Sie sind hier:

Ampel plant neues Gesetz : Mehr Schutz für deutsche Whistleblower

Datum:

Es muss nicht gleich wie bei Julian Assange sein. Tipps sind aber immer hilfreich, um Missstände aufzudecken. Die Ampel-Koalition will nun per Gesetz Hinweisgeber besser schützen.

Whistleblower
Wer rechtliches Fehlverhalten seines Arbeitgebers aufdeckt, ein Whistleblower, soll künftig besser geschützt werden.
Quelle: obs

Die Bezeichnung klingt sehr nach deutscher Verwaltung: Hinweisgeberschutzgesetz. Was dahinter steckt: Wer bislang einen Tipp gab, dass im Unternehmen oder in der Behörde etwas nicht ganz rund läuft, war am Ende oft selbst die oder der Leidtragende. Wurde gemobbt, entlassen oder wie Wikileaks-Gründer Julian Assange mit Haftstrafen bedroht.

Das soll sich durch ein Gesetz, das das Bundeskabinett heute beschlossen hat, ändern. Jedenfalls zum Teil. Argument: Wer Gammelfleisch, schlechte Versorgung oder Korruption entdeckt, schützt die gesamte Gesellschaft.

Neue Meldestellen geplant

Bislang mussten die Hinweisgeber, denen nach dem Tipp Nachteile entstanden, ihr Recht vor Gericht einklagen. 2011 hatte in einer Grundsatzentscheidung der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte festgelegt, dass zwar die Loyalitätspflicht von Mitarbeitenden ein hohes Gut sei, der Gang an die Öffentlichkeit könne "das letzte Mittel" sein.

Wegen dieser "unscharfer Kriterien", schreibt das Bundesjustizministerium in seinem Gesetzentwurf, bleibe für ein "zulässiges Whistleblowing ein erhebliches Risiko", wenn ein Rechtsverstoß weitergegeben werde. Bislang sei nicht geregelt, wann der Bruch der Verschwiegenheitspflicht die Offenlegung eines Missstandes rechtfertigt.

Die britische Regierung bewilligt die Auslieferung von Assange. In den USA drohen dem Wikileaks-Gründer 175 Jahre Haft. Innerhalb von 14 Tagen kann er die Auslieferung anfechten.

Beitragslänge:
1 min
Datum:

Aus Sicht des Ministeriums regelt das nun das neue Gesetz. Es schlägt vor:

  • Alle, die in ihrem beruflichen Umfeld Informationen über Verstöße erfahren, können sich auf das Gesetz berufen. Das heißt: Man muss nicht selbst, in seiner Abteilung etwa, betroffen sein. Es muss sich aber um einen klaren Rechtsvorstoß handeln, es geht nicht um andere Missstände am Arbeitsplatz.
  • Der Rechtsverstoß muss neuen Meldestellen angezeigt werden, Posts allein in den Sozialen Medien etwa reichen nicht. Es gibt zwei verschiedene Wege: Zum einen sollen Wirtschaft sowie Bund und Länder in ihren Verwaltungen interne Meldestelle einrichten. Bei Unternehmen soll eine Stelle bei der Konzernmutter ausreichen. Der Bund bietet außerdem noch eine externe Stelle für diejenigen an, die vielleicht der internen nicht trauen. Wer den Tipp gegeben hat, soll vertraulich bleiben.
  • Den Steuerzahler kostet das zunächst rund 220 Millionen Euro pro Jahr, auf die Wirtschaft kommt nach Berechnungen des Ministeriums etwa 200 Millionen pro Jahr zu.
  • Gemeldet werden können: Straftaten, Verstöße, für die es ein Bußgeld gibt, oder die Gesundheit und Rechte der Beschäftigten beeinträchtigen. Auch wenn gegen Rechtsvorschriften des Bundes oder der Europäischen Union verstoßen wird, sind Anzeigen geschützt, wie etwa bei Geldwäsche, bei der Beförderung von gefährlichen Gütern, im Umweltschutz, bei Lebensmitteln, dem Transport von Tieren. Auch wenn die Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation nicht eingehalten wird, beispielsweise wenn ein Unternehmen automatische Anrufmaschinen zu Werbezwecken nutzt.
  • Repressalien gegen die Person, die den Hinweis gegeben haben, sind verboten. Auch die Androhung davon. Die Vorgesetzten müssen beweisen, dass eine ausgebliebene Beförderung oder Abmahnung etwa nicht mit dem Hinweis zusammenhängt.
  • Wird absichtlich etwas gemeldet, was nicht stimmt, wird Schadenersatz vom Tipp-Geber fällig.
Julian Assange sitzt in einem Polizeiwagen. Er schaut aus dem Fenster des Autos und zeigt einen Daumen nach oben.

Nachrichten | Thema - Die Whistleblower: Assange, Snowden und Co. 

Assange, Snowden und Manning sind bekannte Whistleblower. Sie sehen sich als Retter demokratischer Werte; die USA sehen in ihnen Spione.

Assange und Snowden wären nicht geschützt

Das Whistleblowing gilt allerdings nicht für jeden Fall. Julian Assange wäre auch von diesem deutschen Gesetz nicht geschützt worden, als er interne Protokolle der US-Streitkräfte über Kriegsverbrechen und Folter veröffentlichte. Auch nicht Edward Snowden, der Spionageberichte des US-Geheimdienstes NSA weitergab.

Denn ausgeschlossen werden: Informationen, die die nationale Sicherheit und Sicherheitsinteressen des Staates betreffen, Informationen von Nachrichtendiensten generell und solche zur Vergabe öffentlicher Verträge.

Auch wenn Beschäftigte etwas melden, was eigentlich der Geheimhaltungs- oder Vertraulichkeitspflicht, der Verschwiegenheitspflicht in Justiz und Medizin unterliegt. Die Weitergabe von Geschäftsgeheimnissen kann wiederum erlaubt sein, wenn es ohne dem nicht geht, dass der Missstand überhaupt bekannt wird.

Großbritannien will die sozialen Medien mit einem neuen Gesetz sicherer machen. Dazu spricht Frances Haugen vor dem zuständigen Parlamentsausschuss.

Beitragslänge:
2 min
Datum:

Ampel unter Zeitdruck

Das Whistleblower-Gesetz ist eigentlich schon seit 2019 fällig und setzt eine Richtlinie der EU um. Die Ampel ist deswegen erheblich unter Zeitdruck: Ohne neuem Gesetz droht eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof, denn die Frist zur Umsetzung der EU-Vorgaben in nationales Recht ist seit Dezember abgelaufen. Begründung des Justizministeriums: Regierungswechsel, die Union hatte das Gesetz nicht mehr ändern wollen.

Die Organisation Transparency Deutschland, die gegen Korruption kämpft, hält den Entwurf des Justizministeriums nicht viel besser als den ersten im April. Größte Baustelle sei, dass die Meldungen nicht anonym abgegeben werden und die Meldestelle nicht verpflichtet werden, jedem anonymen Hinweis nachzugehen. Außerdem seien Verschlusssachen ausgenommen. Whistleblower brauchten aber besonderen Schutz. "Das zeigen prominente Beispiele wie Edward Snowden", so Transparency.

Das Gesetz wird im nächsten Schritt vom Bundestag beraten werden.

Julian Assange veröffentlichte 2010 auf WikiLeaks geheime Informationen über amerikanische Militäreinsätze im Irak und in Afghanistan. Seitdem fordern die USA seine Auslieferung.

Beitragslänge:
44 min
Datum:
Zur Merkliste hinzugefügt Merken beendet Bewertet! Bewertung entfernt Zur Merkliste hinzugefügt Merken beendet Embed-Code kopieren HTML-Code zum Einbetten des Videos in der Zwischenablage gespeichert.
Bitte beachten Sie die Nutzungsbedingungen des ZDF.

Sie haben sich mit diesem Gerät ausgeloggt.

Sie haben sich von einem anderen Gerät aus ausgeloggt, Sie werden automatisch ausgeloggt.

Ihr Account wurde gelöscht, Sie werden automatisch ausgeloggt.

Um Sendungen mit einer Altersbeschränkung zu jeder Tageszeit anzuschauen, kannst du jetzt eine Altersprüfung durchführen. Dafür benötigst du dein Ausweisdokument.

Zur Altersprüfung

Du bist dabei, den Kinderbereich zu verlassen. Möchtest du das wirklich?

Wenn du den Kinderbereich verlässt, bewegst du dich mit dem Profil deiner Eltern in der ZDFmediathek.

Du wechselst in den Kinderbereich und bewegst dich mit deinem Kinderprofil weiter.

An dieser Stelle würden wir dir gerne die Datenschutzeinstellungen anzeigen. Entweder hast du einen Ad-Blocker oder ähnliches in deinem Browser aktiviert, welcher dies verhindert, oder deine Internetverbindung ist derzeit gestört. Falls du die Datenschutzeinstellungen sehen und bearbeiten möchtest, prüfe, ob ein Ad-Blocker oder ähnliches in deinem Browser aktiv ist und schalte es aus. So lange werden die standardmäßigen Einstellungen bei der Nutzung der ZDFmediathek verwendet. Dies bedeutet, das die Kategorien "Erforderlich" und "Erforderliche Erfolgsmessung" zugelassen sind. Weitere Details erfährst du in unserer Datenschutzerklärung.

An dieser Stelle würden wir dir gerne die Datenschutzeinstellungen anzeigen. Möglicherweise hast du einen Ad/Script/CSS/Cookiebanner-Blocker oder ähnliches in deinem Browser aktiviert, welcher dies verhindert. Falls du die Webseite ohne Einschränkungen nutzen möchtest, prüfe, ob ein Plugin oder ähnliches in deinem Browser aktiv ist und schalte es aus.