Swisttal: Das zweite Weihnachten nach der Flut

    Das zweite Fest nach der Flut:Weihnachten zwischen Hoffen und Erschöpfung

    Dominik Müller-Russell
    von Dominik Müller-Russell
    |

    Weniger Menschen als gedacht können auch eineinhalb Jahre nach der Flut zurück in ihr altes Zuhause. Vor allem der Mangel an Handwerkern verzögert den Wiederaufbau.

    Wenn man das Haus von Joscha Ponsen betritt, könnte man meinen, das Hochwasser sei erst wenige Wochen her. In den Ecken stapelt sich Baumaterial, die Wände sind nicht verputzt, es gibt keinen Fußboden, keinen Strom, keine Heizung. Nur wenige Fenster sind eingesetzt.
    Notgedrungen ist Joscha Ponsen zurück ins Haus seiner Eltern gezogen, ein paar Ortschaften weiter. Täglich kommt einer von ihnen vorbei, um zu sehen, ob es voran geht auf der Baustelle - meistens vergebens.

    Versicherungen zahlen nur langsam

    Das Leben vieler Menschen nicht nur im Ahrtal, sondern auch hier rund um Swisttal in der Voreifel, steckt noch immer fest in der Flutkatastrophe. Dass ihre Häuser nach wie vor unbewohnbar sind und es noch für längere Zeit bleiben, dafür gibt es in der Regel drei Gründe: einen eklatanten Mangel an Handwerkern, außerdem immer wieder Lieferengpässe, etwa bei Heizungsanlagen.
    Und immer wieder gibt es Streit mit Versicherungen, die Auszahlungen verschleppen, bis ihre Kunden bereit sind, einen Vergleich einzugehen. Familie Ponsen hatte das Pech, einen Bauunternehmer für den Wiederaufbau auszuwählen, der viel zu viele Aufträge angenommen hatte, aber kaum Handwerker unter Vertrag. Dass ihr Haus im Mai '23 fertig sein soll, wie zuletzt festgehalten, halten sie für illusorisch.
    Familie Ponsens im Rohbau ihres von der Flut zerstörten Hauses in Metternich
    Für Familie Ponsens in Metternich ist die Flutkatastrophe noch nicht vorbei, ihr Haus ist immer noch ein Rohbau. Keine Handwerker, Lieferengpässe, Streit mit der Versicherung – so geht es hier vielen.23.12.2022 | 1:55 min

    Fluthelfer: Circa 30 Prozent der Häuser weiter unbewohnbar

    Was macht das mit den Menschen? Rund 30 Prozent der schwer betroffenen Häuser in der Voreifel sind nach wie vor nicht bewohnbar, schätzt der Fluthelfer Kai Imsande. Alleine in der Voreifel rund um die Gemeinde Swisttal sind das rund 150.
    "Die Häuser bröckeln vor sich hin, und es passiert nicht viel. Und bei den Menschen ist das ganz genau so: die gehen immer weiter an das Limit ihrer Kraft. Und irgendwann ist dann Ende." Manche Menschen haben aufgegeben, können keine Entscheidungen mehr treffen, kümmern sich nicht mehr.

    Psychologische Unterstützung

    Und auch die Menschen, die dieses Weihnachten erstmals wieder in ihrem frisch renovierten Haus feiern, holt die Flut nun, wo sie zur Ruhe kommen können, wieder ein. Das beobachtet die Pfarrerin Claudia Müller-Bück, die mehrere Gemeinden in der stark betroffenen Voreifel leitet.
    Der Bedarf an psychologischer Unterstützung ist zuletzt wieder gestiegen, berichtet sie.

    Die Schwere der Erfahrungen der Flut wird immer im Bewusstsein der Menschen bleiben. Aber auch all das Positive, was die Menschen danach erfahren haben. Also, bewahrt worden zu sein, Hilfe erfahren zu haben.

    Claudia Müller-Bück, Pfarrerin

    Und tatsächlich hilft und stützt man sich in den Dörfern viel gegenseitig. Gerade auch jetzt wieder, wenn man es sich heimelig machen will, aber nicht kann. Joscha Ponsen hatte gedacht, dass er binnen sechs Monaten wieder in sein Haus ziehen könnte. Nun hofft er auf Weihnachten 2023.

    Nachrichten | Thema
    :Hochwasser in Deutschland

    Die Lage in den Hochwassergebieten bleibt wegen des Dauerregens kritisch. Hintergründe und aktuelle Nachrichten zur Lage in Deutschland.en.
    Niedersachsen, Timmersloh: Ein Hof im Bremer Ortsteil Timmersloh steht unter Wasser

    Mehr zur Flutkatastrophe