Für die einen ist er der allmächtige "Herr der Ringe", andere schätzen ihn als Reformer und Visionär. Thomas Bach steht vor seiner Wiederwahl als IOC-Chef.
Als IOC-Präsident musste Thomas Bach bis hin zur Olympia-Verlegung aufgrund der Corona-Pandemie große Krisen managen. Wie er es gemacht hat, gefiel vielen nicht. Geteilt ist auch das Urteil über die Umsetzung seiner Reformagenda 2020. Am Mittwoch steht er vor der Wiederwahl.
Bach genießt im Internationalen Olympischen Komitee (IOC) quasi den Status der Unantastbarkeit - und polarisiert in der Sportwelt. Seine Wiederwahl bei der virtuellen 137. Session des IOC gilt als Formsache, denn einen Gegenkandidaten gibt es nicht.
Bach seit 2013 IOC-Chef
Bach hat das oberste Funktionärsamt im Weltsport seit 2013 inne. Der Fecht-Olympiasieger von Montreal 1976 ist der erste deutsche Präsident in der Geschichte des IOC. Die zweite Amtszeit als IOC-Präsident ist auf vier Jahre begrenzt.
Der Verein Athleten Deutschland rief Bach vor dessen Wiederwahl zu weiteren Reformen im internationalen Sport auf. "Ein tiefgreifender Struktur- und Kulturwandel auf vielen Ebenen des Sportsystems ist unumgänglich. Dieser muss mit dem IOC selbst beginnen", sagte Maximilian Klein, Beauftragter für Internationale Sportpolitik, bei Athleten Deutschland.
Russischer Doping-Skandal
In den bisherigen acht Jahren seiner Amtszeit war Bach oft als Krisenmanager gefragt, wurde für seine Strategien und Problemlösungen aber viel kritisiert. Etwa für seinen Umgang mit dem Doping-Skandal in Russland. Obwohl 2016 herauskommt, dass Russland auch bei den eigenen Spielen 2014 in Sotschi im großen Stil manipuliert hat, verzichtete das IOC vor den Spielen in Rio auf eine Kollektivstrafe. Auch an den Winterspielen 2018 durften russische Athleten teilnehmen, allerdings unter olympischer Flagge.
Auch die Rolle des ersten deutschen IOC-Chefs als Reformer wird kritisch bewertet. Kurz nach seiner Wahl zum IOC-Präsidenten 2013 stellte Bach seine Olympische Agenda 2020 vor. Mit dem Reformwerk will er den alten Tanker IOC wieder flottmachen. Mit der Agenda 2020+5 will Bach das Reformwerk fortsetzen.
Olympischer Gigantismus
DOSB-Chef Alfons Hörmann lobt die bisherigen Errungenschaften der Bachschen Agenda. Die Doppel-Vergabe der Sommerspiele 2024 und 2028 könne "getrost als ein großer Coup seiner Amtszeit" bewertet werden, so Hörmann.
Nach dem Absprung von Hamburg, Boston, Budapest und Rom war die Doppel-Vergabe aber auch aus der Not geboren. Zum Teil waren die Bürger in den Ländern abgeschreckt vom olympischen Gigantismus der Winterspiele 2014 in Sotschi, der bis Tokio 2020/21 anhält.
Deutsche Initiative ausgebootet
Die Auswirkungen der 2019 erneut geänderten Olympiastädte-Kür bekam jüngst auch der DOSB zu spüren. Überraschend hatte das IOC verkündet, Brisbane als bevorzugten Kandidaten für 2032 anzusehen und damit auch die deutsche Initiative Rhein-Ruhr-City ausgebootet.
Die Sportausschuss-Vorsitzende Dagmar Freitag (SPD) geht mit dem IOC-Boss hart ins Gericht. Seine Präsidentschaft sei von Nachsicht gegenüber Staaten, "die die Werte des Sports demonstrativ mit Füßen" treten würden, geprägt, so Freitag. Olympische Spiele würden weiter in Staaten vergeben, in denen Menschenrechtsverletzungen an der Tagesordnung seien.
180 Menschenrechtsgruppen rufen dazu auf, die olympischen Winterspiele 2022 in Peking zu boykottieren. Der Druck auf das Internationale Olympische Komitee wächst.