Pflegezusatzversicherung: Für wen ist sie sinnvoll?
Absicherung im Pflegefall:Ist eine Pflegezusatzversicherung sinnvoll?
von Susanne Pohlmann
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Wer eine kleine Rente hat, fürchtet, dass sie für die Pflege im Alter nicht reichen wird. Aber ist eine private Pflegezusatzversicherung da wirklich eine gute Idee?
Das Thema Pflege und die damit verbundenen Pflegekosten beschäftigen viele: Wie kann man sich das überhaupt leisten? Wissenswertes zur Pflegezusatzversicherung.
Quelle: Martin Schutt
Die Kosten für Pflege im Alter sind im Vergleich zum Vorjahr weiter gestiegen. Die Pflegekasse übernimmt nur einen Teil der Kosten, sodass Pflegeheimbewohner 2025 im ersten Pflegejahr monatlich durchschnittlich knapp 3000 Euro an Eigenanteil aufbringen müssen. Dass eine solche Summe die meisten Renten deutlich übersteigt, ist klar. Auch, wer zu Hause von einem Pflegedienst gepflegt wird, muss je nach Pflegebedarf, Anzahl der Einsätze oder auch nach Wohnort zuzahlen.
Ergibt es also Sinn, eine Pflegezusatzversicherung abzuschließen, bevor man pflegebedürftig wird? Philipp Opfermann von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen ist skeptisch. Pflegezusatzversicherungen seien relativ teuer und deckten im Versicherungsfall ohnehin nicht alle Kosten. Denn das, was am Ende ausgezahlt werde, reiche bei den weiter steigenden Kosten oft nicht aus.
Viele Menschen geben monatlich einen dreistelligen Betrag für den Versicherungsbeitrag aus, sparen ihn sich jetzt vom Mund ab - und müssen später doch draufzahlen.
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Philipp Opfermann, Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen
Personalmangel und steigende Eigenanteile sind große, drängende Probleme in der Pflege. Das Ampel-Aus verzögert die Pflegereform weiter.06.02.2025 | 2:53 min
Kinder zahlen nicht automatisch für Ihre Eltern
"Pflegezusatzversicherungen wurden oft mit emotionalem Druck verkauft", so Opfermann. "Mit dem Argument: 'Sie möchten doch Ihren Kindern nicht auf der Tasche liegen.'" Dabei, erklärt Opfermann, habe sich die Gesetzeslage für Angehörige verbessert.
Kinder müssen seit dem Inkrafttreten des Angehörigenentlastungsgesetzes 2020 erst dann für ihre pflegebedürftigen Eltern aufkommen, wenn ihr jährliches Bruttogehalt über 100.000 Euro liegt. Grundsätzlich gilt: Bei wem die Rente beziehungsweise das Vermögen nicht ausreicht, kann Unterstützung durch das Sozialamt erhalten.
Die meisten Menschen möchten ihr Zuhause nicht verlassen, wenn sie pflegebedürftig werden. Sie werden in der Regel von Angehörigen und ambulanten Pflegekräften unterstützt. Dafür haben sie Anspruch auf finanzielle Unterstützung.12.02.2024 | 3:39 min
Steigende Beiträge ohne Leistungsanpassung
Viele Pflegezusatzversicherungen werden erst im Alter von 50 Jahren und mehr abgeschlossen. Die Beträge müssten aber regelmäßig über Jahrzehnte eingezahlt werden. Opfermann hat gerade in den letzten Jahren exorbitante Beitragssteigerungen beobachtet: "Wir erleben Sprünge von 70 Prozent und mehr - und das ohne Anpassung der Leistung."
Zu beachten sei nämlich, dass beim Pflegegeld ein fester Tagessatz ausgezahlt werde, unabhängig von den parallel gestiegenen Pflegekosten. "Viele Leute kündigen schließlich - und dann ist alles weg. Der einzige, der profitiert, ist der Versicherer", so Opfermann weiter.
Bei einer kleinen Rente ohne nennenswertes Vermögen, das geschützt werden soll, wird nicht selten der Rat lauten: Lasst es sein.
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Philipp Opfermann, Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen
Versicherung als Vermögensschutz
Wer hingegen genug Vermögen oder hohe Einkünfte im Alter hat, der brauche eigentlich keine private Pflegezusatzversicherung. Es sei denn, sie soll das Vermögen beziehungsweise das Erbe absichern. "Letztlich ist eine private Pflegezusatzversicherung ein Vermögensschutz", sagt Philipp Opfermann. Wer das möchte, kann wählen zwischen: Pflegetagegeldversicherung, Pflegekostenversicherung oder Pflegerentenversicherung. Alle drei Varianten sind an einen Pflegegrad gekoppelt und alle haben Vor- und Nachteile.
Varianten der Pflegezusatzversicherung
Die Pflegetagegeldversicherung ist die am häufigsten gewählte Form. Im Pflegefall erhält der Versicherte ein festes Tagegeld, abhängig vom Pflegegrad, jedoch unabhängig davon, ob man sich im Heim, ambulant oder von Angehörigen pflegen lässt. Die Höhe der monatlichen Versicherungsbeiträge sind sehr unterschiedlich, je nachdem wie hoch das Tagegeld ausfallen soll, aber auch je nach Anbieter und Ausgestaltung des Vertrags. Auch können die Versicherungsbeiträge im Laufe der Zeit steigen.
Bei dieser Versicherung werden nur die tatsächlich anfallenden Pflegekosten, oder auch nur ein bestimmter Prozentsatz davon, erstattet. Das heißt, oftmals sind Kosten für Unterbringung und Verpflegung im Heim von der Erstattung durch den Versicherer ausgenommen.
Der Versicherte bezahlt regelmäßig einen festen Beitrag ein und bekommt im Leistungsfall eine vereinbarte Pflegerente, die dann zur freien Verfügung steht. Von Vorteil ist, dass die Versicherungsbeiträge ausgesetzt werden können, sollte es finanziell knapp werden. Auch gehen bei Kündigung des Vertrags nicht alle Einlagen verloren. Es ist das flexibelste, aber auch das teuerste Modell.
Die Zahl pflegebedürftiger Menschen steigt, doch es fehlt an Fachkräften in Pflegeheimen. Die Folge: Freie Betten dürfen nicht belegt werden und die Wartelisten werden immer länger. Ein Besuch in einer Pflegeeinrichtung in Thüringen.29.10.2024 | 3:25 min
Kein übereilter Abschluss
Das schwierige und emotionale Thema Pflege habe mehr Facetten als die reinen Kosten, so Opfermann: Einkommen und Vermögenssituation, Ehepartner und Angehörige, Immobilienbesitz und Erbe. All das sollte in die Entscheidung einfließen und ohne Verkaufsdruck mit der Familie besprochen werden.
Bei der großen Anzahl an Anbietern und Versicherungsarten ist es zudem sinnvoll, sich unabhängig beraten zu lassen, zum Beispiel bei einer Verbraucherzentrale. Auch ein Tarifrechner - beispielsweise von der Stiftung Warentest - hilft zu vergleichen und sich einen Überblick zu verschaffen.
Susanne Pohlmann ist Redakteurin des ZDF-Magazins "WISO".
Wer eine häusliche Betreuung für pflegebedürftige Angehörige in den eigenen vier Wänden sucht, bekommt unzählige Angebote. Mit diesen Tipps finden Sie seriöse Anbieter.
von Susanne Pohlmann
mit Video
Quelle: dpa
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