Ex-AfD-Chef Jörg Meuthen sieht seine frühere Partei auf keinem guten Weg. Im ZDF heute journal erklärte er, er befürchte, sie sei auf dem politischen Abstiegs-Ast.
Die AfD habe einen immer radikaleren Kurs eingeschlagen, so Jörg Meuthen im ZDF heute journal.
Mit einem politischen Knall ist der bis-dato-Parteichef Jörg Meuthen aus der AfD ausgetreten. Im ZDF heute journal spricht er über seine Gründe.
Was oder wer hat ihn zum Austritt bewogen?
Meuthen: "Es waren keine konkreten Personen. Es ist eine Kette von Ereignissen, die dann langsam dahin geführt hat, dass ich zu der Erkenntnis gelangt bin, dass der Weg von Maß und Mitte, der Weg von Disziplinierung und Professionalisierung, den ich immer angemahnt habe (…), dass dieser Weg tatsächlich nicht von Erfolg gekrönt sein wird."
Meuthen nennt als Beispiel Matthias Helferich, der sich in einem internen Chat als das "freundliche Gesicht des Nationalsozialismus" bezeichnet hatte - aus der Partei geworfen wurde er nicht.
Meuthen: "Ich habe im Bundesvorstand im August letzten Jahres massiv dafür geworben, ein Parteiausschlussverfahren gegen ein Mitglied durchzuführen, das sich als das 'freundliche Gesicht des Nationalsozialismus' bezeichnet hat. Weil ich sage, da werden Grenzen überschritten, die sind völlig undenkbar. Auch wenn das vielleicht in einer internen Kommunikation gelaufen ist. Dahinter steckt ja eine Geisteshaltung.
Und ich habe dort - und das ist seitdem mehrfach passiert - festgestellt, dass die Mehrheit, die ich im Bundesvorstand hatte, mir nicht gefolgt ist.
Und wenn man sich dann mehrfach nicht durchsetzen kann, (…) dann fragt man sich, ob man mit diesem Kurs noch erfolgreich sein kann. Und ich habe gemerkt, ich bin es nicht. Und ich habe gesehen, dass ich den Weg ab einem bestimmten Punkt nicht mehr mitgehen kann."
Der Rücktritt von Jörg Meuthen sorgte für einen politischen Paukenschlag:
- Meuthen: "Wie ein Feldherr ohne Truppen"
AfD-Chef Jörg Meuthen tritt von seinem Amt zurück und verlässt zugleich auch seine Partei. Dem Verfassungsschutz dürfte das weitere Argumente für eine Beobachtung liefern.
Fortwirken des rechtsextremen Flügels als Hauptproblem
Meuthen bezieht sich konkret auf den "Flügel", den offiziell aufgelösten, rechtsextremen Teil der AfD. Dessen Wirken beschreibt er so:
Meuthen: "Der Flügel begann, institutionelle Strukturen zu entwickeln. Dagegen haben wir uns gewendet und den haben wir aufgelöst. Und das geschah auch. Das heißt natürlich nicht, dass die Menschen, die sich dieser Gruppierung zugehörig fühlten, auf einmal weg sind. Die waren weiterhin da und Parteimitglieder und die arbeiten weiter."
Meuthen selbst hatte noch 2020 in Interviews gesagt, die Haltungen des rechtsextremen Flügels seien legitim. Zuvor hatte er gesagt, der Flügel sei ein integraler Bestandteil der Partei. Wenn es ihm taktisch half, stützte er die Rechtsaußen.
Dazu sagt er:
Meuthen: "Ich bin auch durchaus der Meinung, dass man in einer freiheitlichen Demokratie ein breites Meinungsspektrum tolerieren muss. Deswegen muss ich mir diese Meinung nicht zu eigen machen. (…)
Ich habe gedacht, wir machen einen integrativen Kurs, und wir versuchen es zusammenzuführen zu einer gesamten konservativen Partei. (...)
Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht, dass die Positionen, die etwa ein Björn Höcke vertritt, ganz und gar nicht meine Positionen sind. Aber wenn man zu einer größeren Partei werden will, dann versucht man zu integrieren."
Wo sieht Meuthen die AfD in den kommenden Monaten?
Meuthen: "Ich glaube, dass die AfD eine Entwicklung nimmt, die keinen weiteren politischen Erfolg in diesem Land verheißt, weil sie sich einfach in eine Richtung bewegt, die diesen Erfolg nicht hergibt. Und ich muss Ihnen sagen, aufgrund meiner eigenen Position: Das halte ich auch für richtig."
Das Interview führte ZDF heute journal-Moderator Christian Sievers.