Wie die NFL Deutschland erobern will

    Premiere in München:Wie die NFL Deutschland erobern will

    von Patrick Brandenburg
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    Tampa Bay gegen Seattle: Mit dem ersten offiziellen Liga-Spiel in München macht die NFL ihre Ansprüche in Deutschland geltend. Es geht um Geld - und um eine kühne Zukunftsvision.

    Werbeaktion der NFL mit überdimensionalen Football-Helmen auf dem Münchner Odeonsplatz vor dem Munich Game
    Werbeaktion der NFL mit überdimensionalen Football-Helmen auf dem Münchner Odeonsplatz vor dem Munich Game
    Quelle: IMAGO / USA Today Network

    Mit der Foto-Tapete Oktoberfest hat es wegen des NFL-Spielplans nicht ganz hingehauen. Aber Krachlederne, Maßkrüge und andere Bayern-Folklore wird es im US-TV am Sonntag trotzdem reichlich geben, wenn die NFL ihren Aufschlag macht: München ist fest in Football-Hand, nicht nur das Hofbräuhaus dient als Fan-Pub-Kulisse, ehe der NFL-Champion von 2021 und die Seattle Seahawks die Arena des FC Bayern am Sonntag (15.30 Uhr) für ihren Sport "entweihen".

    München vierter NFL-Gastgeber außerhalb der USA

    Während Europas "Soccer" stets zwischen Marketing und Fan-Seele abzuwägen hat, schafft die Geldmaschine National Football League für Wachstum einfach Fakten: Das Spiel in München ist schon der 38. offizielle NFL-Auftritt außerhalb der USA. Nach Kanada, Mexiko und Großbritannien reiht sich als als vierter Gastgeber nun auch Deutschland ein.
    In diesem Fall gehen der Traum der lokalen Fan-Gemeinde und die Weltmarkt-Pläne der US-Liga Hand in Hand. Seit Jahren sehnen sich die hiesigen Football-Freunde nach einer Partie. Und "für die weltweite Präsenz ist Deutschland der nächste große Schritt", sagt Alexander Steinforth, seit Februar General Manager des deutschen NFL-Ablegers.

    NFL-Tickets teurer als bei Bundesliga

    Für eine erfolgreiche Deutschlandpremiere hätte es nicht mal Superstar Tom Brady gebraucht oder die Seahawks mit ihrer starken Fanbase. Der Run auf die 67.000 Karten war riesig, trotz Startpreisen klar über Bundesliga-Niveau.

    Wir hätten drei Millionen Tickets verkaufen können.

    Alexander Steinforth, Alexander Stienforth, NFL-General Manager Deutschland

    Tausende weitere Tickets gingen fürs Public Viewing in München und in Frankfurt über den Tisch. Die Heimat des World-Bowl-Siegers "Galaxy" ist nächstes Jahr als Spielort dran.  

    Deutschland Wachstumsmarkt Nummer 1

    Das Spiel ist für die NFL die perfekte Bühne, um ihre langfristigen Ziele abzustecken und das Football-Fieber weiter anzuheizen. Deutschland gilt als Wachstumsmarkt Nummer 1 mit 19 Millionen potenziellen Fans - und Kunden. Im Hintergrund passiert aber viel mehr. Steinforth hat vier Großsponsoren gewonnen und eine Kooperation mit der Deutschen Fußball-Liga ins Leben gerufen, die nun mit Leben gefüllt werden soll.
    Amon-Ra St. Brown im Interview
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    Er hat Düsseldorf zum deutschen NFL-Hauptquartier gemacht und zurück ins Boot geholt. Die Heimat des früheren NFL-Europe-Teams Rhine Fire war als Spielort leer ausgegangen. Fun-Fact: Weil die Liga auch Herzen gewinnen will, startet sie beim Rosenmontagszug mit eigenem Wagen.

    Ziel: Mannschaftssportart Nummer zwei

    Wie versprochen kümmert sich der deutsche Ableger auch um die Basis: Über Flagfootball, eine Spiel- und Spaßvariante, sollen Jugendliche begeistert werden.

    Wir wollen aktiv daran mitwirken, dass wir in zehn Jahren mehr Deutsche in der NFL haben.

    Alexander Steinforth

    Mit der Initiative stößt Steinforth etwa beim Schulsport auf Resonanz. Erste Erfolge gab’s diese Woche in München zu sehen.
    Wichtigstes Etappenziel des Jahres dürfte aber der neue TV-Vertrag gewesen sein. Durch den Wechsel zu RTL ab 2023 verspricht sich die Liga höhere Erlöse, mehr Sendeplätze und vor allem: eine noch größere Reichweite. Das forsche Ziel für die nächsten Jahre hatte Steinforth schon bei Amtsantritt formuliert: "Wir wollen die Nummer 2 werden in Deutschland - hinter Fußball."

    München nur der Anfang?

    Möglich, dass dafür das Modell England kopiert wird und die Zahl der Gastspiele steigt: Auch in London hatte die NFL 2007 mit nur einem Spiel pro Saison begonnen, vor Corona waren es bis zu vier. Seit langem wird über ein eigenes London-Team spekuliert.
    Zuletzt nährte NFL-Chef Roger Goodell genau diese Hoffnungen und ging sogar weit darüber hinaus. Erstmals dachte der Commissioner laut über eine Gruppe mit vier Europa-Teams nach: "Wir prüfen, ob es mehrere Standorte für Franchises in Europa gibt; eine komplette Division macht einfach mehr Sinn." Zukunftsmusik noch. Aber jetzt, wo die deutschen Fans endlich ihr erstes Spiel haben, brauchen sie was Neues zum Träumen - und die NFL neue Umsatzziele.

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