
Innenminister Seehofer bekräftigte bei der Vorstellung des neuen Jahresberichts, dass der Bereich Rechtsextremismus, Antisemitismus und Rassismus weiterhin "die größte Bedrohung für die Sicherheit in Deutschland" sei.
Vor Erscheinen des Verfassungsschutzberichtes warnte Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) vor einer "Entgrenzung des Rechtsextremismus zur Mitte hin". Diese drücke sich in Veranstaltungen ebenso aus wie im Kauf von Immobilien durch Rechtsextremisten.
Zentralstelle untersucht Extremismus im Staatsdienst
Seehofer stellte die neue Zentralstelle zur Beobachtung von Extremismus im öffentlichen Dienst heraus. Ende September soll es den ersten Bericht über deren Erkenntnisse geben, zunächst mit Fokus auf die Sicherheitsbehörden. Anschließend soll ein Lagebild in anderen Bereichen des öffentlichen Diensts erstellt werden.
Ein Kabinettsausschuss soll diese Ergebnisse im Herbst dann diskutieren und über eventuelle Konsequenzen beraten.
-
-
-
-
-
Steigende Bereitschaft zu Gewalt im Linksextremismus
Auch die Zahl der Linksextremisten ist dem Verfassungsschutz zufolge gestiegen: von 32.000 in 2018 auf 33.500 im vergangenen Jahr. "Charakteristisch für die linksextremistische Szene ist ihre ausgeprägte Heterogenität", schreiben die Verfassungsschützer.
Im Bereich Linksextremismus sei laut Seehofer insbesondere eine sinkende Hemmschwelle, Gewalt anzuwenden, zu beobachten. Es gebe eine steigende Bereitschaft, " gegenüber Personen schwerste Gewalttaten zu begehen", sagte Seehofer.
Zur islamistischen Bedrohung sagte Seehofer: "Die terroristische Gefahr in Deutschland ist weiterhin sehr hoch, auch wenn der mediale Fokus seit Monaten nachvollziehbar auf andere Themen wie dem Pandemieverlauf liegt." Er verwies auf das Verbot der schiitischen Terrororganisation Hisbollah.
Ereignisse von Stuttgart Grund für Terminverschiebung
Seehofer hatte die alljährliche Bilanz der Behörde eigentlich am 23. Juni vorstellen wollen, der Termin wurde aber kurzfristig abgesagt. Das Innenministerium nannte dafür "terminlichen Gründe". Damals hatte Seehofers Drohung mit einer Strafanzeige wegen einer polizeikritischen Kolumne in der "taz" für Schlagzeilen gesorgt.
Heute begründete Seehofer die Verzögerung mit den Ausschreitungen von Stuttgart. "Alles andere sind falsche interpretationen", so Seehofer.
Innenminister Horst Seehofer und Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang stellen den Verfassungsschutzbericht 2019 vor. Die Redebeiträge in voller Länge.