Sie sind hier:

Macht und Demütigung : Vergewaltigung als Kriegswaffe

Datum:

In der Ukraine häufen sich Berichte über Vergewaltigungen durch russische Soldaten. Sie werden als Kriegswaffe eingesetzt - eine Strategie, die nicht neu ist.

Eine Frau und ein Mann stehen inmitten der Trümmer in Butscha nahe der Hauptstadt Kiew.
Die Ukraine wirft Russland schwerste Kriegsverbrechen vor. Insbesondere Bilder aus der ukrainischen Stadt Butscha haben weltweit Entsetzen ausgelöst.
Quelle: AP

Ruanda, Bosnien, Irak - die Vergangenheit zeigt, dass Vergewaltigungen systematisch als Kriegswaffe eingesetzt werden. Das Ziel dabei ist, Frauen wie Männer zu erniedrigen und ganze Gemeinschaften zu zerstören.

Kriegsberichterstatterin: Sexuelle Gewalt ist "gezielte Waffe"

Die Kriegsberichterstatterin Christina Lamb illustriert in ihrem Buch "Unsere Körper sind euer Schlachtfeld", dass Kriege auf den Körpern der Frauen ausgetragen werden. Seit Armeen in den Kampf ziehen, so Lamb, sei sexuelle Gewalt ein Teil dieser Strategie und eine gezielte Waffe zur "Erniedrigung des Feindes".

Auch zum Ende des Zweiten Weltkriegs wurden massenhaft Frauen vergewaltigt. Die Verbrechen wirken bis heute in den Familien und nachkommenden Generationen nach. Die deutschen Frauen seien eine Belohnung, eine Art Trophäe gewesen, die die Siegermächte gewonnen hatten, erklärt die Historikerin Miriam Gebhardt.

Vergewaltigungen im Krieg als Machtdemonstration

Es gehe den Vergewaltigern nicht um das Ausleben sexueller Begierden, erklärt Mirsad Tokaca, Leiter des "Research and Documentation Center" in Sarajewo, das Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen in Bosnien und Herzegowina erforscht.

Es ist sexueller Ausdruck von Aggression.
Mirsad Tokaca, Leiter "Research and Documentation Center" in Sarajewo

Der sexuelle Akt stehe an zweiter Stelle; vielmehr gehe es um eine reine Machtdemonstration: Der Täter wolle sich gegenüber seinem schwachen Opfer überlegen fühlen, seine "Gelüste von blankem Sadismus" ausleben, so Tokaca.

Offenbar auch Vergewaltigungen durch russische Soldaten im Ukraine-Krieg

Die Vergewaltigung - eine Form der Folter. Diese Taktik setzt nun offenbar auch die russische Armee ein, um die feindliche Gruppe, das ukrainische Volk, zu demütigen und zu entmenschlichen.

Montage: Wladimir Putin und Wolodymyr Selenskyj vor einem Blick auf das zerstörte Mariupol

Nachrichten | In eigener Sache - Bleiben Sie auf Stand mit dem ZDFheute Update 

Das Aktuellste zum Krieg in der Ukraine und weitere Nachrichten kompakt zusammengefasst als Newsletter - morgens und abends.

Die ukrainische Aktivistin Kateryna Cherepakha sprach vor dem UN-Sicherheitsrat von Massenvergewaltigungen, dem Missbrauch ukrainischer Töchter vor den Augen der Familie - und von Müttern, die in Anwesenheit der Kinder vergewaltigt worden sind.

Auch die Menschenrechtsbeauftragte des ukrainischen Parlaments, Ljudmyla Denissowa, berichtete auf sozialen Medien zuletzt von Vergewaltigungen Minderjähriger durch russische Soldaten. Kriegsberichterstatterin Christine Lamb zufolge wollten Täter den Angehörigen, insbesondere den Männern, so vermitteln: "Ihr seid schwach. Ihr schafft es nicht, eure Frauen zu beschützen."

Körperliche Verletzungen, seelisches Trauma und Stigmatisierung

Zu den körperlichen Verletzungen und dem seelischen Trauma kommt häufig die gesellschaftliche Stigmatisierung hinzu. Dadurch erleiden die Betroffenen doppelte Gewalt, denn nach der Vergewaltigung folgt häufig die gesellschaftliche Ächtung:

"The war is not over when it's over", der Krieg sei nicht vorüber, wenn er vorbei sei, erklärt die UN-Sonderbeauftragte für sexuelle Gewalt in Konflikten, Dr. Pramila Patten - und macht damit auf das psychische Trauma der Frauen nach dem Krieg aufmerksam. Sie benötigten dringende psychologische Betreuung und medizinische Hilfe, fordert Patten.

UN-Sonderbeauftragte: "Psychische Zerstörung ganzer Familien"

Während des Bosnien-Krieges seien mindestens 25.000 muslimische Frauen jedes Alters systematisch vergewaltigt worden, so Patten. Diese Vergewaltigungen bezweckten demnach die psychische Zerstörung ganzer Familien, denn die Opfer seien nicht selten von ihren Ehemännern verstoßen worden.

Die Scheidung sei für die Täter aus Sicht der UN-Sonderbeauftragten ein "zweiter Sieg" gewesen. Wurden die Frauen schwanger, seien sie für ihr Leben gebrandmarkt. Laut Rechtsanwältin Helga Wullweber hätten in Bosnien Vergewaltigungen auch einer "ethnischen Säuberung" in von den Serben beanspruchten Gebieten gedient. Das Trauma sitzt tief. Bis heute wagen sich viele der betroffenen Frauen nicht in ihre Heimat zurück.

Vergewaltigungen im Krieg nur schwer zu dokumentieren

Seit 2008 wird Vergewaltigung in Kriegen von den Vereinten Nationen als Verbrechen gegen die Menschlichkeit und als Waffe anerkannt. Jedoch werden die Täter nahezu nie für diese Verbrechen zur Rechenschaft gezogen.

Zudem seien die Fälle immer schwierig zu dokumentieren, da viele Opfer nicht über die Tat sprechen wollen. Die Frauen können das Erlebte häufig nicht verarbeiten, sodass sie ihr Trauma an ihre Kinder, die nächste Generation, übertragen.

Die Forderung und die Notwendigkeit unabhängiger Untersuchungen sexualisierter Gewalt - auch im Ukraine-Krieg - bleiben jedoch.

Aktuelle Meldungen zu Russlands Angriff auf die Ukraine finden Sie jederzeit in unserem Liveblog:

russische schwarzmeerflotte auf der krim
Liveblog

Russland greift die Ukraine an - Aktuelles zum Krieg in der Ukraine 

Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.

Aktuelle Nachrichten zur Ukraine

Putin auf Landkarte mit Russland, Ukraine, Georgien und Syrien
Story

Nachrichten | Politik - Putins Kriege, Putins Ziele 

Tschetschenien, Georgien, Syrien, Ukraine: Russland hat unter Putin schon in mehreren Ländern gekämpft. Zwischen den Kriegen gibt es Parallelen – hier die Hintergründe verstehen.

Kommandeur der russischen Schwarzmeerflotte, Vizeadmiral Viktor Sokolov, salutiert während einer Zeremonie in Sewastopol
FAQ

Angriff auf Schwarzmeerflotte - "Toter" russischer Admiral aufgetaucht? 

Der Kommandeur der russischen Schwarzmeerflotte soll bei einem ukrainischen Angriff getötet worden sein, nun taucht er angeblich wieder auf. Welche Rolle spielt das für den Krieg?

von Oliver Klein und Nils Metzger
Markus Lanz vom 26. September 2023: Markus Lanz, Wladimir Klitschko, Tatjana Kiel, Olivia Kortas

Krieg in der Ukraine - Klitschko: "Genozid" an Kindern 

  • Untertitel

Wladimir Klitschko attestiert dem russischen Militär ein "Sklavengefühl". Bei den massenhaft entführten ukrainischen Kindern sieht er eine "Evolution des Genozids".

von Felix Rappsilber
Videolänge
Zur Merkliste hinzugefügt Merken beendet Bewertet! Bewertung entfernt Zur Merkliste hinzugefügt Merken beendet Embed-Code kopieren HTML-Code zum Einbetten des Videos in der Zwischenablage gespeichert.
Bitte beachten Sie die Nutzungsbedingungen des ZDF.

Sie haben sich mit diesem Gerät ausgeloggt.

Sie haben sich von einem anderen Gerät aus ausgeloggt, Sie werden automatisch ausgeloggt.

Ihr Account wurde gelöscht, Sie werden automatisch ausgeloggt.

Um Sendungen mit einer Altersbeschränkung zu jeder Tageszeit anzuschauen, kannst du jetzt eine Altersprüfung durchführen. Dafür benötigst du dein Ausweisdokument.

Zur Altersprüfung

Du bist dabei, den Kinderbereich zu verlassen. Möchtest du das wirklich?

Wenn du den Kinderbereich verlässt, bewegst du dich mit dem Profil deiner Eltern in der ZDFmediathek.

Du wechselst in den Kinderbereich und bewegst dich mit deinem Kinderprofil weiter.

An dieser Stelle würden wir dir gerne die Datenschutzeinstellungen anzeigen. Entweder hast du einen Ad-Blocker oder ähnliches in deinem Browser aktiviert, welcher dies verhindert, oder deine Internetverbindung ist derzeit gestört. Falls du die Datenschutzeinstellungen sehen und bearbeiten möchtest, prüfe, ob ein Ad-Blocker oder ähnliches in deinem Browser aktiv ist und schalte es aus. So lange werden die standardmäßigen Einstellungen bei der Nutzung der ZDFmediathek verwendet. Dies bedeutet, das die Kategorien "Erforderlich" und "Erforderliche Erfolgsmessung" zugelassen sind. Weitere Details erfährst du in unserer Datenschutzerklärung.

An dieser Stelle würden wir dir gerne die Datenschutzeinstellungen anzeigen. Möglicherweise hast du einen Ad/Script/CSS/Cookiebanner-Blocker oder ähnliches in deinem Browser aktiviert, welcher dies verhindert. Falls du die Webseite ohne Einschränkungen nutzen möchtest, prüfe, ob ein Plugin oder ähnliches in deinem Browser aktiv ist und schalte es aus.