Weniger Menschen als gedacht können auch eineinhalb Jahre nach der Flut zurück in ihr altes Zuhause. Vor allem der Mangel an Handwerkern verzögert den Wiederaufbau.
Die Flut im Sommer 2021 hat auch Swisttal schwer getroffen. Viele Familien können auch nach eineinhalb Jahren noch nicht zurück nach Hause.
Wenn man das Haus von Joscha Ponsen betritt, könnte man meinen, das Hochwasser sei erst wenige Wochen her. In den Ecken stapelt sich Baumaterial, die Wände sind nicht verputzt, es gibt keinen Fußboden, keinen Strom, keine Heizung. Nur wenige Fenster sind eingesetzt.
Notgedrungen ist Joscha Ponsen zurück ins Haus seiner Eltern gezogen, ein paar Ortschaften weiter. Täglich kommt einer von ihnen vorbei, um zu sehen, ob es voran geht auf der Baustelle - meistens vergebens.
Versicherungen zahlen nur langsam
Das Leben vieler Menschen nicht nur im Ahrtal, sondern auch hier rund um Swisttal in der Voreifel, steckt noch immer fest in der Flutkatastrophe. Dass ihre Häuser nach wie vor unbewohnbar sind und es noch für längere Zeit bleiben, dafür gibt es in der Regel drei Gründe: einen eklatanten Mangel an Handwerkern, außerdem immer wieder Lieferengpässe, etwa bei Heizungsanlagen.
Und immer wieder gibt es Streit mit Versicherungen, die Auszahlungen verschleppen, bis ihre Kunden bereit sind, einen Vergleich einzugehen. Familie Ponsen hatte das Pech, einen Bauunternehmer für den Wiederaufbau auszuwählen, der viel zu viele Aufträge angenommen hatte, aber kaum Handwerker unter Vertrag. Dass ihr Haus im Mai '23 fertig sein soll, wie zuletzt festgehalten, halten sie für illusorisch.
Für Familie Ponsens in Metternich ist die Flutkatastrophe noch nicht vorbei, ihr Haus ist immer noch ein Rohbau. Keine Handwerker, Lieferengpässe, Streit mit der Versicherung – so geht es hier vielen.
Fluthelfer: Circa 30 Prozent der Häuser weiter unbewohnbar
Was macht das mit den Menschen? Rund 30 Prozent der schwer betroffenen Häuser in der Voreifel sind nach wie vor nicht bewohnbar, schätzt der Fluthelfer Kai Imsande. Alleine in der Voreifel rund um die Gemeinde Swisttal sind das rund 150.
"Die Häuser bröckeln vor sich hin, und es passiert nicht viel. Und bei den Menschen ist das ganz genau so: die gehen immer weiter an das Limit ihrer Kraft. Und irgendwann ist dann Ende." Manche Menschen haben aufgegeben, können keine Entscheidungen mehr treffen, kümmern sich nicht mehr.
Psychologische Unterstützung
Und auch die Menschen, die dieses Weihnachten erstmals wieder in ihrem frisch renovierten Haus feiern, holt die Flut nun, wo sie zur Ruhe kommen können, wieder ein. Das beobachtet die Pfarrerin Claudia Müller-Bück, die mehrere Gemeinden in der stark betroffenen Voreifel leitet.
Der Bedarf an psychologischer Unterstützung ist zuletzt wieder gestiegen, berichtet sie.
Und tatsächlich hilft und stützt man sich in den Dörfern viel gegenseitig. Gerade auch jetzt wieder, wenn man es sich heimelig machen will, aber nicht kann. Joscha Ponsen hatte gedacht, dass er binnen sechs Monaten wieder in sein Haus ziehen könnte. Nun hofft er auf Weihnachten 2023.
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