Dem deutschen Wald geht's schlecht. Stirbt er, bricht eines der wichtigsten Ökosysteme zusammen. Ursachen gibt es viele. Und Lösungen?
Trockenheit und Borkenkäferbefall haben dem deutschen Wald schwer zugesetzt.
Derzeit werden bundesweit wieder die Waldzustandserhebungen durchgeführt. Das Ergebnis wird zwar erst zum Jahresende verkündet, doch es deutet sich an, dass sich die Situation gegenüber dem Vorjahr nicht verbessert hat. Der deutsche Wald steht unter Dauerstress. Trockenheit und Hitze in Verbindung mit Borkenkäferbefall führen zum stetigen Absterben einzelner Bäume oder ganzer Waldbestände.
Waldgipfel zum Walderhalt
Welches Holz wird also der Branche künftig zur Verfügung stehen, welche Baumarten gelten als klimafit, welche politischen Maßnahmen zum Walderhalt sind notwendig und welche Wissenslücken muss die Waldforschung schließen? Diese Fragen soll der Waldgipfel "Waldsterben 2.0" beantworten.
"Dieser Waldgipfel bringt viele wichtige Akteure im Bereich Wald aus verschiedenen Richtungen zusammen. Im Kern stehen hier keine politischen Forderungen und Versprechen, sondern eine offene und ehrliche Diskussion mit Wissenschaft, NGOs und Politik über die Zukunft unserer Wälder", so Tobias Wohlleben, Gastgeber des Waldgipfels.
In vielen Regionen Deutschlands haben Dürre und Schädlinge den Wäldern schwere Schäden zugefügt. Wie muss der Wald der Zukunft aussehen, damit er dem Klimawandel trotzen kann?
Mehr als Klimaschutz: Was der Wald leistet
Der deutsche Wald liefert einen großen Klimaschutzbeitrag. Er entlastet die Atmosphäre jährlich um 62 Millionen Tonnen CO2 - das sind sieben Prozent aller Emissionen in Deutschland.
Neben dieser immens wichtigen Leistung übernimmt der Wald aber noch weitere Funktionen: "Der Wald ist ein sehr wichtiger Partner im Klimaschutz. Aber wir müssen aufpassen, dass wir uns nicht nur auf seine Fähigkeit, CO2 zu binden, fixieren. Wald ist unglaublich wichtig für unseren Wasserhaushalt, er kühlt die Umgebung und er ist Heimat unzähliger Tiere, Insekten, Bakterien und Pilze."
- Mehr Wald als Schutz vor Hochwasser
Förster Peter Wohlleben kritisiert die konventionelle und klimaschädliche Forstwirtschaft. Doch genau diese werde von der Regierung bezuschusst.
Forstwirtschaft neu denken - etwa mit Prämien für naturnahe Wälder
Der Leistungserhalt des Ökosystems Wald verlangt eine neue Sichtweise der Bewirtschaftung. So darf der Forst künftig nicht nur als Holzlager und Rohstoffproduzent angesehen werden. Der Waldgipfel liefert hierzu einen neuen Grundgedanken: "Es wäre denkbar, dass Waldbesitzende für naturnahe Wälder eine Prämie bekommen. Die genannten Funktionen des Waldes werden in Zukunft wichtiger sein als die reine Holzlieferung", meint Tobias Wohlleben.
Weg von den Monokulturen aus Fichten und Kiefern, hin zu Mischwäldern - das macht den Wald vitaler und er hat weniger Schädlingsdruck.
"Die Klimakrise mit Flutkatastrophen und Walddürre zeigt uns deutlich, dass die bisherige industrielle Forstwirtschaft nicht zur Klimaanpassungsfähigkeit in unseren Wäldern beiträgt. Im Gegenteil: Industrielle Forstwirtschaft befeuert die Auswirkungen von Extremwetterereignissen", kritisiert Martin Kaiser von Greenpeace. Im Rahmen des Waldgipfels mahnt er an: "Natürliche Wachstumsprozesse und möglichst wenig menschliche Eingriffe müssen ins Zentrum des Waldmanagements gestellt werden."
Mehr Unterstützung: Was der Wald braucht
Das Multitalent Wald braucht mehr Unterstützung. Denn gerät das System aus dem Gleichgewicht, hätte das negative Auswirkungen auf den Erholungsort, Klimafaktor, Wirtschaftsfaktor sowie Naturraum. Und so bringt es Christopher Reyer vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung auf den Punkt: "Wichtig ist, dass die Politikinstrumente, die den Wald betreffen, zusammenhängend sind."
Wichtig sei zudem, dass die positiven und negativen Wechselwirkungen zwischen diesen Instrumenten diskutiert werden. Denn die Zukunft des Waldes liege in einem stets offenen Dialog.