Acht Tage vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen ist die Innere Sicherheit das Wahlkampfthema. Nach einer Schießerei auf offener Straße in Duisburg sorgen sich die Bürger.
Es waren Szenen, die die Menschen im Duisburger Stadtteil Alt-Hamborn in Angst und Schrecken versetzten: Bei einer Auseinandersetzung zwischen 80 bis 100 Mitgliedern der Rockergruppe Hells Angels und eines türkisch-arabischen Clans fallen am Abend des 4. Mai nach Angaben der Polizei mindestens 19 Schüsse, vier Personen werden dadurch verletzt. Mitten auf dem zentralen und belebten Altmarkt wurden auch Unbeteiligte in Lebensgefahr gebracht.
Fehde in Alt-Hamborn kurz vor der NRW-Wahl wird zum Wahlkampfthema
Die Fehde in aller Öffentlichkeit zehn Tage vor der Wahl kommt für Innenminister Herbert Reul (CDU) zu Unzeit. Der hat sich seit seinem Amtsantritt mit öffentlichkeitswirksamen Razzien das Image des "Sheriffs" und "Kümmerers" erarbeitet. Der umtriebige Innenminister hatte in den Wochen vor der Landtagswahl keine Gelegenheit ausgelassen, die Arbeit seines Ressorts in den Vordergrund zu stellen.
Erst im April präsentierte er mit zwei Partei- und Ministerkollegen die Bilanz einer sogenannten Task Force im Kampf gegen kriminelle Clans und nannte das ein "Erfolgsmodell". Nach der öffentlichen Schießerei sagte er:
Wie ist es um Sicherheit und Kriminalität im bevölkerungsreichsten Bundesland bestellt? Und viel wichtiger: Wie ist das subjektive Sicherheitsgefühl der Menschen und was wollen die Parteien tun, damit das besser wird? Das Thema beschäftigt die Menschen in NRW und es ist eines der wenigen, mit dem sich die Parteien im Land noch richtig profilieren können.
CDU will mehr Polizisten, FDP härteres Durchgreifen
Bei der CDU steht Innere Sicherheit im Wahlprogramm an erster Stelle. "Sicherheit und Stabilität für unsere Heimat" lautet ein Slogan auf den Wahlplakaten. Das Motto: "Maximale Sicherheit für die Menschen und null Toleranz für Kriminelle". Die CDU will jedes Jahr 3.000 (statt bisher 2.500) neue Polizistinnen und Polizisten einstellen. Auch ohne Abitur soll - zunächst in einem Versuch - eine Ausbildung bei der Polizei möglich sein. "Cybercops" sollen "im Internet auf Streife gehen", der Kampf gegen kriminelle Clans und gegen Kindesmissbrauch intensiviert werden.
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Auch die FDP, die derzeit als kleiner Koalitionspartner mit der CDU regiert, verspricht jedes Jahr 3.000 neue Polizistinnen und Polizisten - "falls ausreichend geeignete Bewerberinnen und Bewerber zur Verfügung stehen", so die Einschränkung. Die Liberalen setzen sich ebenso wie die CDU für den Einsatz von sogenannten "Tasern", also Elektroschockpistolen, ein.
Man müsse zudem "mit aller Härte die organisierte Kriminalität bekämpfen", so Spitzenkandidat Joachim Stamp. Sie bedrohe unsere Freiheit und Sicherheit. Die FDP wolle auf "allen Ebenen, auch im Netz, noch viel konsequenter gegen Banden und Clans vorgehen".
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SPD setzt auch auf Prävention, Grüne loben bisherige Arbeit der Polizei
Die SPD, derzeit mit Grünen und AfD in der Opposition, liegt mit ihren Zielen gar nicht so weit entfernt von der CDU. Auch sie fordert mehr Personal bei der Polizei, setzt aber auch auf Prävention, um Jugendkriminalität oder Extremismus zu bekämpfen. SPD-Spitzenkandidat Thomas Kutschaty will einen sogenannten "Masterplan Licht", mit dem dunkle Flecken in den Städten beleuchtet werden sollen.
Die Bekämpfung organisierter Kriminalität sei unter der schwarz-gelben Regierung zu kurz gekommen. So will die SPD beispielsweise Kontrollen ausweiten, um Geldwäsche besser bekämpfen zu können.
Bei den Grünen finden sich die Themen Sicherheit und Kriminalität erst sehr spät im Wahlprogramm - nach gut 100 Seiten. "Dass Nordrhein-Westfalen ein grundsätzlich sicheres Land ist, liegt auch an der guten Arbeit der Polizei.", heißt es dort. Die "hohen Einstellungszahlen bei der Polizei werden wir aufrechterhalten", versprechen die Grünen um Spitzenkandidatin Mona Neubaur. Sie lehnen aber flächendeckende Videoüberwachung, Software zur Erkennung biometrischer Merkmale und den Einsatz von Tasern ab.
Was zeichnet Clans aus, und wie bilden sie sich? Und warum ist der eine Clan ein tragendes Element der Gesellschaft, und der andere Clan respektiert keine Regeln und Gesetze?
Auch die AfD stellt das Thema Kriminalität ganz nach oben: "Clan-Kriminalität und die aus dem Ausland kommenden Geldautomaten-Sprenger sind nur zwei typische Kriminalitätsformen, die unser Land plagen", schreibt die Partei. 10.000 neue Stellen sollen bei der Polizei geschaffen werden. Bis 2032 sollen es 50.000 sein, ausgerüstet mit Body-Cams und Tasern. Wichtig ist der AfD auch die Sicherung der Grenzen zu Belgien und den Niederlanden - gegen "illegale Einwanderung und kriminelle Banden".
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Nach der Duisburger Schießerei kamen zunächst 15 Tatverdächtige in Gewahrsam. Eine Mordkommission hat die Ermittlungen aufgenommen. Der Rechtsstaat müsse jetzt mit aller Härte durchgreifen, so Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link (SPD). Er forderte von Innenminister Reul ein Bekenntnis dazu, eine seit 2015 im Norden der Stadt stationierte Einsatzhundertschaft der Polizei dort zu belassen. Das sei alternativlos. Innenminister Reul versprach:
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