Während Norweger oder Schweden 24- und 25-jährige Weltmeister hervorbringen, geht dem DSV häufig die Jugend von der Stange. Die Problematik wird diskutiert im ZDF-Livestream.
Seit 19 Monaten ist Zibi Szlufcik als Cheftrainer im Deutschen Skiverband (DSV) für den deutschen Biathlon-Nachwuchs verantwortlich - und eines ist dem gebürtigen Polen in seinem Job längst klar geworden: Die erhofften Fortschritte und notwendigen Veränderungen sind nicht in zwei Jahren realisierbar. Sondern, betont Szlufcik: "Wir sprechen hier von einer Dekade.“
Deutscher Biathlon-Nachwuchs hinkt hinterher
Die Herrschaften, die in der deutschen Skijägerei die zurückliegende Dekade bestimmten - Arnd Peiffer (33), Erik Lesser (32), Benedikt Doll (30) - werden Ski und Gewehr in absehbarer Zeit einmotten. Simon Schempp (32), der Vierte im Bunde, hat seine Karriere vor sechs Wochen beendet. Und hinterließ vorher eine bekannte Botschaft.
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In der jüngeren Vergangenheit sei nicht ein einziger 20- oder 21-Jähriger aus seinem Verband mal ins Weltcupteam gekommen, monierte Schempp. Und sagte: "Das war früher definitiv anders. Da ist das eine oder andere schon nicht ganz so gut verlaufen in den letzten Jahren."
Waches Auge auf Talente
Dass es im DSV zu lange dauert, bis sich Junioren zu Spitzenläufern im Weltcup entwickeln, weiß Bernd Eisenbichler. "Das machen andere Nationen schneller", räumt der Sportliche Leiter der deutschen Biathleten ein – und schlussfolgert: "Wir müssen die Athleten, die wir haben, richtig gut, sauber und systematisch entwickeln – um nicht Talente auf dem Weg zu verlieren."
Denn die Auswahl an begabten Nachwuchsskijägerinnen und -jägern ist begrenzt. Bei der Junioren-WM Anfang März holte der DSV durch Philipp Lipowitz (21, Gold im Einzel) und Selina Grotian (16, Bronze im Sprint) immerhin zwei Medaillen. In der Gesamtwertung reichte es aber – analog zur WM der Skijäger-Elite – nur zu Rang sechs.
Junge Athleten sollen nicht verheizt werden
Biathlon-Trainer Zibi Szlufcik.
Quelle: imagoDie große Show des Norwegers Sturla Holm Laegreid (24), der auf der Pokljuka vier Mal Gold gewann, und die Siege weiterer junger Spitzenkräfte wie Martin Ponsiluoma (Schweden, 25), Emilien Jacquelin (Frankreich, 25) oder Marketa Davidova (Tschechien, 24) sind Zibi Szlufcik bekannt. Denn knallharten Weg, mit dem etwa der Ruhpoldinger Wolfgang Pichler Schwedens Biathlon nach vorne brachte, will Deutschlands Nachwuchs-Chef aber nicht kopieren.
"Wir dürfen die jungen Athleten nicht verheizen, bevor wir im Seniorenbereich ankommen", erklärt Szlufcik, der seit dem Jahr 2000 auch die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Schließlich gingen dem DSV in den letzten Jahren über 20 hoffnungsvolle Talente von der Stange, ehe sie sich überhaupt bei den Erwachsenen profilieren konnten.Knackpunkt: Wechsel von Junioren zu Männern
Erik Lesser hat dabei vor allem ein Problem ausgemacht. "Wir schaffen es nicht, unsere Athleten beim Wechsel von den Junioren zu den Männern in der vollen Qualität auszubilden", kritisiert der Thüringer, der nach seiner Karriere selbst Trainer werden will.
Um verlorenen Boden wieder gutzumachen verfolgt Bernd Eisenbichler "eine deutsche Handschrift". In der wurde zum Beispiel der Perspektivkader verjüngt. Die Schieß- und Lauftrainer des A-Kaders wurden in die Ausbildung des Nachwuchses integriert. Und im IBU-Cup, der zweiten Skijäger-Liga, sollen in Zukunft verstärkt die 20- bis 24-Jährigen zum Einsatz kommen – um sie früher als bislang international konkurrenzfähig zu machen.
Orientierungsgrößen für den Nachwuchs
"Ein paar Junge rücken schon nach", vermeldet Biathlon-Chef Eisenbichler. "Die eingeleiteten Schritte", so der Oberbayer, "greifen aber natürlich nicht innerhalb eines Jahres". Doch zumindest bei den Frauen gibt es mit Franziska Preuß (27), Vanessa Hinz (28) und Janina Hettich (24) aktuell ein paar feste Größen im Weltcup, an denen sich der Nachwuchs vermutlich auch über Olympia 2022 hinweg orientieren kann.