Nach Niedersachsen-Debakel: FDP-Zweifel an Ampel

    Nach Niedersachsen-Debakel:Ampel-Koalition ist "Vergewaltigung der FDP"

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    von Dominik Rzepka
    10.10.2022 | 19:53
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    Teile der FDP zweifeln nach der Wahlniederlage in Niedersachsen an der Ampel. Selbst FDP-Chef Christian Lindner hält sie für angeschlagen. Die Grünen schlagen eine Therapie vor.

    Große Freude bei SPD und Grünen auch in Berlin. FDP-Chef Lindner möchte die Rolle seiner Partei in der Koalition überdenken. 10.10.2022 | 2:11 min
    Frank Schäffler gehört zu den ersten, die sich nach dem Debakel der FDP in Niedersachsen aus der Deckung wagen. "Die Ampel-Koalition hängt wie ein Mühlstein um unseren Hals", sagt der FDP-Bundestagsabgeordnete. "Wir verlieren zunehmend unsere marktwirtschaftliche Glaubwürdigkeit", kritisiert er.
    Thomas Sattelberger wird noch deutlicher. Der ehemalige Staatssekretär ist inzwischen nicht mehr aktiv und muss kein Blatt mehr vor den Mund nehmen. Er sagt:

    Mir blutet das Herz! Die Ampel-Koalition ist politische Vergewaltigung der FDP.

    Thomas Sattelberger, FDP

    Warum die FDP nicht von der Ampel profitiert

    FDP-Chef Christian Lindner würde das gerne als Einzelmeinung verbuchen. Angesprochen auf die harsche Kritik von Schäffler und Sattelberger sagt er: "Ich führe die FDP und mein Führungsanspruch ist, dass wir Schaden von diesem Land abwenden."
    Will sagen: Die beiden sprechen nicht für die Partei. Und Parteilinie ist: Weitermachen und die staatspolitische Verantwortung betonen. Das Problem ist nur: Das ist keine Einzelmeinung. Schon vor einigen Wochen haben sie in der FDP Mecklenburg-Vorpommern den Kurs ihrer Partei in der Ampel in Frage gestellt.
    Die Kritik: Erst winkt die FDP die Maskenpflicht von Gesundheitsminister Karl Lauterbach durch, obwohl sie doch das Ende aller Corona-Maßnahmen versprach. Und jetzt macht FDP-Chef Lindner auch noch 200 Milliarden Euro Schulden. Gaspreisbremse schlägt Schuldenbremse.

    Lindner sieht gesamte Ampel angekratzt

    Christian Lindner will die FDP nicht neu positionieren in der Ampel. Seine Partei ändere nicht wegen einer Wahlniederlage ihren Charakter, sagt er am Tag nach der Wahl. Sie jetzt nach rechts und damit Richtung AfD auszurichten, könne "kein guter Rat" sein.
    Überhaupt will Lindner nicht von einem Problem der FDP sprechen. Sondern von einem der gesamten Koalition:

    Die Ampel insgesamt hat an Legitimation verloren.

    Christian Lindner

    Niemand könne zufrieden sein mit den Zustimmungswerten der Bundesregierung insgesamt. Da seien "weitere Verbesserungen nötig", findet Lindner. Am Wahlabend wollte die FDP noch "prüfen, was unsere Rolle in der Ampel ist".

    Grüne bieten Paartherapie an

    Politikwissenschaftler Karl-Rudolf Korte macht für die schlechten Werte der FDP auch den Parteichef verantwortlich: "Christian Lindner wirkt in der Wahrnehmung vieler Wähler wie ein Mühlstein, der sich veränderungsresistent zeigt", sagt er. Das Mantra der Schuldenbremse, das Nein zu Steuererhöhungen und Tempolimit - da fehle Flexibilität.
    Insgesamt könne sich die Koalition aber durch die Dominanz der Krise stabilisieren, sagt Korte gegenüber ZDFheute.de:

    Noch immer besteht die Chance zur Macht des Miteinanders, wie die zurückliegenden Rettungspakete zeigen.

    Karl-Rudolf Korte, Politologe

    Wenn man allerdings Lindners Aussage vom Wahlabend ernst nehme, die FDP werde insgesamt als zu links wahrgenommen, dann sei andauernder Streit in der Ampel programmiert, sagt Politikwissenschaftlerin Andrea Römmele. Darauf haben sie beim Koalitionspartner offenbar keine Lust.
    Grünen-Chef Omid Nouripour schlägt eine Paartherapie vor: "Wenn die FDP Beratungsbedarf hat - wir sind bereit."






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