Beim Weltcup in Oslo beendet Erik Lesser seine Biathlon-Karriere. Mit ihm verliert der DSV zwar seinen meinungsstärksten Sportler - gewinnt aber einen künftigen Trainer hinzu.
Für Erik Lesser geht mit dem Weltcup-Finale der Biathleten in Oslo auch die eigene Karriere zu Ende. Der meinungsstarke Sportler strebt nun eine Laufbahn als Trainer an.
Erik Lesser hat in den vergangenen Jahren schon einige Saisonfinals in Oslo mitgemacht. Doch nun, wo der winterliche Schlussakkord in der norwegischen Hauptstadt definitiv der letzte für ihn sein wird, verfolgt der Skijäger aus Thüringen für das anstehende Weltcup-Wochenende ein klares Ziel.
Finaler Dreiklang am Holmenkollen
Lesser verspricht finale Seriosität, ehe für ihn nach dem Dreiklang am Holmenkollen - Freitag Sprint, Samstag Verfolgung, Sonntag Massenstart - das Leben nach dem Leistungssport beginnt.
Dass der 33-Jährige dafür selbst die Heim-WM im kommenden Februar in Oberhof sausen lässt, ist nicht zuletzt ein Dankeschön an seine Lebensgefährtin, die nach der Geburt der gemeinsamen Tochter berufsmäßig zurückgesteckt hat.
Vorfreude auf Kindergartentermine
Die Tochter ist im Januar drei geworden. Und ihr Papa, eine Dekade lang einer der Leistungsträger im deutschen Team, sagt voller Vorfreude: "Ich will es einfach genießen, meine Tochter in den Kindergarten zu bringen und sie abzuholen." Und parallel dazu bastelt der Verfolgungsweltmeister von 2015 dann an der Karriere nach der Karriere.
Dass er die Trainerlaufbahn einschlagen möchte, steht für Lesser bereits länger fest. Dementsprechend hat er sich auch schon Gedanken darüber gemacht, wie er mit seinen Biathlon-Eleven später umgehen möchte.
Bis Mitternacht an der Playstation
Er wolle, sagt Lesser, ein moderner Trainer sein, dem Disziplin wichtig ist - der das Leben aber auch mit einem zwinkernden Auge betrachtet. So wie er es in seiner aktiven Zeit selbst immer getan hat.
Während der Vorbereitung auf diese Saison erzählte der Skijäger im Gespräch mit ZDFheute zum Beispiel schmunzelnd, wie er auf seiner Xbox bis Mitternacht noch Formel 1 gespielt habe - und in Aserbaidschan einen Grand Prix gefahren sei.
Gedanken an den Bundestrainer-Job
"Das Haupttraining beginnt bei uns in der Regel um neun Uhr, das muss laufen. Alles andere ist mir eigentlich egal", ließ Lesser, der sich perspektivisch auch den Job des Bundestrainers vorstellen kann, dabei durchblicken. Und erklärte: "Man sollte in seiner Freizeit natürlich nicht noch mal laufen gehen - aber man soll auch mal Quatsch machen können."
- Biathlon - Verfolgungsrennen Männer in Oslo
Biathlon-Weltcup-Finale in Oslo. Verfolgungsrennen der Männer. Reporter: Christoph Hamm/Herbert Fritzenwenger. Moderation: Alexander Ruda. Experten: Laura Dahlmeier/Sven Fischer.
Neben dem einen oder anderen Jux dürfen sich künftige Lesser-Schüler zudem auf einen Coach einstellen, der gerne über die Skispitzen und den Schießstand hinaus schaut. Im DSV-Team jedenfalls entwickelte er sich in den letzten Jahren zum Athleten mit der schärfsten Zunge.
Deutliche Kritik an China und IOC
Rund um die Winterspiele in Peking kritisierte Lesser sehr deutlich die Wahl des Austragungsorts, den Gigantismus und die fehlende Nachhaltigkeit des olympischen Spekakels. Und IOC-Chef Thomas Bach ließ er ausrichten, er hätte sich "von einem Präsidenten mit ordentlich Rückgrat gewünscht, dass man schon ein paar kritischere Töne Richtung chinesische Regierung richtet".
Wenn Not am Mann war, half Lesser aber auch spontan aus: So lieh er dem russischen Biathleten Eduard Latypov während dessen Corona-Quarantänezeit sein eigenes sportliches Equipment.
Erik Lesser erklärt, warum er seinen Instagram-Account der ukrainischen Biathletin Anastasiya Merkushyna für 24 Stunden überließ.
Ukraine-Unterstützung via Instagram
Wegen dieser Hilfsaktion bekam Lesser 30.000 Follower in Russland - von denen zuletzt ein Drittel wieder wegbrach.
Der Grund: Nach der russischen Invasion in die Ukraine hatte er der ukrainischen Biathlon-Kollegin Anastassija Merkuschina seinen Instagram-Kanal zur Verfügung gestellt. "Damit", erklärte Lesser, der seinen Account später auch dem ukrainischen Tennisprofi Sergej Stachowski vorübergehend überließ, "in Russland mehr Leute wirkliche Nachrichten bekommen."