Die Lieferung von schweren Waffen an die Ukraine hält Ex-General Erich Vad aktuell für nicht sinnvoll. Der ehemalige Berater von Angela Merkel sieht dafür Raum für Verhandlungen.
Angriffe auf Zivilisten und die wachsende Sorge vor einem Chemiewaffen-Einsatz Russlands: Angesichts der mutmaßlichen Kriegsverbrechen ist hierzulande eine Debatte darüber entbrannt, ob Deutschland der Ukraine auch schwere Waffen zur Verfügung stellen soll. Für diesen Schritt hatte zum Beispiel Außenministerin Annalena Baerbock am Montag geworben.
Es gibt kaum ein Statement, in dem der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj seine Forderung nach schweren Waffen unerwähnt lässt. So auch wieder in seiner täglichen Videobotschaft am Montagabend. Die Ukraine brauche sie etwa, um die seit Wochen umkämpfte Stadt Mariupol zu befreien. "Wenn wir Flugzeuge und genug schwere gepanzerte Fahrzeuge und die nötige Artillerie hätten, könnten wir es schaffen", sagt er.
Schwere Waffen in Ukraine nicht schnell einsatzbereit
Gegen die Lieferung von schweren Waffen an die Ukraine hat sich nun der ehemalige militärpolitische Berater von Altkanzlerin Angela Merkel ausgesprochen. Brigadegeneral a.D. Erich Vad, sagte der Deutschen Presse-Agentur, solche Lieferungen seien potenziell ein "Weg in den Dritten Weltkrieg".
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Davon abgesehen könne man komplexe Waffensysteme wie den Kampfpanzer Leopard oder den Schützenpanzer Marder nur nach jahrelanger Ausbildung systemgerecht bedienen und einsetzen, sagte Vad. Sie nützten den Ukrainern militärisch aktuell und auf absehbare Zeit also gar nichts.
Ex-Merkel-Berater: "Krieg vom Ende her denken"
"Wir machen im Moment sehr viel Kriegsrhetorik - aus guter gesinnungsethischer Absicht" sagte Vad. "Aber der Weg in die Hölle ist bekanntlich immer mit guten Vorsätzen gepflastert. Wir müssen den laufenden Krieg zwischen Russland und der Ukraine vom Ende her denken.
Angriffe auf Zivilisten im Ukraine-Krieg
Vad warnte davor, dem russischen Präsidenten Wladimir Putin das Menschsein abzusprechen und ihn zum krankhaften Despoten abzustempeln, mit dem man nicht mehr reden könne. So völkerrechtswidrig und furchtbar der Ukraine-Krieg sei, er stehe doch in einer Kette vergleichbarer Kriege jüngeren Datums.
Auch die viel zu vielen toten Zivilisten und die Massaker, die sich jetzt im Ukraine-Krieg ereigneten, seien leider nicht außergewöhnlich.
Verhandlungen zwischen Ukraine und Russland
Der Militäranalyst geht davon aus, dass Putin den ursprünglich von ihm angestrebten Regime-Wechsel in der Ukraine nach dem weitgehenden Abzug aus dem Raum Kiew aufgegeben habe. "Deshalb stehen die Chancen für Verhandlungen eigentlich nicht schlecht", sagte Vad.
"Die Ukrainer haben bewiesen, dass sie ihre Hauptstadt Kiew wirksam verteidigt haben und darüber hinaus einen erfolgreichen Abwehrkampf führen gegen einen überlegenen Gegner. Die Russen wiederum haben einige Landgewinne im Osten und an der Schwarzmeerküste erzielt."
Das seien nicht die schlechtesten Voraussetzungen für Waffenstillstands- und Friedensverhandlungen, sagt Erich Vad.
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Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.