Eine Serie von Anschlägen gegen Geschäfte und Restaurants sorgten im Vergangenen Jahr für Aufsehen im oberbayerischen Waldkraiburg. Jetzt beginnt in München der Prozess.
Nach einer Serie von Anschlägen im oberbayerischen Waldkraiburg beginnt heute vor dem Oberlandesgericht München der Prozess gegen den mutmaßlichen Täter. Der Deutsche kurdischer Abstammung bezeichnet sich selbst als Anhänger der Terrororganisation Islamischer Staat (IS).
Die Bundesanwaltschaft wirft dem 26-Jährigen versuchten Mord in 31 Fällen, schwere Brandstiftung und Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat vor. Ermittlern zufolge plante er unter anderem Anschläge auf türkische Einrichtungen und Moscheen und wollte Imame erschießen.
Mit Rohrbomben im Gepäck festgenommen
Im April und Mai 2020 waren im knapp ein Autostunde östlich von München gelegenen Waldkraiburg über mehrere Nächte Läden und Restaurants türkischstämmiger Inhaber attackiert worden. Ein Geschäft brannte aus.
Bei seiner Festnahme am 8. Mai 2020 führte der mutmaßliche Täter 10 Rohrbomben mit sich. Seine Festnahme war purer Zufall - er wurde beim Schwarzfahren erwischt und genauer kontrolliert.
140 Kilogramm Chemikalien
Schon 2017 soll der Angeklagte gut 45 Kilogramm Sprengstoff und 23 nahezu gebrauchsfertige Rohrbomben hergestellt und in einem Auto aufbewahrt haben. Die Chemikalien - rund 140 Kilogramm - soll er über den Versand bestellt und seinem Arbeitgeber gestohlen haben. Material für Hüllen und Splitterladungen der Bomben kaufte er in Baumärkten.
Dem Vernehmen nach räumte er selbst ein, dass er zwischen 15. und 17. Mai mehrere Moscheen des Islamverbandes Ditib angreifen wollte. Dann wollte er das türkische Generalkonsulat in München und die Ditib-Zentralmoschee in Köln ins Visier nehmen. Bei den Anschlägen auf die Moscheen wollte er die jeweiligen Imame erschießen.
"Nachhaltiger Hass" auf alles Türkische
Der 26 Jahre alte Sohn türkischstämmiger Eltern soll sich laut der Anklage der Bundesanwaltschaft seit dem Jahr 2017 religiös radikalisiert haben und dabei zum IS-Anhänger geworden sein.
Wegen der Position der Türkei im Syrienkonflikt und dem Umgang in der Türkei mit bestimmten Predigern soll er einen "nachhaltigen Hass" auf den türkischen Staat und Menschen türkischer Abstammung entwickelt haben. Nach dem Scheitern seiner 2018 nach islamischen Ritus geschlossenen Ehe habe er nach Syrien ausreisen und sich dort dem IS anschließen wollen.
43 Verhandlungstage angesetzt
Extremismusexperten sahen in den Anschlägen eine neue Zielrichtung: Erstmals habe ein mutmaßlicher Anhänger der Terrormiliz IS türkische Ziele in Europa ins Visier genommen. Hintergrund könne die schärfere Gangart der türkischen Regierung gegen den IS sein.
Für den Prozess sind 43 Verhandlungstage angesetzt. Das Urteil könnte im August fallen.